Erlanger Mega-Baugebiet fällt durch

2 Min
Die Landwirte Josef Nagel (mit Hut) und Jürgen Kern haben für den Erhalt der Äcker im Stadtwesten mit einer aufwendigen Kampagne erfolgreich geworben. Foto: Alexandra Leucht
Die Landwirte Josef Nagel (mit Hut) und Jürgen Kern haben für den Erhalt der Äcker im Stadtwesten mit einer aufwendigen Kampagne erfolgreich geworben.  Foto: Alexandra Leucht
Die freien Flächen zwischen Erlangen und Herzogenaurach bleiben erhalten. Foto: Alexandra Leucht
Die freien Flächen zwischen Erlangen und Herzogenaurach bleiben erhalten.    Foto: Alexandra Leucht
 

Mit einer deutlichen Mehrheit lehnen die Erlanger einen neuen Stadtteil im Westen der mittelfränkischen Universitätsstadt ab. Die Landwirte freuen sich.

Jürgen Kern steht mit einem breiten Grinsen in seinem Feld. "Ich freue mich riesig über den Ausgang des Ratsentscheids", sagt der Landwirt nach dem entscheidenden Urnengang, der parallel zur Landtagswahl am Sonntag in Erlangen stattgefunden hat. Darin sind die Bürger vom Stadtrat gefragt worden, ob diese "vorbereitende Untersuchungen für einen neuen Stadtteil im Stadtwesten" unterstützen würden.

Rund 55 Prozent der Wahlberechtigten haben mit "Nein" gestimmt, so dass die im Mai vom Stadtrat beschlossenen Untersuchungen zum geplanten Mega-Baugebiet "West 3" nicht fortgeführt werden können. Oberbürgermeister Florian Janik (SPD) hat das Votum bereits als "Niederlage" bezeichnet und sich "enttäuscht" über den Ausgang der Abstimmung gezeigt. "Demokratie bringt auch Niederlagen und dieses - wenn auch knappe - Abstimmungsergebnis ist eine Niederlage", sagte Janik, der auf dem 200 Hektar großen Areal zwischen Büchenbach und Herzogenaurach "bezahlbaren Wohnraum" schaffen wollte.

Landwirte glaubten Janik nicht

Bei den Landwirten herrscht dagegen Jubelstimmung. Viele sind wie Antonius Körner noch immer sauer auf den Oberbürgermeister. Das Stadtoberhaupt habe die Bauern überrumpeln wollen und "heimlich, still und leise" die Stadtentwicklungsmaßnahme durch den Stadtrat peitschen wollen. Außerdem habe Janik den Bürgern "vorgegaukelt", dass im Stadtwesten bezahlbarer Wohnraum entstehen werden. Darüber können viele Landwirte nur lachen.

"Ich habe sechs Kinder. Alle würden gerne hier wohnen. Für Normalverdiener ist Erlangen doch schon lange unbezahlbar geworden", sagt Johann Dengler, der im geplanten Bebauungsgebiet viele Ackerflächen gepachtet hat, und verweist auf die hohen Immobilienpreise in den jüngsten Neubaugebieten im Westen.

Protest mit Traktoren

Gemeinsam sind die Bauern auf die Barrikaden gegangen. Mit Traktoren haben sie gegen den Verlust der letzten Ackerflächen zwischen dem Erlanger Stadtwesten und der immer näher heranrückenden Sportmarken-Metropole Herzogenaurach protestiert. Daraufhin hat der Oberbürgermeister die Flucht nach vorne angetreten und einen Ratsentscheid auf den Weg gebracht.

"Wohnraum gegen Ackerflächen" lautete der heimliche Titel dieser Auseinandersetzung, in der die Bauern zum Erstaunen vieler Beobachter mit einer schlagkräftigen Kampagne viele Bürger erreichen konnten. Eine junge Frau, deren Reitstall auf dem geplanten Areal des neuen Baugebiets steht, machte professionelle Fotos von den Landwirten. Mit tausenden Unterstützern wurde ein buntes "Ackerfest" gefeiert. Kurz vor dem Urnengang hat die Initiative eine Kundgebung in der Stadt organisiert. Viele Oppositionsparteien wie die CSU oder die ÖDP haben sich von Anfang an auf die Seite der protestierenden Landwirte gestellt.

CSU will kleine Baugebiete

Der CSU-Fraktionsvorsitzende Jörg Volleth warnte beispielsweise vom "Ende der landwirtschaftlichen Betriebe im Stadtwesten", falls die Ampelkoalition das Ratsbegehren gewonnen hätte. Volleth will keine Wohnungen im Westen verhindern. Die CSU will kleinere Baugebiete schrittweise gemeinsam mit den Grundstückseigentümern und Landwirten entwickeln. Auf der anderen Seite hat sich besonders Oberbürgermeister Janik (SPD) lautstark im Verein mit dem grünen und gelben Koalitionspartner in der Rathaus-Ampel für "West 3" eingesetzt.

"Diese Niederlage wird am Oberbürgermeister haften bleiben", ist sich Volleth sicher und verweist auf die "Gutsherrenart", mit der Janik das Projekt durchziehen wollte. Im Stadtwesten habe Florian Janik "verbrannte Erde" hinterlassen, findet der CSU-Chef.

Die ÖDP will dagegen die Äcker langfristig vor dem Flächenfraß schützen. "In anderen Regionen verfallen Häuser und werden Arbeitsplätze abgebaut", ärgert sich ÖDP-Stadträtin Barbara Grille. Einen neuen Masterplan für die Region würden auch die Landwirte in der boomenden Hugenottenstadt begrüßen. Damit ihre Äcker nicht bald doch in Bauland verwandelt werden. Grille ärgert sich, dass die Ampelkoalition im Rathaus "die Menschen für doof" verkaufen wollte. Junge Familien mit geringem Einkommen hätten in dem neuen Stadtteil kaum bezahlbaren Wohnraum vorgefunden, ist sich Grille mit Blick auf die bereits bestehenden Neubaugebiete "West 1" und "West 2" sicher.