Eine unscheinbare Fläche hinter dem Rathaus zwischen Lieferanteneingang und Parkhauszufahrt will die Stadt nach dem Begründer des Freistaates benennen.
Der eine Held bekommt ein Standbild. Der andere einen Triumphbogen. In Erlangen will die Ampelkoalition im Rathaus den sozialdemokratischen Gründervater des Freistaates Bayern, Kurt Eisner, mit einem Platz würdigen. An dessen Größe scheiden sich allerdings die Geister.
Gleich hinter dem Erlanger Rathaus liegt der zukünftige Kurt-Eisner-Platz. Auf den ersten Blick ist eine "Piazza" kaum zu erkennen. Der Platz, der pünktlich zum 100. Geburtstag des Freistaates den Namen des ersten Ministerpräsidenten der Bayernrepublik erhalten soll, erinnert eher an einen Hinterhof. Im Schatten des nüchternen Rathauses befindet sich der Lieferanteneingang. Im Norden des zukünftigen Eisner-Platzes steht ein Parkhaus nebst den Überresten einer stillgelegten Tankstelle.
"Man braucht schon viel Fantasie, um bei der Örtlichkeit überhaupt einen Platz zu erkennen", kritisiert der CSU-Fraktionsvorsitzende Jörg Volleth und wundert sich über die Entscheidung der von der SPD angeführten Ampelkoalition. Dass sich die Erlanger Sozialdemokraten mit der Platzwahl einverstanden erklärt hätten, habe Volleth ebenso wie seine CSU-Parteifreunde mit Verwunderung zur Kenntnis genommen. "Wäre Kurt Eisner ein CSU-ler gewesen, hätten wir den Platz als nicht würdig empfunden", ist sich Volleth sicher und würdigt Kurt Eisner mit Verweis auf seine politischen Taten als "bedeutenden Sozialdemokraten". Schließlich habe Eisner den Freistaat Bayern ausgerufen und sei dessen erster Ministerpräsident gewesen.
Selbst Oberbürgermeister Florian Janik (SPD) findet die Platzwahl offensichtlich nicht perfekt. "Es gibt schönere Plätze in Erlangen als den künftigen Kurt-Eisner-Platz", gibt das Stadtoberhaupt zu. Janik erinnert daran, dass sich der Stadtrat die Entscheidung nicht einfach gemacht habe. Zunächst sollte der Langemarckplatz in der Hugenottenstadt nach dem großen Bayernpolitiker umbenannt werden.
Es sollte im Herzen der Stadt sein
Doch um diesen Platz, dessen Name auf den in der Weimarer Zeit entstandenen und später in der NS-Zeit weiter benutzten "Langemarck-Mythos" aus dem Ersten Weltkrieg zurückgeht, habe sich laut Janik in der Universitätsstadt in den letzten Jahren eine kritische Erinnerungskultur gebildet. "Diese hätten wir mit einer Umbenennung beendet", erklärt Janik die Entscheidung, den größeren und repräsentativeren Langemarckplatz zwischen dem Hotel Bayerischer Hof und der Studenten-Mensa nicht nach dem 1919 ermordeten Begründer des Freistaates umzubenennen.
Auch eine Straße in den Außenbereichen der Stadt wäre aus Sicht des Stadtrates laut Oberbürgermeister Janik der Bedeutung Kurt Eisners nicht gerecht geworden. "Denn wir wollen dem Ringen um die erste bayerische Republik im Herzen der Stadt gedenken."
Für Janik bietet das nun ausgewählte Eisner-Plätzchen sogar Vorteile. Immerhin würde die Rückseite des Rathauses von vielen Menschen frequentiert. Zudem liege der zukünftige Eisner-Platz in unmittelbarer Nähe zur neuen Wissenschaftsachse zwischen Himbeerpalast und Kollegienhaus. Außerdem kündigt Janik an, dass er es nicht bei der Änderung des Namens mit der Heldenverehrung bewenden lassen wolle. "Mir ist es wichtig, nicht mit der Benennung aufzuhören, sondern einen Ort zu gestalten, der durch Informationen und vielleicht auch Kunst viele Menschen zum Nachdenken anregt." Konkrete Pläne gibt es für eine Umgestaltung der Rückseite des Rathauses aber noch nicht. Der Stadtrat hat bislang nur 300 Euro für die Anschaffung eines Schildes als Investitionskosten bewilligt.