Stirbt die Kittelschürze aus? Im ländlichen Raum sind Kittelschürzen in uni sowie im Blümchendessin Kult bei etwas reiferen Damen. Teilt dieses Kulturgut das Schicksal der fränkischen Tracht? Eine nicht ganz bierernst zu nehmende Spurensuche in Herzogenaurach im Landkreis Erlangen-Höchstadt.
Im Online-Lexikon "Was-war-wann" zur Bekleidungseschichte der DDR wird unter dem Stichwort "Bekleidung der 60er Jahre" als ganz besonders typisch die Kittelschürze aufgeführt. Sie trugen Frauen in Betrieben und zur Hausarbeit. Fast entschuldigend fügt der Autor an, das Kleidungsstück sei viel älter, es stamme sogar aus den USA.
Nach dem Ersten Weltkrieg ist die Kittelschürze unter dem Namen Hooverette aufgekommen und hatte einen Schnitt mit einem Vorderteil zum Wickeln. Somit hatte man zwei "Flügel" und wenn der erste verschmutzt war, wickelte frau die Schürze einfach andersrum und hatte wieder eine saubere Vorderfront.
Moment, wieso nur DDR oder USA? Auch in Franken ist das praktische Kleidungsstück en vogue. Da heißt es "der Schörzer". Das bestätigt Hannelore Bauer, eine Herzogenauracher Hobbygärtnerin.: "Bei der Hitze neulich habe ich es mir überlegt, wieder eine Kittelschürze zu kaufen. Das ist luftig, wenn man nichts drunter trägt."
Im Moment behilft sich Bauer mit einer grünen Bindeschürze, wenn sie mit ihren Enkelinnen Annalena und Teresa die Falläpfel im Garten zusammenrecht. "Meine Kittelschürze passt mir nicht mehr, die ist beim Waschen so arg eingegangen", sagt sie mit Augenzwinkern.
Woher nehmen? Leicht hat es Bauer nicht, wenn sie eine neue kaufen will. In einen Ableger einer Textilladenkette braucht sie gar nicht zu gehen.
Die führen sowas nicht in der aktuellen Kollektion.
Ins Trachtenmodengeschäft? Zum Dirndl gehört doch eine Schürze! Aber eben keine Kittelschürze, die ein Kleid ersetzt. Die Suche nach einem Laden, der Kittelschürzen führt, ist wirklich nicht einfach. "Hier in Herzogenaurach gibt es noch den Bauersmartl", erklärt Bauer. Das kleine Textilgeschäft führt noch viele Kleidungsstücke, die anderswo längst aus den Regalen verschwunden sind.
"Aus Hamburg hatten wir mal eine Kundin, die brauchte eine Schürze für ihre ,gute Fee'", erinnert sich Ursula Meidinger, die Verkäuferin im Textilgeschäft von Rosa Welker, mit Hausnamen Bauersmartl. Ansonsten stammen die Kundinnen aus dem hiesigen Raum, aus dem Herzogenauracher Umland, aus Fürth oder Nürnberg. "Manche kommen auf Empfehlung ihrer Nachbarin zu uns", weiß Meidinger. Und auch ein paar türkische Kunden hat sie. "Das sind junge Leute, die kaufen Kittelschürzen als Geschenke für die Oma daheim."
Meidinger selber trägt bei der Arbeit keine Schürze, obwohl das für Ladnerinnen bis vor gar nicht langer Zeit Pflicht war. Anstelle eines T-Shirts oder Polohemds mit dem Firmenlogo erhielten weibliche Ladenangestellte Dienstschürzen.
Sowas führt der kleine Laden noch - für Köchinnen zum Beispiel. Das sind dann allerdings Bindeschürzen aus weißer Baumwolle, die bei 90 Grad gewaschen werden können.
"Dann gibt es noch die Vorbinder, wie sie Köche und Bäcker tragen", zeigt Meidinger auf einen Karton über dem Kleiderständer mit den langen und kurzen Kittelschürzen. Die erste Länge wurde eine Zeit lang als Gartenkleid verbrämt und für die kurzen gab und gibt es den Namen Kasakschürze.
"Freilich gibt es noch mehr Berufsschürzen", sagt Meidinger und greift zur nächsten Schachtel. "Die heißen jetzt Bistroschürzen." Bei ihr lagern sie unter dem Begriff "Vorbinder, 80 Zentimeter lang". Gesehen hat die jeder schon, vor allem dann, wenn sich eine zierliche Bedienung beinahe die Enden um die Waden wickelt.
Und was ganz Spezielles führt Meidinger noch: die weißen, mit zarten Spitzen verzierten Schürzchen, die Bedienungen trugen, als sie noch Fräulein gerufen wurden. Darunter oder in der großen Tasche hatte der große Kellnergeldbeutel seinen Platz.