Mut zur Selbsteinschätzung fehlt
Viele machten das wohl auch aus Unsicherheit, zeigen sich Gschossmann und Mörsdorf verständnisvoll. "Manche tun sich schwer, zu unterscheiden, was hausärztlich behandelbar ist. In der Notfallambulanz erhoffen sie sich mehr Diagnostik", sagt der ärztliche Direktor des Klinikums.
"Wenn man damit rechnet, wieder nach Haue zu können, dann ist es ein Fall für die Notfallpraxis. Wenn man damit rechnet, drinnen zu bleiben, ist es für die Notfallambulanz", erläutert Mörsdorf das System. Der UGeF-Sprecher zeigt sich aber auch selbstkritisch: "Die Ärzte haben den Leuten zu viel Angst gemacht und haben sie gewarnt vor Schlaganfall und Herzinfarkt. Wir sollten den Leuten stattdessen Mut machen, das Risiko einzuschätzen."
Und Jürgen Gschossmann plädiert, die Patienten sollten das Thema "mit dem gesunden Menschenverstand angehen". Eine Möglichkeit, das Problem mit der überfüllten Notaufnahme zu lösen, hat Krankenhausdirektor Sven Oelkers allerdings schon im Blick: In den nächsten beiden Jahren werde daran gearbeitet, die Notfallpraxis und die Notfallambulanz in einem Haus zusammenzulegen, kündigt Oelkers an. Dann könnten die Patienten schon beim Empfang sinnvoll verteilt werden.
Vor dem Bau des Ärztehauses, habe sich diese "interdisziplinäre Notaufnahme" bereits bewährt, betont Professor Uwe Lehmann. Auch Sven Spick, Pflege-Stationsleiter in der Notaufnahme, erinnert sich: "Als die UGeF-Praxis aufkam, war sie von Anfang an integriert. Das hat wirklich gut funktioniert, die Patienten wurden sofort an den passenden Ort geschickt."
Bereitschaftsdienst überlastet
Dass das Notaufnahme-System mittlerweile überlastet ist, spürt Sven Spick deutlich: "Wir haben immer mehr Patienten pro Tag - und auch nachts im Bereitschaftsdienst. Nicht immer sind es die zwingenden Krankheiten, mit denen die Menschen in die Notaufnahme kommen." Der Pflege-Stationsleiter der Notaufnahme sieht daher "die Gefahr, dass Patienten, die dringend Hilfe brauchen, im Pulk der anderen Patienten untergehen."
Und so entstünden unnötige Wartezeiten, bedauert Sven Oelkers: "Vorne müssen sich die Leute stundenlang gedulden und merken gar nicht, dass hinten ein wirklicher Notfall nach dem anderen reinkommt." Leider, sagt Uwe Lehmann, sei es ja in einer Notfallambulanz "nicht wie bei Aldi, wo bei Bedarf noch ein paar Kassen aufgehen".
Völlig richtig!