Gerald Brehm ist schon seit 18 Jahren Rathaus-Chef in Höchstadt. Und er will es weitere sechs Jahre sein. Die politischen Gene hat er von seinem Vater.
Meistens ist es ausgeschaltet. Oder er hat es gar nicht erst dabei. Außer mal im Urlaub - falls seine Kinder anrufen. Gerald Brehm (JL) hat zwar ein Handy, nutzt es aber kaum. Nicht, dass er es nicht bedienen könnte. Er ist nur einfach lieber der direkte Typ. Bespricht sich am liebsten persönlich, nicht via Facebook oder WhatsApp.
Seit 18 Jahren ist Gerald Brehm Bürgermeister in Höchstadt. Oder anders ausgedrückt: drei Amtsperioden lang. Oder nochmal anders: Seit er 34 Jahre ist. So und so: eine ganz schön lange Zeit. In nicht einmal mehr vier Wochen könnte die nochmal verlängert werden. Auf weitere sechs Jahre.
Brehm hofft, dass ihm eine Stichwahl erspart bleibt, ist optimistisch, dass es mit der Wiederwahl klappt. Die Vorteile, die er gegenüber seinen beiden Konkurrenten Mechthild Glab (SPD) und Alexander Schulz (CSU) hat, sind dem inzwischen 53-Jährigen jedenfalls bewusst: "Ein neuer Kandidat muss erstmal verstärkt darlegen, warum er gewählt werden will." Das kann sich Brehm wohl eher schenken. Kennt ihn ohnehin jeder in Höchstadt. Weiß ohnehin jeder, was er in den letzten Jahren erreicht hat, und was nicht.
Siebtes Kind Das wird schon bei einem einfachen Spaziergang mit ihm durch die Innenstadt deutlich. Grüßen tut ihn ohnehin jeder. Ob direkt auf der Straße oder vom Auto aus. Brehm ist stadtbekannt. Grüßt gut gelaunt zurück. Hetzt nicht durch. Nimmt sich Zeit. Auch für ein kurzes Pläuschchen. Jeder kann jederzeit zu ihm ins Rathaus kommen. Auch ohne Termin. Kann ihn anrufen. Auch zuhause. "Ich habe vom Vater als Einziger die politische Ader geerbt", vermutet er.
Gerald Brehm war das siebte von neun Kindern. Sein Vater alles andere als ein Unbekannter: erster Bürgermeister Höchstadts nach dem Zweiten Weltkrieg (1946-1948), Flüchtlingskommissar, als Journalist zusammen mit Bundeskanzler Konrad Adenauer in den USA. Doch der Vater starb früh, Gerald Brehm war noch ein Kind. Was folgte, waren Rückschläge, finanziell schwierige Zeiten. "Das hat mich natürlich geprägt. Ich hab' eine ganz andere Wertigkeit, ganz andere Schwerpunkte", betont Brehm. Auf seine Familie, seine Frau Maria und seine vier Kinder, lässt er deshalb nichts kommen. "Ich brauch' keine Rolex, sondern nur die Familie. Ohne den Rückhalt der Familie sollte man es eh lassen."
Bruch mit der CSU Ursprünglich kommt Gerald Brehm aus dem Lager der CSU, war Vorsitzender der Jungen Union. Dann kam der Bruch. An der Gründung der Jungen Liste vor 25 Jahren war er maßgeblich beteiligt. Sie wollte mehr junge Leute in den Stadtrat bringen. Über die damalige CSU-Liste war das nicht möglich. Jetzt sitzt "Beppo", wie ihn eigentlich jeder kennt und nennt, seit 24 Jahren im Stadtrat, ist seit 18 Jahren Rathaus-Chef. Seitdem hat sich viel getan. Hat er viel initiiert. Beispielsweise den Bau des Gesundheitszentrums in der Spitalstraße. Sein erstes großes Projekt als Bürgermeister. Oder den Bau des Wohn- und Geschäftshauses am Vogelseck. "Architektur und Nutzen - beides war umstritten. Heute haben wir weniger leere Geschäfte als vor 18 Jahren", betont Brehm stolz.
