Der Fränkische Tag hat ehemalige Fußballgrößen, aktive Spieler und Trainer der Region befragt, was sie von der geplanten Ausweitung der WM halten.
Satte 50 Prozent mehr, nämlich 48 statt 32. So viele Mannschaften nehmen ab 2026 an der Fußball-Weltmeisterschaft teil. Das hat die FIFA am gestrigen Dienstag auf ihrer Sitzung in Zürich beschlossen. Mehr Geld für den Weltverband, mehr Zuschauer in den Stadien und vor den TV-Geräten, größere Chance für die kleinen Nationen, bei einer Endrunde dabei zu sein. Doch vor allem aus Europa und Deutschland kamen schon vor der Entscheidung negative Stimmen. Wir haben uns umgehört, was die Amateurfußballer aus dem Spielkreis ER/PEG, also die "Konsumenten" der WM, dazu sagen.
Büle: Man sieht neue Nationen und sicherlich mehr Überraschungen
Von einem Glücksfall spricht
Constantin Büle. Nicht nur weil der gebürtige Rumäne die Chance auf die erste Teilnahme seines Heimatlandes an einer Endrunde seit 1998 in Frankreich spekuliert: "Eine WM ist umso schöner, je mehr Mannschaften teilnehmen. Man sieht neue Nationen und sicherlich mehr Überraschungen. Ich finde es zwar nicht gut, wenn Spieler ihre Nationalität wechseln, aber dadurch haben selbst kleine Länder teilweise sehr gute Kicker. Und bis 2026 wird das noch zunehmen."
Trotz der Ausweitung der Titelkämpfe von 64 auf 80 Partien traut der Coach des TSV Hemhofen auch kleineren Ländern wie Rumänien die Ausrichtung einer WM zu. "Wir sind gar nicht so arm", sagt der 48-Jährige schmunzelnd. "Und zur Not haben wir genug Nachbarländer, mit denen wir uns zusammentun könnten."
Karches: Dadurch bekommen Fußball-Zwerge eine Bühne
Jakob Karches, Spielertrainer des FC Herzogenaurach, hat ebenfalls nichts gegen die Entscheidung: "So gibt es in der Sommerpause mehr Fußball zu sehen. Zwar wird die Qualität etwas leiden, aber dadurch bekommen Fußball-Zwerge eine Bühne, auf der sie sich präsentieren können. Es hat doch auch seinen Reiz, dass es mehr Underdogs gibt, die eventuell Favoriten ärgern. Letzten Endes wird sich, wie bisher, die beste Mannschaft durchsetzen."
Mair: Infantino löst Wahlversprechen gegenüber kleinen Verbänden ein
Benjamin Mair, Trainer des ASV Höchstadt: "Leider steht heute der Kommerz mehr im Mittelpunkt als die Gesundheit der Spieler. Deren Rahmenterminkalender ist ohnehin schon so voll, dass es schon jetzt schwer genug ist, verletzungsfrei durch die Saison zu kommen. Deshalb finde ich die Entscheidung falsch. Aber sie ist ein Politikum, Fifa-Präsident Infantino löst damit ein Wahlversprechen gegenüber den kleinen Verbänden ein. Hinsichtlich etwaiger Mehreinnahmen ist dieser Schritt nachvollziehbar, aber es wird dadurch auch mehr uninteressante Spiele bei der WM zu sehen geben."
Götz: Sportlich macht die Entscheidung keinen Sinn
Gerald Götz, Trainer der SpVgg Etzelskirchen: "Die sportliche Qualität wird leiden. Gerade bei einer WM sollten nur die besten Mannschaften auflaufen. Sportlich macht die Entscheidung also keinen Sinn, genauso wenig wie für den Fernsehzuschauer, der sowieso nicht alle Spiele schauen kann oder will. Der Fußball wird immer mehr von Dingen wie den TV-Rechten gesteuert, wie es auch in der ersten und zweiten Bundesliga zu beobachten ist. Das hat dann abenteuerliche Anstoßzeiten zur Folge, die es dem Fan schwerer machen, live im Stadion dabei zu sein, und ihn vor den Fernseher zwingen."
Hofmann: Spitzenspieler werden geschont
Der Ebermannstadter Ex-Profi
Norbert Hofmann, Trainer des Landesligisten ASV Vach, fürchtet eine Verwässerung des Niveaus: "Die Spitzenspieler werden in den beiden Gruppenspielen geschont, da man zwei schwächere Gegner hat und selbst als Zweiter in die K.o.-Runde einzieht. Es ist zwar schön, mal andere Nationen zu sehen, aber die Kleinen haben eh keine Chance."
Mit der beschlossenen Variante hat die FIFA ihren Kritikern zumindest ein wenig Wind aus den Segeln genommen. "Mehr Gruppenspiele hätten die WM unnötig in die Länge gezogen. Der Profifußball hat sowieso schon Terminprobleme. Das ginge auf Kosten der Leistungsträger", sagt der 65-Jährige und nennt Borussia Dortmund als Beispiel, das zwar europäische Spitzenklasse sei, mit der ständigen Mehrfachbelastung aus Meisterschaft, Pokal und Champions League aber nicht zurechtkomme.
Pechtold: An einer WM sollten nur die Besten teilnehmen
Ähnlich sieht es der ehemalige Club- und Fürth-Spieler
Uli Pechtold aus Forchheim: "Die Qualität des Wettkampfs leidet darunter. Manchmal ist ein Spiel zwischen einer starken und einer schwachen Mannschaft zwar attraktiv, doch was bringt es einer kleinen Nation, wenn sie auf der Weltbühne vertreten ist, dann aber mit 8:0 abgeschossen wird? An einer WM sollten nur die Besten teilnehmen." Schon jetzt qualifizierten sich aufgrund der vorgegebenen Startplätze pro Kontinentalverband immer wieder auch schwächere Länder, findet der 64-Jährige. "Es geht halt nur um die Kohle", resümiert Pechtold.