Wenn es die Jungen magisch zu den Fahrgeschäften zieht und die Burschen sich am Festbaum abmühen, dann ist Neunkirchen Kerwa.
"Let's Dance", so heißt die neue Errungenschaft der Schausteller Eberhard. Gleich am Busbahnhof in Neunkirchen am Brand steht das moderne Fahrgeschäft. "Es ist der neueste Schrei", sagen die Mitarbeiter. Die in einer Reihe angeordneten Sitzplätze wirken unscheinbar in dem meterhohen exotischen Fahrgeschäft.
Erwartungsvoll sitzen einige Mädchen und Jungs auf ihren Plätzen. Sie jauchzen, als sich das Gerät in Bewegung setzt und die jungen Leute nach links und rechts, schwindelerregend hoch und schwungvoll nach unten wirbelt. Wie hoch es geht? Die Mitarbeiter zucken grinsend mit der Schulter.
Es ist Kirchweih in Neunkirchen. Kleine Kinder sitzen einem bunten Zug und drehen eine Runde nahe des Zehentspeichers. Die Besucher sitzen auf den Bänken, erfreuen sich am lustigen Treiben. Bratwurstduft zieht über den Platz, Kirchweihmusik ertönt und spornt die Männer an, ihren Kirchweihbaum aufzustellen.
Wenig Burschen seien heuer dabei, ist zu hören. Also wurde der Baum einfach um ein Stückchen gekürzt. Groß genug bleibt der Baum auch so. Kinder rennen an die Krone, binden schnell ein Schmuckband um, während der Baum mit Stützen und Leiter in die Senkrechte gehievt wird.
Es gibt Lebkuchenherzen, Zuckerwatte und andere Leckereien. Luftballone in allen Farben und Formen wehen in der milden Neunkirchner Luft. Plüschfiguren baumeln in luftiger Höhe an den Schaustellerbuden, machen auf sich selbst als Hauptpreis aufmerksam. Sie sind zu gewinnen beim Losen, beim Schießen, beim Kugelstechen oder Dosenwerfen. Was von all dem eine Gruppe von Mädchen machen wird, ist noch nicht ausgehandelt.
Ein Leben im Wohnwagen
Sie stehen bei Silvia, die ihrerseits seit fünf Jahren bei der Schaustellerfamilie Abwander angestellt ist.
Von heute auf morgen hat sie diesen Job bekommen, gleich nachdem ihr in einem Supermarkt wegen Personalabbau gekündigt worden war. Von heute auf morgen hat Silvia ihr altes Leben gegen das einer Schaustellerin eingetauscht. "Es gefällt mir", lacht sie.
Geduldig erklärt sie den Mädchen, wie das Kugelstechen funktioniert.
Silvia lebt in einem Wohnwagen, zieht von Ort zu Ort, von Kirchweih zu Kirchweih. Noch stehen einige auf ihrem Kalender, dann ist die Saison zu Ende. Ihr Enkel im Vogtland freut sich dann darauf, seine Großmutter wieder einmal länger zu sehen.
Vom Stand gegenüber weht süßer Duft und nebenan warten Eltern, bis ihre Kinder die Schiffschaukelfahrt beendet haben. Die Kirchweihburschen haben ihren Baum ein gutes Stück in die Höhe gebracht. Jugendliche rennen durch die Reihen der Sitzbänke. Sie wollen dabei sein, wenn es bei "Let's dance" in die nächste Runde geht.