Sterpersdorf
Landwirtschaft

Im Aischgrund wird nun der Meerrettich geerntet

Auf den Feldern im Aischgrund und im Regnitztal läuft die Meerrettich-Ernte. Der Krenanbau erfordert fast das ganze Jahr viel Handarbeit, hat aber in unserer Gegend Tradition.
Rudi Schwandner zieht die Wurzeln aus dem Boden, den er vorher mit den Bohrflügeln eines Traktor-Anbaugerätes aufgelockert hat. Fotos: Manfred Welker
Rudi Schwandner zieht die Wurzeln aus dem Boden, den er vorher mit den Bohrflügeln eines Traktor-Anbaugerätes aufgelockert hat. Fotos: Manfred Welker
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Bei einigen Landwirten im Aischgrund ist jetzt Hochsaison angesagt, so lange das Wetter noch einigermaßen gut ist, denn der Kren muss aus dem Acker heraus. Die Familien Schwandner aus Sterpersdorf und Greiendorf gehören noch zu den wenigen, die sich der aufwendigen Arbeit widmen. Denn wer Meerrettich anbauen will, der braucht eine "geländegängige" Großmutter und ein biegsames Kreuz, sagt der Volksmund. Und damit ist die sehr arbeitsintensive Tätigkeit nur unzureichend umschrieben.

Ruhezeit für Krenanbauer gibt es eigentlich nur im Dezember und im Januar. In den anderen Monaten sorgt der Kren für viel Arbeit. Im Winter sind die Fechser, also die Nebenwurzeln der Meerrettichstangen des Vorjahres, in sogenannten Mieten eingelagert, also in langen Reihen gebündelt und frostsicher mit Sand oder Erde abgedeckt. Ende Februar müssen die Fechser aus der Miete herausgenommen, auf Länge geschnitten und zum Antreiben eingelagert werden. Im März heißt es, das Feld vorzubereiten und zu pflügen.

Mitte März bis Anfang April ist das Einlegen der Fechser in die Ackerbeete angesagt. Nach altem Brauch werden sie bei den Schwandners mit dem Kopf nach Osten eingelegt, denn "er streckt sich in diese Himmelsrichtung". Im April heißt es, den Boden zu lockern und zu düngen.
Im Mai oder Juni müssen die schwachen Triebe abgegeizt, das heißt "geköpft" und die Kunststoffbeutel vorgezogen werden.

Boden lockern, Unkraut jäten


Die Hauptarbeit im Juni und Juli ist es, den Boden zu lockern, Unkraut zu entfernen und die Pflanzen gegebenenfalls zu bewässern. Früher mussten im Juli und im August außerdem die Krenzpflanzen "aufgehoben" und die kleinen Seitenwurzeln entfernt werden, damit ein starker Haupttrieb heranwächst. Inzwischen erleichtert eine Kunststoffmanschette im Kopfbereich der Pflanze dieses Anliegen. Sie verhindert, dass sich diese Triebe überhaupt bilden können.

Die Haupterntezeit ist im Oktober. Manche Krenanbauer warten sogar bis zum Februar, um zu ernten, was aber die Schwandners nicht praktizieren. Denn man müsste sich sonst die Fechser für das laufende Jahr zukaufen. Danach gilt es im Oktober und November, den Kren zu putzen und zum Verkauf vorzubereiten. Außerdem müssen die geeigneten Fechser aussortiert und in die Miete eingelegt werden.

Bei den Familien Schwandner in Sterpersdorf und Greiendorf gibt es zwei wichtige Termine. Bis Allerheiligen (1. November) muss die Arbeit auf dem Krenacker abgeschlossen sein. Bis zum 3. März, dem Termin der ewigen Anbetung in Sterpersdorf, müssen die Fechser vorbereitet sein und können dann eingelagert werden, damit sie im Anschluss daran bei passendem Wetter ausgebracht werden können.

Wenn es an die Ernte geht, dann muss die ganze Familie mit anpacken. Thomas und Kerstin Schwandner, Rudi und Katharina Schwandner, Karl Hetzar und Brigitte Nanu, auch die Kinder und Enkelkinder sind bei schönem Wetter auf dem Feld mit dabei.

Doppelt hält besser


In einem ersten Arbeitsgang lockert Rudi Schwandner mit einem Ford-Traktor mit 42 PS, an dem ein Anbaugerät mit Bohrflügeln hängt, den Boden auf, so dass die Wurzeln locker liegen und herausgenommen werden können. Schwandner fährt lieber zweimal die Beete entlang, um sicher zu gehen, dass beim Herausziehen der Wurzeln kein Stück abbricht. Dann werden von den herausgenommenen Pflanzen mit einem geübten Griff die Blätter abgedreht und die Wurzeln auf dem Feld aufgeschichtet.

Wenn diese Arbeit abgeschlossen ist, fährt Katharina Schwandner mit einem alten Fendt, der noch das historische Nummernschild HÖS M 238 trägt, an den kleinen Haufen entlang, so dass sie auf den Wagen aufgeschichtet werden können. Die Fahrt geht nach Greiendorf in das Anwesen der Familie Schwandner/Hetzar, wo der Kren geputzt und die geeigneten Fechser heraussortiert werden.

Das Wetter des Jahres 2012 war etwas zu trocken, die Niederschläge fehlten beim Kren, der dadurch etwas kleiner ausfiel. "Sonst kann eine dicke Stange 400 Gramm wiegen, jetzt sind die großen bis zu 20 Prozent schwächer als in einem normalen Jahr", resümierte Schwandner die Ernte.

Baiersdorf ist die Krenstadt


Abnehmer des Kren ist über einen Zwischenhändler die Meerrettichfabrik Schamel in Baiersdorf. Wegen ihres Feldbaues werden die Baiersdorfer seit Jahrhunderten als "Kreenstengel" oder "Kreenhenkel" tituliert. Bereits 1799 schrieb Johann Kaspar Bundschuh zum Meerrettichanbau in Baiersdorf: "Die christlichen Einwohner treiben neben den Handwerken Getreidebau, starken Tabacksbau und vorzüglich Meerettigbau, indem der hiesige Meerrettig wegen seiner Güte und ungewöhnlichen Größe weit und zwar in die Rheingegenden und nach Holland verfahren wird." Durch die Verlagerung der Produktionsstätte der Meerrettichfirma Schamel im Jahr 1997 in das Baiersdorfer Gewerbegebiet ergab sich die Möglichkeit für die Einrichtung eines Museums.

Der Falkendorfer Heimatdichter Michael Kreß (1843-1929) verfasste 1910 ein Gedicht über den Kren, den er noch mit zwei "e" als Kreen schrieb: "Ich habe Baiersdorf geseh'n, die Stadt des weltberühmten Kreen. Er ist zwar gut, doch nicht allein, dabei muss auch noch Rindfleisch sein. Ich habe Baiersdorf geseh'n, die Stadt des vielgenannten Kreen. Wird er mit Ochsenfleisch verspeist, so schmeckt er gut, obgleich er beißt."