Druckartikel: Geschäfte in Russland? US-Uni packt fränkische Unternehmen auf "Liste der Schande"

Geschäfte in Russland? US-Uni packt fränkische Unternehmen auf "Liste der Schande"


Autor: Daniel Krüger

Herzogenaurach, Donnerstag, 21. April 2022

Die US-amerikanische Yale-Universität hat online eine Liste mit Unternehmen veröffentlicht, die trotz des Ukraine-Kriegs ihre Aktivitäten in Russland nicht eingestellt haben sollen. Mehrere große Konzerne aus Franken sind dabei - und äußern sich nun.
Unter anderem Adidas steht auf der Liste der Yale-Universität zu den Russland-Aktivitäten. Kritisiert wird, dass sich der Konzern aus Herzogenaurach nicht vollständig zurückzieht.


  • Herzogenaurach/Bamberg: Mehrere fränkische Unternehmen auf "Liste der Schande"
  • Yale-Universität listet Firmen und ihre Russland-Aktivitäten auf
  • Sportartikelhersteller Adidas und Puma dabei 
  • Unternehmen aus der Region äußern sich zu Russland-Geschäften 

Es ist eine Übersicht, die derzeit für viel Aufregung und auch für Boykott-Aufrufe sorgt. Die US-amerikanische Yale-Universität hat online bedeutende Firmen aufgelistet - und ihre geschäftlichen Beziehungen in Russland anhand verschiedener Kategorien ausgewertet. Mehrere bekannte fränkische Unternehmen tauchen auf dieser medial als "Liste der Schande" betitelten Übersicht auf - ihnen wird vorgeworfen, sich nicht vollständig aus dem Land zurückzuziehen. inFranken.de hat die betroffenen Firmen kontaktiert. 

Fränkische Unternehmen angeprangert: Yale-Universität wirft Firmen Russland-Aktivitäten vor

So habe Puma etwa alle Warenlieferungen nach Russland ausgesetzt, halte sich aber Rückkehroptionen bewusst offen, so die Yale-Forschenden. Auch Adidas in Herzogenaurach habe die Geschäftstätigkeiten seit dem Krieg ausgesetzt, wolle sich aber nicht abschließend aus Russland verabschieden, so der Vorwurf. 

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Der Autozulieferer und Industrietechnik-Produzent Bosch landet sogar in Kategorie C der "Liste der Schande" - das sind Firmen, die zwar wichtige Geschäftsprozesse zurückgeschraubt hätten, andere aber weiterbetreiben würden. Bosch soll einige Teile seiner Produktion und Lieferungen ausgesetzt haben, aber nicht alle, wie es dort heißt. Der Gipsplatten- und Dämmstoffhersteller Knauf aus Iphofen (Kreis Kitzingen) soll "weiterhin an 14 Standorten in Russland tätig" sein und lediglich neue Investitionen aussetzen, heißt es. 

Auch der zur Schaeffler-Gruppe gehörende Reifenhersteller Continental kommt hinsichtlich seiner Russland-Aktivitäten bei der Yale-Universität nicht gut weg. Continental "nahm die lokale Produktion wieder auf, nachdem es zuvor den Betrieb in seiner russischen Fabrik ausgesetzt hatte", heißt es in der Übersicht. Damit zähle Continental auch zur Kategorie C.

Puma und Adidas schließen Geschäfte in Russland - zahlen Gehälter aber weiter

Dem Spielzeug-Giganten Simba-Dickie aus Fürth wird sogar vorgeworfen, "business as usual" in Russland zu betreiben - trotz Krieg. Gegen diese Darstellung wehrt sich das Unternehmen allerdings heftig - man mache überhaupt keine Geschäfte mehr in dem Land, so eine Sprecherin. Die Vermutung: Ein Irrtum wegen eines Namens. 

