Sind ehrenamtliche Bürgermeister noch zeitgemäß? Definitiv nicht, sagen die dienstältesten Bürgermeister im Landkreis Forchheim.
Nicht nur in Dormitz stellt sich die Frage, ob ein Bürgermeister die anfallenden Geschäftsaufgaben noch im Ehrenamt bewältigen kann. Der Igensdorfer Bürgermeister Wolfgang Rast (IU) ist mit 46 Dienstjahren in der Verwaltung, zuletzt als Geschäftsführer und seit zwei Perioden als Bürgermeister, ein alter Hase und hat die Entwicklung der Aufgaben miterlebt. Er rät dazu, die Antwort auf die Frage "Ehrenamtlicher oder hauptamtlicher Bürgermeister?" nicht mit einer Person zu verbinden. "Der Bürgermeister ist kein Spielball des Wahlkampfes", mahnt Rast. Es müsse seiner Meinung nach für den Bürgermeister ein Anforderungsprofil erstellt werden. "Welche Aufgaben soll er erledigen, was soll der Bürgermeister können?", sind solche Fragen. "Dann hat man Zeiteinheiten und man merkt sehr schnell, dass der Bürgermeister nicht nur gratuliert, sondern auch Sitzungen hält, diese vorbereitet, den Vollzug der Beschlüsse überwacht, das Personal führen muss", erklärt Rast die Routinearbeiten. Doch damit ist das Amt des Bürgermeisters noch lange nicht ausgefüllt. Das Problem an der Gesamtsituation der ehrenamtlichen Bürgermeister ist die Definition des Ehrenamts. "Ein Ehrenamt ist nicht an Stunden gebunden. Wenn der Hauptberuf fertig ist, ist laut Gesetz Zeit fürs Ehrenamt", erläutert Rast. Gemäß dieser gesetzlichen Regelung und Definition wäre dann nach dem Beruf beispielsweise von 17 bis 18 Uhr das Amtsgeschäft möglich.
Anspruch auf Freistellung
Zwar habe man Anspruch auf Freistellung, was aber zum einen nicht jeder Arbeitgeber gerne sehe. Zum anderen: Was kann man in dieser wenigen freien Zeit bewirken? Betrachte man die Veränderungen, ergebe sich die Antwort von selbst, meint Rast. Er zählt eine Litanei an Nachweisen und Verfahren auf, die alleine für einen Bebauungsplan eingeholt werden müssen. Über alles müsse der Bürgermeister informiert sein, denn alles laufe bei ihm auf.
30 Stunden pro Woche
30 Stunden pro Woche investiert Rudolf Braun (WGA/FW) für das Bürgermeisteramt in Weißenohe - ehrenamtlich. Da sind keine überregionalen Veranstaltungen dazugerechnet, noch kein Geburtstag, an dem er gratulieren muss, und noch keine Verwaltungsgemeinschafts- oder Verbandssitzung. "Nur, um auf dem Laufenden zu sein und an die entsprechenden Sachbearbeiter zu kommen", betont Braun. "Als Ehrenamtlicher ist das ein Vollzeitjob", sagt Braun - und das bei einer kleinen Gemeinde, die nur 1200 Einwohner zählt. Sein Vorteil ist, dass er sich als Selbstständiger die Zeit frei einteilen kann und eigentlich im Rentenalter ist. Die Frage, ob der Bürgermeister im Ehrenamt noch mit früher vergleichbar ist, können Rast und Braun klar beantworten: "Definitiv nicht." Rudolf Braun ist neben drei weiteren Bürgermeistern im Landkreis Forchheim der dienstälteste Bürgermeister und zugleich Vorstandsmitglied des Bayerischen Gemeindetags. Vor 23 Jahren ist Braun für das Amt in der Gemeinde Weißenohe angetreten und hat zunächst viele Stunden in die Einarbeitung in kommunale Belange gesteckt. "Doch der Bund drückt immer mehr Aufgaben runter - auf die Länder, und diese auf die Kommunen", stellt Braun fest. Der finanzielle Ausgleich, den der Bund dafür an die Gemeinden leisten müsste, bleibe meist aus. Durch die immer mehr werdenden Zusatzaufgaben habe nicht nur der Bürgermeister mehr zu leisten, sondern auch die Verwaltungsmitarbeiter. Die meisten Verwaltungen seien ohnehin unterbesetzt, meint Braun.
Mehraufwand
Als Beispiel für den Mehraufwand der Verwaltungsmitarbeiter nennt Rudolf Braun die Förderprogramme. "Es gibt Förderprogramme en masse. Die wenigsten Gemeinden haben die personelle Größe, um diese Förderprogramme alle durchzuforsten", erklärt Braun. Und selbst wenn sie gefunden werden, müssen Berechnungen stattfinden und es muss darauf geachtet werden, ob eine EU-weite Ausschreibung erfolgen muss. "Die Verwaltung kann das nicht bewältigen", behauptet Braun.
Erfahrungen in Effeltrich
Die gestiegenen Anforderungen an den Bürgermeister bekam auch Katrin Heimann (DEL), die Effeltricher Bürgermeisterin, bald nach Amtsantritt zu spüren. "Ich habe meinen Beruf aufgegeben, weil es in keinster Weise zu schaffen ist", berichtet die gelernte Bankkauffrau, wohl wissend, auf den alten Arbeitsplatz nicht mehr zurückkehren zu können. Die Entscheidung dazu traf sie bereits ein halbes Jahr nach Amtsantritt. "Ich liebe meinen Ort und fühle mich für die Belange des Ortes und der Menschen verantwortlich. Es ist das schönste Amt der Welt", betont Heimann und spricht damit ihren Kollegen aus der Seele. Und doch bleibt es fraglich, ob es im Ehrenamt zu stemmen ist.
Thema im Bayerischen Gemeindetag
Mit dem Thema hat sich auch der Bayerische Gemeindetag auseinandergesetzt und Empfehlungen ausgesprochen. Diese lauten, dass in einer Gemeinde ab 3000 Bürgern das Hauptamt auf jeden Fall notwendig ist, eventuell sogar schon in Gemeinden zwischen 2000 und 3000 Einwohnern. Im Landkreis Forchheim sind neben dem Dormitzer Bürgermeister nur noch Katrin Heimann und die Kirchehrenbacher Bürgermeisterin Anja Gebhardt (SPD) die einzigen Ehrenamtlichen in dem Geschäft bei einer Gemeindegröße zwischen 2000 und 3000 Bürgern. Wie es mit dem Bürgerbegehren "Pro ehrenamtlicher Bürgermeister" in Dormitz weitergeht, ist noch offen. "Wenn der Bürgermeister nur ein Förderprogramm durchbringt, sind die Kosten für einen hauptamtlichen Bürgermeister schon zwei Mal wieder hereingeholt", betont Braun. Dafür braucht es Zeit.