Sie haben die Funktion, die Aktivierung des Immunsystems in bestimmten Situationen zu unterdrücken, und verhindern dadurch eine Entzündungsreaktion. „Es konnte wissenschaftlich nachgewiesen werden, dass bei Patienten mit Colitis ulcerosa das Gleichgewicht zwischen Effektor-T-Zellen und regulatorischen T-Zellen gestört ist“, so Atreya. „Die Treg sind dabei nicht in ausreichender Konzentration vorhanden und die entzündungsfördernden T-Zellen somit in der Überzahl.“
Uniklinik Erlangen: So funktioniert die neue Therapie für Colitis ulcerosa
Der Ansatz der Erlanger Wissenschaftler: Aus dem Blut des Patienten werden mittels Leukapherese, also der Blutzelltrennung, zuerst körpereigene regulatorische T-Zellen gewonnen und diese anschließend im Reinraumlabor vermehrt. Die körpereigenen Treg werden dem Patienten anschließend als einmalige Infusion wieder zurückgegeben. Caroline Bosch-Voskens, Oberärztin der Hautklinik des Uni-Klinikums Erlangen, erklärt: „So wollen wir das natürliche Gleichgewicht der verschiedenen T-Zellen im Darm wiederherstellen und die entzündlichen Veränderungen der Darmschleimhaut damit zum Abheilen bringen."
Im Tiermodell habe sich bereits gezeigt, dass der therapeutische Einsatz von Treg einen heilenden Effekt hat. "Wir sind deshalb äußerst zuversichtlich, dass dieser Ansatz auch bei Herrn Klaenfoth ein positives Ergebnis bringen wird.“ Im DZI besteht für Patienten wie Tim Klaenfoth die besondere Möglichkeit, im Rahmen von Studien eine neue Behandlungsoption wahrzunehmen, die andernorts noch nicht zur Verfügung steht.
Tim Klaenfoth ist der weltweit erste Patient mit Colitis ulcerosa, der die Treg-Therapie erhalten hat. Nach nur etwa 30 Minuten hatte der 22-Jährige die Infusion der aufbereiteten Zellen hinter sich. Im Anschluss wurden Tim Klaenfoths Temperatur und Blutdruck regelmäßig kontrolliert: zuerst jede Viertelstunde, danach jede Stunde und später alle drei Stunden – auch nachts. „Die Infusion an sich habe ich vertragen. Durch die ständige Überwachung bin ich etwas müde“, berichtet Tim Klaenfoth. Ansonsten gehe es ihm gut.
"Möchte mich endlich wieder frei bewegen": Tim (22) träumt bereits von Japan
Hinter dem Präparat steckt jedoch jahrelange Forschung. Seit 2012 arbeiteten die Erlanger Wissenschaftler der Medizin 1 und der Hautklinik daran, ein Produkt aus körpereigenen regulatorischen T-Zellen in der benötigten Qualität und Menge herzustellen, das die Entzündungsreaktion bei Colitis ulcerosa zurückgehen lässt. Das Ziel der aktuell laufenden Phase-I-Studie ist es, die Verträglichkeit und Sicherheit der Infusion von körpereigenen regulatorischen T-Zellen für Patienten mit Colitis ulcerosa nachzuweisen.
Die Erlanger Forscher erwarten sich außerdem eine Aussage darüber, ob die Tregs tatsächlich in den Darm einwandern und dort die aktive Entzündung der Darmschleimhaut hemmen. So wollen sie es künftig ermöglichen, mehr Colitis-ulcerosa-Patienten eine wirksame Therapie anbieten zu können. „Weltweit wurden bisher circa 160 Patientenfälle veröffentlicht, die eine ähnliche Infusion mit regulatorischen T-Zellen erhalten haben. Der Einsatz bei Colitis ulcerosa wurde bislang noch nicht erprobt. Wir sind daher sehr stolz, diesen Therapieansatz nun bei uns in Erlangen weltweit zum ersten Mal durchzuführen“, so Markus Neurath, Professor an der Immunologie der Uniklinik.
Bei Tim Klaenfoths nächstem Besuch am Uni-Klinikum Erlangen wird sich nach der geplanten Darmspiegelung dann zeigen, ob die Entzündung zurückgegangen ist und die Therapie erfolgreich war. „Meine Lebensqualität würde sich dadurch mindestens verdoppeln. Ich möchte mich endlich wieder frei bewegen können“, sagt Tim Klaenfoth. Damit stünde seinem erfolgreichen Studienabschluss in Schweden nichts mehr im Weg und sein Traum von einem Auslandsaufenthalt in Japan käme ein ganzes Stück näher.
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