Erlangen: OB Janik zeigt Falschparker an - Darf er das?

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Das umstrittene Schreiben. Foto: privat
Das umstrittene Schreiben. Foto: privat
 

In seiner Freizeit betätigt sich der Erlanger Oberbürgermeister Florian Janik offensichtlich als Ordnungshüter. Ein Autofahrer hat das zu spüren bekommen.

An einem Sonntag im Mai in Erlangen. Im Hintergrund dreht sich das Riesenrad auf dem Berg. Der Oberbürgermeister Florian Janik (SPD) radelt in seiner Freizeit durch die Wiesen am Fluss. Nördlich des Westbades entdeckt Janik einen weißen Audi. Es ist der Wagen von Jochen H. Der Rest der Geschichte geht so.

Am 30. Mai findet der verdutzte Autofahrer plötzlich einen Brief des Rechtsamtes der Stadt Erlangen mit den folgenden Worten in seinem Briefkasten: "Nach einer uns vorliegenden Anzeige des Oberbürgermeisters der Stadt Erlangen" war ihr Pkw "am 15. Mai gegen 15.30 Uhr im Landschaftsschutzgebiet Regnitztal (nördlich des Freibades West, in der Verlängerung der Stichstraße in der Damaschkestraße) widerrechtlich geparkt". Mit 40 Euro könne der gescholtene Bürger die Sache aus der Welt schaffen. Die Begegnung schildert der vom Stadtoberhaupt höchst persönlich überführte Missetäter so: "Wer kennt jemanden, der Sonntags (während der Bergkerwa) mit dem Fahrrad durch Erlangen fährt, mit dem Handy Fotos von falsch geparkten Autos macht und die Fahrer dann anzeigt?", fragt der Erlanger auf seiner Facebook-Seite und schiebt die Antwort gleich hinterher: "Unser Oberbürgermeister und vorbildlicher Hilfssheriff Florian Janik."

Dass das komisch klinge, wisse der promovierte Akademiker selbst. Es sei aber tatsächlich so, dass das Stadtoberhaupt in seiner Freizeit nichts besseres zu tun habe, als Falschparker zu fotografieren und später höchst persönlich anzuzeigen, empört sich der gescholtene Bürger. Der behauptet freilich, dass er in dem Schutzgebiet überhaupt nicht geparkt habe. "Auf die Aussage, dass wir nur kurz ausladen und gleich weg sind, flötete er [der Oberbürgermeister der Stadt Erlangen, Anm. NP] noch fröhlich im Vorbeifahren: ,Ist aber trotzdem verboten ... !`" Der Bürger hat nun mit beißender Ironie geantwortet und eine lange Liste mit "anspruchsvoller Arbeit für dienstbeflissene Staatsdiener ohne Hobbys an langweiligen Sonntagen" im Internet veröffentlicht.

Die Freizeitvorschläge für selbsternannte Ordnungshüter reichen vom Nachmessen der Temperatur des Wassers im Dechsendorfer Weiher bis zum Drogenscreening im Altenheim.. In den sozialen Netzwerken im Internet hat der empörte Bürger auch das Schreiben des Rechtsamtes mit der Überschrift "Vollzug des Ordnungswidrigkeitengesetzes - Verstoß gegen die Landschaftsschutzverordnung" veröffentlicht. Auf Facebook sorgt der Fall für Kritik am Verhalten des Oberbürgermeisters. Die Kommentare reichen von "dickes Ding" bis "hätte ich nicht gedacht".

Aus dem Rathaus heißt es, dem Oberbürgermeister sei es nicht um das Parkvergehen sondern um das Landschaftsschutzgebiet gegangen. "Es wäre nicht nachvollziehbar, wenn die Stadtverwaltung hier sogar auf die Hilfe von ehrenamtlichen Naturschutzwächtern zurückgreift und der Oberbürgermeister in Kenntnis der Problematik ein Auge zudrückt`", findet Janik. Das fragliche Auto habe auf einer Wiese an einem Weg, der nicht befahren werden darf, gestanden. Sein Sprecher hat mitgeteilt, dass Janik als Privatmann an dem fraglichen Sonntag unterwegs gewesen sei.

In seiner schriftlichen Stellungnahme weist der OB darauf hin, dass es in dem Landschaftsschutzgebiet nördlich des Westbades "trotz eindeutiger Beschilderung wiederholt zu Verstößen" komme. Deshalb würden "verstärkt ehrenamtliche Naturschutzwächter eingesetzt, die für die Einhaltung der Landschaftsschutzverordnung sorgen".

Wie oft der Oberbürgermeister schon als Hobby-Naturranger fungiert hat, diese Frage hat Janik unbeantwortet gelassen. Unklar ist auch, warum das Rechtsamt geschrieben hat, es liege eine Anzeige "des Oberbürgermeisters der Stadt Erlangen" und nicht eine Anzeige des ehrenamtlichen Naturschutzwächters Florian Janik vor. Auf entsprechende Nachfrage sagt Juliane Kreller, die Leiterin des Rechtsamtes, dass Janik als Amtsträger gehandelt habe.

Für den renommierten Juristen Max-Emanuel Geis ist der Fall dagegen ziemlich eindeutig. Ein Amtsträger handelt als Privatperson, wenn er am Sonntagnachmittag mit dem Fahrrad unterwegs ist, ist sich der Inhaber des Lehrstuhls für Deutsches und Bayerisches Verwaltungs- und Staatsrecht an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen sicher. Kreller sagt, Janik habe die Mail mit dem Foto des Fahrzeuges noch am Sonntag um 15.45 Uhr an das Rechtsamt verschickt. Die zuständige Abteilung für Ordnungswidrigkeiten habe die Anzeige am Mittwoch erreicht. Grundlage für das Schreiben und das ausgesprochene Verwarnungsgeld hätten laut Kreller die Aussage des Oberbürgermeisters und Fotos des Fahrzeugs mit Kennzeichen gebildet. Das Amt hat den Fall schnell bearbeitet. Am gleichen Tag hat das Rechtsamt den Brief an den verdutzten Bürger geschickt.