Eilmeldung:

Andreas Haensel fertigt Musikinstrumente wie vor 300 Jahren

3 Min
Andreas Haensel in seinem Atelier. Foto: privat
Andreas Haensel in seinem Atelier. Foto: privat
Andreas Haensel mit einer gefertigten Geige
Andreas Haensel mit einer gefertigten Geige
 
 

Andreas Haensel aus Kleinsendelbach hat mit einer 4/4-Geige Guarneri den Deutschen Musikinstrumentenpreis gewonnen. Der 41-Jährige ist auf der Suche nach Perfektionismus. Und dies bedeutet, dass nicht alles absolut symmetrisch sein soll.

Aus exakt dem gleichen, über 30 Jahre alten Holz baut Andreas Haensel gerade den Zwilling seines erfolgreichen Instruments, einer Violine 4/4 Guarneri-Nachbau. Mit dem Erstling hat der Kleinsendelbacher den Deutschen Musikinstrumentenpreis gewonnen. Am 17. April findet im Rahmen der Internationalen Messe für Musikinstrumente und Noten, Musikproduktion und -vermarktung die Preisverleihung im Kaisersaal des Frankfurter Römers statt.

Der Anruf, mit diesem Werk - Guarneri war ein Zeitgenosse Stradivaris und wohl ebenso bekannt - den ersten Platz des Deutschen Musikinstrumentenpreis belegt zu haben, kam einen Tag vor Weihnachten. Wie ein Weihnachtsgeschenk war diese Nachricht für den Künstler. "Ich hatte gehofft zu gewinnen, ob es dann wirklich reicht, hängt auch von der Konkurrenz ab", sagt der Geigenbauer aus Kleinsendelbach.


Nur wenige bauen neu

Zwar gibt es in Deutschland noch über 400 Geigenbauer. Aber nur wenige bauen neue Instrumente. So erfüllt er doch das Klischee vom einsamen Künstler, der in seinem Kabuff sitzt und Musikinstrumente fertigt. Je hochwertiger die Instrumente, desto mehr ausschließliche Handarbeit bedeutet das. Vor allem bei der Königsdisziplin: dem Bau einer Geige.

"Sie ist am anspruchsvollsten zu bauen", informiert Haensel über das Instrument, das stilistisch und klanglich hohe Anforderungen stellt, was sicher an der 300 Jahre alten Tradition liegt, die ebenso lange perfektioniert worden ist.

Dabei hatte er zum Beginn seiner Ausbildung zum Geigenbauer in Bubenreuth keine Ahnung von Streichinstrumenten. Eine Geige hat er erst gebaut, bevor er diese spielen konnte. Eher die Gitarre spielte in seinen sehr jungen Jahren eine Rolle, dann kam das Interesse für mittelalterliche Instrumente.


Der Traumberuf

Die Gelegenheit, bei dem Geigenbauer zu lernen, war für ihn der Traumberuf, wie für viele Mitstreiter. Seine Eltern standen der Entscheidung damals skeptisch gegenüber, arbeiten viele nach der Lehre doch in anderen Berufen oder in der Serienfertigung. Seit 20 Jahren übt Andreas Haensel seinen Traumberuf aus und lebt davon. Wenn einige Experimente bei seinen Anfertigungen dabei sind, heißt das nicht, andere Geigen oder Cellos zu kreieren. "Es ist so gut, was die vor 300 Jahren gebaut hatten, eine Verbesserung ist nicht möglich", sagt Haensel und meint mit den Experimenten seine eigene Note in manchen Instrumenten.

"Ich bin auf der Suche nach Perfektionismus. Es soll nicht alles absolut symmetrisch sein, sondern lebt durch kleine Abweichungen, durch fließende Linien, dass es eine menschliche Anmut bekommt und dass es kaum noch von den Instrumenten, die vor 300 Jahren gebaut wurden, unterschieden werden kann, auch klanglich", beschreibt er eine Haensel-Geige. Manchmal hält er ein Stück Holz in der Hand und weiß, daraus kann nur das Instrument werden, oder er hat ein historisches Vorbild und sucht gezielt nach dem Stück Holz, das zum Original passt.

Während er an einer Geige arbeitet, hat er die nächste schon im Kopf. Ungefähr zehn Instrumente baut er im Jahr, ein Cello, zwei Viola und acht Geigen - für Kunden in Deutschland, in Amerika, Japan, Hongkong, Österreich, in der Schweiz oder in Norwegen.

Instrumente von der Stange können gerade die professionellen Musiker und Liebhaber nicht gebrauchen. Die individuelle Anfertigung ist gefragt und gewünscht. "Für Musiker ist das Instrument wie ein Teil von ihnen", erklärt der Geigenbauer, der seit 2009 sein eigenes Atelier in Kleinsendelbach hat und 2004 die Meisterprüfung absolvierte. Diese ist zwar nicht mehr notwendig, um selbstständig zu arbeiten, aber es ist vertrauensbildend, was in dieser Branche unerlässlich ist. Nicht zuletzt deshalb gibt es auch die Musikinstrumentenwettbewerbe, damit diese Künstler eine Chance erhalten, sich zu beweisen und zu messen.

Bei internationalen Wettbewerben hat der 41-Jährige bereits Preise verliehen bekommen. Vergangenes Jahr erreichte Andreas Haensel in Italien Silber für seine Viola und Gold für sein Cello. 2010 und 2013 hat er dort mit der Geige Bronze gewonnen. "2014 wusste ich, was sie wollen", sagt er lachend. Denn gerade im Geigenbau ist das Niveau sehr hoch, die Messlatte dementsprechend.


Ein halbes Jahr im Test

Nun war er im vergangenem Jahr auch vom Bundeswirtschaftsministerium wie alle Geigenbauer angeschrieben worden. Vor einigen Jahren durften sich Gitarre und Klavier messen. Andreas Haensel nahm bei der Ausschreibung teil, fertigte eine Geige an und schickte sie ein. Denn das Instrument wird ein halbes Jahr dort behalten und auf Herz und Nieren getestet.

Drei Kategorien umfasste die Prüfung. Eine objektive wissenschaftlich akustische Messung wurde in einem schalltoten Raum vorgenommen. Dann wurde das Instrument subjektiv beurteilt, indem professionelle Musiker eines Orchesters mit der Geige spielten und anschließend bewertete ein Geigenbaumeister das Instrument.
"Ich habe das Instrument so gebaut, dass es gut wird", sagt Haensel erfreut. Den ersten Platz des deutschen Musikinstrumentenpreis hat er damit erreicht. "Es ist schon etwas Besonderes", sagt Andreas Haensel.