Die Notfallambulanz in Forchheim ist in Not

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Wenn der Rettungsdienst Patienten in die Notfallambulanz des Forchheimer Klinikums bringt, entstehen gerade am Wochenende Engpässe, weil zu viele "Nicht-Notfälle" in die Notaufnahme kämen, sagt der ärztliche Direktor Jürgen Gschossmann. Foto: Klinikum Forchheim
Wenn der Rettungsdienst Patienten in die Notfallambulanz des Forchheimer Klinikums bringt, entstehen gerade am Wochenende Engpässe, weil zu viele "Nicht-Notfälle" in die Notaufnahme kämen, sagt der ärztliche Direktor Jürgen Gschossmann. Foto: Klinikum Forchheim

Immer mehr Patienten lassen sich als Notfall behandeln. "Dafür ist das System nicht ausgelegt", kritisiert der ärztliche Direktor Jürgen Gschossmann.

Es gebe kein Land, in dem die Ärzte so viele Patientenkontakte hätten wie in Deutschland, sagt der Forchheimer Chefarzt Uwe Lehmann. Besonders spürbar wird dieses Phänomen für den Orthopäden und Unfallchirurgen, wenn er mit seinen Kollegen Dienst in der Notaufnahme leistet. "Regelmäßig am Wochenende quillt es über", sagt Uwe Lehmann. "Es gibt Leute, die kommen wegen eines Mückenstichs oder wegen einer Zecke. Oder weil sie seit drei Wochen Rückenbeschwerden haben und beschließen, jetzt geh ich mal in die Notaufnahme."

Offenbar hat sich landesweit eine Form der Bequemlichkeit etabliert, die die Idee der Notaufnahme ad absurdum zu führen droht. Wartezeiten von sechs bis acht Stunden, wie sie in Notaufnahmen der Großstädte üblich geworden seien, gebe es in Forchheim glücklicherweise nicht, sagt Chefarzt Jürgen Gschossmann, der ärztliche Direktor des Forchheimer Klinikums. Aber dass sich Patienten am Wochenende bis zu vier Stunden gedulden müssen, sei auch hier üblich geworden.

"Viele Patienten denken, ich gehe in die Notfallambulanz, da werde ich schnell gesehen", stellt Jürgen Gschossmann fest: "Manche kommen, weil sie beim Hausarzt lange warten müssen. Aber dafür ist das System nicht ausgelegt."

Gedacht ist das System so: Das regionale Ärztenetzwerk Unternehmung Gesundheit Franken (UGeF) hat seit 2014 eine Notfallpraxis etabliert. Sie befindet sich direkt neben dem Klinikum im Ärztehaus. "Den Unterschied zwischen Notfallpraxis und Notfallambulanz kennen die Leute nicht", so die Erfahrung des in Pretzfeld praktizierenden Hausarztes und UGeF-Sprechers Hans-Joachim Mörsdorf. "Wir sind zuständig für das, was die Mediziner Bagatellfälle nennen", erklärt Mörsdorf. Die UGeF-Notfallpraxis im Ärztehaus sei an den Wochentagen abends und eben am Wochenende geöffnet. "Doch zum Teil ist zu wenig zu tun und uns fehlen die Leute, weil sie lieber in die Notfallambulanz gehen."

Mut zur Selbsteinschätzung fehlt

Viele machten das wohl auch aus Unsicherheit, zeigen sich Gschossmann und Mörsdorf verständnisvoll. "Manche tun sich schwer, zu unterscheiden, was hausärztlich behandelbar ist. In der Notfallambulanz erhoffen sie sich mehr Diagnostik", sagt der ärztliche Direktor des Klinikums.

"Wenn man damit rechnet, wieder nach Haue zu können, dann ist es ein Fall für die Notfallpraxis. Wenn man damit rechnet, drinnen zu bleiben, ist es für die Notfallambulanz", erläutert Mörsdorf das System. Der UGeF-Sprecher zeigt sich aber auch selbstkritisch: "Die Ärzte haben den Leuten zu viel Angst gemacht und haben sie gewarnt vor Schlaganfall und Herzinfarkt. Wir sollten den Leuten stattdessen Mut machen, das Risiko einzuschätzen."

Und Jürgen Gschossmann plädiert, die Patienten sollten das Thema "mit dem gesunden Menschenverstand angehen". Eine Möglichkeit, das Problem mit der überfüllten Notaufnahme zu lösen, hat Krankenhausdirektor Sven Oelkers allerdings schon im Blick: In den nächsten beiden Jahren werde daran gearbeitet, die Notfallpraxis und die Notfallambulanz in einem Haus zusammenzulegen, kündigt Oelkers an. Dann könnten die Patienten schon beim Empfang sinnvoll verteilt werden.

Vor dem Bau des Ärztehauses, habe sich diese "interdisziplinäre Notaufnahme" bereits bewährt, betont Professor Uwe Lehmann. Auch Sven Spick, Pflege-Stationsleiter in der Notaufnahme, erinnert sich: "Als die UGeF-Praxis aufkam, war sie von Anfang an integriert. Das hat wirklich gut funktioniert, die Patienten wurden sofort an den passenden Ort geschickt."

Bereitschaftsdienst überlastet

Dass das Notaufnahme-System mittlerweile überlastet ist, spürt Sven Spick deutlich: "Wir haben immer mehr Patienten pro Tag - und auch nachts im Bereitschaftsdienst. Nicht immer sind es die zwingenden Krankheiten, mit denen die Menschen in die Notaufnahme kommen." Der Pflege-Stationsleiter der Notaufnahme sieht daher "die Gefahr, dass Patienten, die dringend Hilfe brauchen, im Pulk der anderen Patienten untergehen."

Und so entstünden unnötige Wartezeiten, bedauert Sven Oelkers: "Vorne müssen sich die Leute stundenlang gedulden und merken gar nicht, dass hinten ein wirklicher Notfall nach dem anderen reinkommt." Leider, sagt Uwe Lehmann, sei es ja in einer Notfallambulanz "nicht wie bei Aldi, wo bei Bedarf noch ein paar Kassen aufgehen".