Diagnose stellt wichtige Weichen
Danach geht es zunächst um die Erstversorgung und die richtige Diagnose - egal bei welcher Ausgangslage. "Eine professionelle, qualitativ hochstehende Behandlung und eine möglichst schnelle Diagnose. Das ist die Hauptverantwortung eines Notarztes", erklärt Zeilner. Die Diagnose am Einsatzort stelle schließlich die Weichen für die weitere Vorgehensweise. Danach richtet sich auch die Einweisung in eine Klinik. "Stimmt die Diagnose nicht und der Patient muss verlegt werden, geht wertvolle Zeit verloren." Wichtig sei jedoch auch, sich schnell zu entscheiden - damit nicht schon am Anfang zu viel Zeit verstreicht. "Im Zweifel helfen Erfahrung, Bauchgefühl und unsere inzwischen sehr gut ausgereifte Technik."
Und natürlich die zweijährige Ausbildung zum Notarzt (s. unten). Hier sei die Messlatte in den vergangenen Jahrzehnten immer höher gelegt worden. "Was auch eine höhere Hürde für den Nachwuchs bedeutet", erklärt Albert Prickarz, Kaufmännischer Leiter des Kreiskrankenhauses. Denn eigentlich sei der Beruf für junge Ärzte attraktiv, auch das Ansehen in der Bevölkerung sei hoch. Außerdem runde dieser zusätzliche Aspekt die medizinische Ausbildung gut ab, weil Ärzte Abläufe ganz anders kennenlernen, als wenn sie immer nur innerhalb der Klinik tätig seien.
Erst nachdenken, dann wählen
Dennoch fehlen Notärzte. Laut Prickarz hat das Krankenhaus St. Anna zwar eine gute Quote, Patienten sollten sich trotzdem vorher überlegen, ob es wirklich nötig ist, die 112 zu wählen. "Ein gebrochener Finger tut richtig weh, ist aber kein Fall für den Notarzt", erläutert Julian Zeilner. Ebenso Rückenschmerzen oder hohes Fieber. "Dafür gibt es den ,Hausarzt am Wochenende', den ärztlichen Bereitschaftsdienst." Dieser ist bundesweit kostenfrei unter der 116117 erreichbar (s. unten).
Denn wenn ein Notarzt unnötigerweise ausrücken muss, steht er für einen möglicherweise wirklich dringenden Einsatz nicht mehr zur Verfügung. "Das läuft dann auf längere Wartezeiten hinaus, was bei einem Herzinfarkt oder Schlaganfall weitreichende Folgen haben kann", appelliert der Mediziner an das Verantwortungsgefühl jedes Einzelnen.
Zum Thema Verantwortung ergänzt Albert Prickarz zudem, dass Unfallzeugen oder Angehörige im Zweifelsfall immer helfen sollten, bis ein Notarzt oder Rettungssanitäter da ist. "Lieber helfen und dabei etwas falsch machen, als nicht helfen", lautet das Credo. Ist dann der Fachmann vor Ort, könne - und müsse - man die Verantwortung an ihn übergeben. "Er hat die entsprechende Ausbildung und weiß, was zu tun ist."
Ausbildung und Zuständigkeit
Kriterien: Abgeschlossenes Medizinstudium; mindestens zwei Jahre Berufserfahrung; Facharztausbildung ist in Deutschland nicht notwendig; wenn vorhanden, spielt die ärztliche Fachrichtung keine Rolle. Zusatzausbildung: 80-stündiger Kurs; zweijährige Tätigkeit in einer Klinik mit Schicht- und Bereitschaftsdiensten; davon mindestens sechs Monate Erfahrung auf Intensivstation, in der Notaufnahme oder in der Anästhesie; 50 Einsätze gemeinsam mit einem erfahrenen Notarzt.
Dienst: Kliniken übernehmen die Notarztdienste am Tag; niedergelassene Ärzte nachts.
112 ist die Nummer für Notarzt und Rettungsdienst. Sie sollte nur gewählt werden, wenn wirklich sofort ein Arzt nötig ist. Zum Beispiel bei Bewusstlosigkeit, schwerer Atemnot, starken Brustschmerzen, Herzbeschwerden, nicht stillbaren Blutungen, Vergiftungen, Stromunfällen, Suizidversuchen, akuten Krampfanfällen.
116117 ist die Nummer für alle anderen Erkrankungen, die aber nicht bis zur nächsten Praxisöffnungszeit warten können. Zum Beispiel Erkältung mit Fieber über 39 Grad, anhaltender Brechdurchfall, starke Hals- oder Ohrenschmerzen, akute Harnwegsinfekte, Schnittverletzungen, akute Rücken- oder Bauchschmerzen.