Mangelware Bauplätze: Wie gerecht ist die Vergabe im Raum Höchstadt?

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Das Baugebiet in Lonnerstadt Foto: Christian Bauriedel
Das Baugebiet in Lonnerstadt Foto: Christian Bauriedel

Sie sind gefragt wie nie: Bauplätze in kommunalen Baugebieten. Die hohe Bewerberzahl stellt Gemeinden vor ein moralisches Problem. Wem sollen sie die knappen Flächen geben - und wem nicht?

67 zu 5, das ist die Realität in Lonnerstadt. 67 Interessenten umfasst die Liste. Aber nur fünf Bauplätze hat die Kommune anzubieten. Diese liegen im Ortsteil Ailsbach.

Bürgermeister Stefan Himpel (FW) lässt das keine Ruhe: "Wir mussten was ändern." Früher sei es einfach gewesen. Da habe es mehr Bauland als Bauwillige gegeben. Die Gemeinde hat die Grundstücke ganz einfach nach Eingangsdatum der Anfrage vergeben.

Doch die Devise "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst" könne man sich in heutigen Zeiten nicht mehr erlauben, findet Himpel. Viel zu groß ist die Nachfrage.

Was, wenn theoretisch ganz am Anfang der Liste zufällig nur Superreiche ohne Kinder, die aus Berlin zuziehen, stünden? Oder, wie Himpel für Lonnerstadt berichtet, sich gleich drei Familienangehörige gleichzeitig um Baugebiete bewerben. Nur um die Chance zu erhöhen, dass sie unter den Ausgewählten ist.

Ein ähnliches Bild ergibt sich in Adelsdorf. "Früher konnten wir quasi froh sein, wenn wir die Bauplätze los geworden sind", sagt Bürgermeister Karsten Fischkal (FW). So etwa beim zuletzt ausgewiesenen Baugebiet der Gemeinde am Grünsee. "Aber der Markt hat sich komplett gedreht", sagt Fischkal.

30 Anrufe in kürzester Zeit

Als bekannt wurde, dass die Kommune in Aisch Bauland gekauft hat, habe er null Komma nichts 30 Anrufe gehabt. Dabei werden es in Aisch wohl nur fünf bis sechs Grundstücke.

In Höchstadt ist der Ansturm ähnlich hoch. "Ich gehe davon aus, dass wir in und um Höchstadt in den nächsten zehn bis 15 Jahren um die tausend Bauplätze brauchen", sagt Bürgermeister Gerald Brehm (JL). Bei ihm türmen sich die Anfragen.

Neue Gebiete: Es ist schwierig

Gebiete auszuweisen sei oft gar nicht so einfach, sagt Lonnerstadts Bürgermeister Himpel. Viele Eigentümer wollen ihre Äcker und Wiesen nicht verkaufen. Denn was bringt ihnen schon Geld in einer Zeit der Nullzinsen?

Wie soll eine Gemeinde bei knappem Angebot entscheiden, wer bauen darf und wer nicht? Die Verwaltung nach Gutdünken? Sicher nicht. Der Bürgermeister nach Sympathie? Sicher auch nicht.

Höchstadt hat - wie auch Herzogenaurach oder Erlangen - ein Punkteverfahren nach Kinderzahl, Einkommen und bisherigen Lebensjahren in der Kommune. In Lonnerstadt war man gegen eine starre Vergabe. Der Gemeinderat geht in nichtöffentlicher Sitzung die Bewerber durch und trifft die schwierige Entscheidung. Bei einer Liste von 67 nicht nur ein Riesenaufwand, sondern auch eine kniffelige Abwägung, die schnell Fragen nach Diskriminierung und Ungerechtigkeiten aufwerfe, betont Himpel.

Es gebe so viele Kriterien, die für sich genommen immer eine Berechtigung haben. Und jede Gemeinde setzt die Schwerpunkte anders.

Klar sollten Einheimische Vorrang haben. Aber eine Abschottungsgemeinde wolle man auch nicht sein. Kinder seien ein zentrales Argument, sagt Himpel. Aber was ist zum Beispiel mit dem alten Ehepaar, das einen seniorengerechten Alterssitz bauen will? Man wolle einerseits Menschen mit kleinen Einkommen bevorzugen. Andererseits lebe eine Gemeinde auch von einer gesunden sozialen Durchmischung, weshalb auch Zahlungskräftigere zum Zug kommen sollten. Auch die Einkommenssteuer - eine Haupteinnahmequelle der Gemeinde - könne man nicht außer acht lassen.

Einheimische zuerst?

Auch in Adelsdorf grübelt man, wie die Gemeinde künftig am besten vorgeht. Man lasse sich rechtlich beraten, sagt Fischkal.

"Mein Wunschmodell wäre eines, bei dem man so viele Gemeindebürger wie möglich zum Zuge kommen lassen kann." Aber, betont Fischkal, es müsse nach Recht und Gesetz zugehen.

Und hier liegt der springende Punkt. Die EU sah lange Zeit die Bevorzugung von Einheimischen als Verstoß gegen die Gleichheit aller Bürger.

Zwar ist nach einigem Hin und Her zwischen BRD und Brüssel nun das "Einheimischenmodell" (Ortsansässige zuerst) erlaubt. Die Verdrängung Einheimischer durch hohen Zuzug kann so verhindert werden. Gegen das "strukturelle Ausbluten von ländlichen Gegenden" heißt es in der Fachlektüre des Bayerischen Gemeindetags. Allerdings dürfe eine Gemeinde sich Auswärtigen nicht komplett verschließen.

Es gibt zudem andere Leitlinien der EU, die es in sich haben. Es sollen Einkommensobergrenzen gelten. Maximal 51.000 Euro darf man jährlich verdienen (Ehepaare 102.000 Euro). Wer mehr verdient, schaut bei kommunalen Grundstücken in die Röhre. Er stehe voll zu solchen Sozialmodellen, sagt Brehm. Aber auch Besserverdiener sollten zu einem bestimmten Prozentsatz zum Zug kommen.

Die Beispiele zeigen: Absolute Gerechtigkeit gibt es nie. 67 Bewerber zu fünf Bauplätzen. Zur Realität in Lonnerstadt gehört auch: Nur sieben der Bewerber stammen aus Lonnerstadt. Der Rest aus Fürth, Nürnberg oder Berlin.

Mögliche Kriterien:

Gemeinden sind bei der Vergabe von Bauland relativ frei.

Übliche Kriterien sind: Einheimisch oder nicht? Bereits Grundstückseigentümer? Wie viele Kinder? Wie alt sind die Kinder? Wie hoch ist das Einkommen? Handelt es sich um Behinderte? Wie lange warten die Leute schon? Wo liegt der Arbeitsplatz? Schafft der Bauwillige Jobs vor Ort?