"Die Lieferungen nach Russland wurden ausgesetzt, unsere Stores in Russland sind temporär geschlossen. Wir zahlen die Gehälter unserer russischen Mitarbeiter weiter. Gemeinsam machen Russland und die Ukraine weniger als 5 Prozent unseres Gesamtumsatzes aus", erklärt Puma auf Anfrage von inFranken.de. Bei Adidas habe man "seine Partnerschaft mit dem Russischen Fußballverband ausgesetzt sowie den Betrieb seiner Geschäfte und seines Onlinehandels in Russland bis auf Weiteres eingestellt", so der Herzogenauracher Sportartikelproduzent. Der Lohn an die Beschäftigten werde weitergezahlt. 

Adidas beobachte die Situation "sehr aufmerksam". Man werde "bei Bedarf weitere Unternehmensentscheidungen treffen", heißt es. "Die Sicherheit und Unterstützung unserer Beschäftigten stehen dabei und zu jeder Zeit im Vordergrund", so ein Sprecher. Das Unternehmen weist auch auf Kleider- und Geldspenden für Menschen aus der Ukraine hin, die man getätigt habe. "Als Unternehmen bieten wir unseren Beschäftigten und ihren Familienangehörigen in der Region maßgeschneiderte Unterstützung in Form von Transport, Unterkunft, Kleidung und Lebensmitteln sowie psychologischer Betreuung an."

Bosch liefert Begründung für Russland-Aktivitäten - "geht nicht um geschäftliche Sicht"

"Bosch unterstützt die Sanktionen maximal", erklärt eine Sprecherin gegenüber inFranken.de. "Ein Großteil unseres Geschäfts mit russischen Kunden und in Russland ist unterbrochen und teilweise zum Stillstand gekommen – das gilt auch für die lokale Produktion, weitere deutliche Einschränkungen sind zu erwarten." Man erwarte "angesichts der Lage" keine Gewinne aus dem Russland-Geschäft mehr, heißt es von Bosch.

Aus Sicht von Bosch gebe es "noch für die Versorgung der normalen Bevölkerung relevante Aktivitäten, die nicht von den Sanktionen betroffen sind". Es gehe dem Unternehmen "nicht um die geschäftliche Sicht, sondern in erster Linie um unsere fürsorgliche Pflicht", heißt es. Man trage Verantwortung für 3500 Beschäftigte in Russland und zahle "auch dort Gehälter, wo nicht mehr gearbeitet werden kann".

Bosch produziere in Russland vor allem Konsumgüter, Thermotechnik und Fahrzeugersatzteile, "hauptsächlich für den lokalen Markt". Das Unternehmen habe im Jahr 2021 in Russland einen Umsatz von 1,2 Milliarden Euro erzielt, heißt es auf Anfrage. Keine Reaktion zu den Russland-Aktivitäten der Unternehmen auf der "Liste der Schande" binnen der gestellten Frist gab es hingegen von Knauf aus dem Kreis Kitzingen. 

Schaeffler-Schwester Continental verweist auf "harte strafrechtliche Konsequenzen"

"Wir sind in Gedanken bei den Menschen in der Ukraine. Die Kampfhandlungen müssen schnellstmöglich beendet werden", äußert sich ein Sprecher von Continental gegenüber inFranken.de. Der Reifenhersteller befolge und unterstütze "alle geltenden Sanktionen sowie rechtliche Vorschriften, die in Folge des Krieges in der Ukraine verhängt worden sind", heißt es. 

Gleichzeitig spricht das Unternehmen von einer Situation, die "äußerst komplex" sei. "So drohen unseren Mitarbeitern und Führungskräften in Russland harte strafrechtliche Konsequenzen, sollten wir darauf verzichten, die lokale Nachfrage zu bedienen", erklärt der Sprecher. Dies sei der Grund, warum man "die Produktion von Pkw-Reifen für den lokalen Markt in unserem Reifenwerk in Kaluga im Bedarfsfall temporär" wieder aufnehme.

Grundlage für diesen Schritt sei "die Fürsorgepflicht für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Russland", heißt es. Man verfolge damit aber "keinerlei Gewinnabsicht", so Continental zu den Vorwürfen auf der "Liste der Schande". Das Unternehmen Continental beschäftige in Russland etwa 1300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. "Der Anteil des Geschäfts in Russland am Gesamtumsatz von Continental beträgt insgesamt weniger als 1 Prozent", teilt der Continental-Sprecher mit.

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