Widerstände und kritische Stimmen hat es immer gegeben. Doch der Politiker ließ sich davon nicht beirren. "Seit einigen Monaten sind wir nicht mehr Quasi-Mittelzentrum, sondern Mittelzentrum. Das war von Anfang an unser Ziel", sagt Brehm. Auch beim Gewerbegebiet zog er sein Ding durch: "Am Anfang haben alle gesagt: Der spinnt doch." Die entscheidende Initialzündung war 1998 die Firma Baxter, seitdem hat sich die einstige Brachfläche in den heute dicht besiedelten Aischpark verwandelt. Die Bilanz bisher: 1500 Arbeitsplätze und eine Gewerbesteuer, "die uns unabhängig macht".
Den Vorwurf, dass Brehm ohne zu zögern alle möglichen Betriebe in einem beliebigen Branchenmix ansiedeln lässt, will er nicht gelten lassen: "Das ist eine vollkommene Blauäugigkeit, zu glauben, dass ich ankreuzen kann, wer in den Aischpark kann." Höchstadt müsse weiter um jede Firma kämpfen. Ansiedlungen resultieren außerdem auf Entscheidungen des gesamten Stadtrats. "Wir haben auch schon Firmen abgelehnt, wenn es bei Flächenverbrauch und Arbeitsplätzen eine Disharmonie gab."
Ein Medical Valley im Aischpark, wie es sich manche vorstellen, wäre wünschenswert, aber - angesichts der Nähe zu Erlangen - an der Realität vorbei: "Wir müssen die Nischen besetzen und brauchen Arbeitsplätze - nicht nur im hochrangigen Bereich, sondern auch für die breite Masse." Bei der Geschwindigkeit, den Aischpark weiter mit Firmen zu bestücken, könne man dennoch vorerst vom Gas gehen. Das Fundament sei gelegt: "Das Geld, das wir hier verdienen, können wir für die Stärkung der Innenstadt nutzen", kündigt Brehm an.
Innenstadt stärken Zeitnah realisieren möchte der Vorsitzende des "Karpfenland Aischgrund" beispielsweise einen Shuttle-Bus in und um Höchstadt. Die Stadt steht zur Zeit bereits in Korrespondenz mit Busunternehmen. Insgesamt drei Linien soll es geben: eine Richtung Lonnerstadt und Vestenbergsgreuth, eine Richtung Zehntbechhofen, Medbach und Gremsdorf und eine innerorts, die an Einkaufsmärkten und Freizeiteinrichtungen hält.
Die Belebung der Innenstadt liegt Brehm ohnehin am Herzen. Zur Zeit werden 30 Fassaden im Zentrum bezuschusst, drei im Moment noch leerstehende Geschäfte werden wieder besetzt. "Aber es gibt immer eine Optimierung. Wir brauchen etwas für die Jugend, sie muss die Innenstadt als Lebensraum wahrnehmen", sagt Brehm.
Die Enttäuschung wäre groß Brehm hat noch so einiges vor. Aber was passiert eigentlich, wenn er es diesmal nicht schafft, wenn er nach drei Amtsperioden nicht mehr gewählt wird, nicht mehr Höchstadts Bürgermeister ist? "Finanziell verfalle ich jetzt nicht in Panik", sagt Brehm. Doch die Enttäuschung, die Ernüchterung, die wäre schon groß. Das gibt er zu. "Ich würde mir Gedanken machen, woran es liegt. Würde mich ein oder zwei Jahre neu sortieren", meint er etwas zerknirscht. In seinen einstigen Beruf als Bankfachwirt und Steuerberater könnte er nach all den Jahren nicht eins zu eins zurück. Darüber ist er sich bewusst. "Ich kann mir auch nicht mehr vorstellen, nicht selbst die Fäden in der Hand zu halten", gesteht Brehm. Angst vor einer Wechselstimmung hat er nicht. "Der Bürger hat die Entscheidung. Und die sollte nicht aus einer Emotion heraus passieren."
Übrigens soll auch bald die Homepage der Stadt modernisiert werden. Auch eine Facebook-Seite und eine App soll es geben. Bestimmt nutzt dann sogar "Beppo" sein Handy ein paar Mal öfter.