Vor dem Oberlandesgericht Nürnberg hat am Dienstag der Prozess gegen den "Guru aus Lonnerstadt" und seine Lebensgefährtin begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft der Mutter und ihrem Lebensgefährten vor, mit dem schwerkranken Sohn zwischen 1999 und 2002 nicht zum Arzt gegangen zu sein.
Gut gelaunt betritt der "Guru" das Gericht. Von Kopf bis Fuß ist der 55-Jährige in weiß gekleidet. Auch seine Lebensgefährtin und Mutter der beiden Kinder, um die sich das Pärchen nicht gekümmert haben soll, trägt Engelsfarben. Von der Anklagebank winkt sie den Fotografen zu. Besonders der Mann, der als "Guru von Lonnerstadt" bekannt wurde, sammelt Sympathiepunkte, bevor der eigentliche Prozess begonnen hat. Keine zwei Meter dahinter verfolgt ein junger, schmächtiger Mann zusammengesunken auf seinem Stuhl die Szene. Vor zwölf Jahren hat er seine Mutter und den Mann mit dem grauen Vollbart zum letzten Mal gesehen. Damals war er 15 Jahre alt und wog nur noch 30 Kilogramm. Mit neun Jahren war der Junge, der von Geburt an der schweren Stoffwechselkrankheit Mukoviszidose leidet, mit Mutter und Schwester ins mittelfränkische Lonnerstadt umgezogen. Aus seiner Sicht erlebte er dort ein Martyrium. "Das war für mich die Hölle.
Die hätten mich verrecken lassen", sagt der junge Mann, der als Nebenkläger zugelassen ist.
Dann eröffnet der vorsitzender Richter, Ulrich Flechtner, offiziell die Verhandlung. Der Staatsanwalt verliest die Anklage. Der 48-jährigen Frau und ihrem Lebensgefährten wird vorgeworfen, mit dem schwer kranken, damals zwölfjährigen Sohn der Frau von November 1999 bis Dezember 2002 nicht zum Arzt gegangen zu sein und ihm keine Medikamente gegeben zu haben. Schwere Misshandlung von Schutzbefohlenen durch Unterlassen lautet der konkrete Vorwurf der Staatsanwaltschaft.
Die Mutter hatte sich nach einer Scheidung und mehreren unglücklichen Beziehungen Ende der 90iger Jahr in den Mann verliebt, der es durch die WDR-Fernsehdokumentation "Die Sektenkinder von Lonnerstadt" im Jahr 2012 zu zweifelhafter Berühmtheit gebracht hat.
Dem Bericht zufolge fühle sich der Mann wie der "Guru" einer "Sekte" und begreife Kinder als "Erwachsenenseelen in Kinderkörpern" und behandele sie entsprechend. "Wir waren völlig schockiert von dem Fernsehbericht", erinnert sich der Angeklagte. Ruhig und gefasst, beinahe einnehmend sagt er, dass er uns seine Lebensgefährtin lediglich "natürlich" leben wolle. Deshalb auch die weiße Kleidung, ohne Chemie und Farbe.
Zuvor haben die Anwälte der Angeklagten eine gemeinsame Erklärung verlesen. Damit wehrt sich sich das Paar gegen "diffamierende und falsche" Charakterisierungen, wie "Guru" und "Sekte". Dies seien alles falsche Behauptungen der TV-Journalistin. Durch die Fernsehdokumentation sei das Paar "dem Gespött und dem Hass" der Nachbarn ausgesetzt gewesen.
Der ehemalige Landrat Eberhard Irlinger (SPD) ist damals dem "Sekten-Pärchen" zur Seite gesprungen und hatte damals gesagt, es sei "viel Unsinn" über die Familie aus Lonnerstadt geschrieben worden.
"Die Schulmedizin lehnen wir nicht ab. Wir kaufen aber biologische Produkte", erzählt der Mann, nachdem seine Lebensgefährtin dem Gericht "eine komplett andere Familiengeschichte", so der Richter, erzählt hat. Demnach hat die Familie normal zusammen gelebt. Nur mit der Ausnahme, dass man gemeinsam meditiert habe. Entscheidender als die Vorliebe für die Esoterik dürfte vor Gericht der Hang der Frau zur alternativen Medizin wie Kneipp-Kuren und Homöopathie noch werden. Stattdessen entwirft die Frau das Bild einer treusorgenden Mutter, die sich für die schwere Krankheit ihres Sohnes interessiert und alles dagegen tut. Doch mit dem Umzug der Familie zu dem "Guru" nach Lonnerstadt scheint sich etwas geändert zu haben.
Das Paar behauptet, der Junge sei mitten in der Pubertät gewesen und habe deshalb nicht mehr zum Arzt gewollt. "Hätten wir ihm die Medikamente eintrichtern sollen?", fragt die Mutter.
Der junge Mann erinnert sich anders an die Zeit. "Ich habe zu ihm oder zu meiner Mutter in den drei Jahren kaum Kontakt gehabt." Die einzige Bezugsperson in dem Haus in Lonnerstadt sei seine zwei Jahre ältere Schwester gewesen. Zwei Monate nachdem seine Schwester das Haus verlassen hatte, zog auch er aus dem Haus. Zehn Tage später la er im Krankenhaus. Da wog er kleine 31 Kilogramm. "Nicht lebensbedrohlich aber ernst" sei der Zustand gewesen, erinnert sich der Arzt im Zeugenstand.
Das Oberlandesgericht wird in den nächsten Verhandlungstagen zu klären haben, ob das Paar mit dem Hang zum esoterischen Lebenswandel gegen die Fürsorgepflicht massiv verstoßen hat. Die 48-jährige Mutter behauptet, der Ex-Mann habe die Kinder gegen sie aufgehetzt. Die Vorwürfe seien nichts als "Lügen und Übertreibungen". Das Urteil soll am 25. Juli gesprochen werden.
nicht ganz dicht im Oberlicht, dieser Guru und seine Lebensgefährtin.
Wenn ich überlege, dass man einen Gustl Mollath jahrelang weggesperrt hat, was müsste diese sogenannten Gurus für eine Strafe aufgebrummt kriegen. Ich würde beide in einen Steinbruch schicken, da könnten sie alle religiösen Gelüste doch perfekt ausleben.