Eine Fest des lyrischen Jazz

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Flügelhornist Markus Stockhausen begeisterte im Höchstadter Schlossgewölbe, Foto: Rudolf Görtler
Flügelhornist Markus Stockhausen begeisterte im Höchstadter Schlossgewölbe,  Foto: Rudolf Görtler

Mit Markus Stockhausen und Florian Weber waren im Höchstadter Schlossgewölbe zwei Virtuosen der improvisierten Musik zu Gast.

Es ist immer wieder erstaunlich, welche Hochkaräter Ariane Ranger für ihre jazz!3-Reihe findet und verpflichtet: grandiose Konzerte an einem Standort, der nicht gerade als Zentrum künstlerischer Glanzleistungen bekannt ist, und das zu einem moderaten Eintrittspreis. Musikalische Glanzlichter, die jeder Großstadt zur Ehre gereichen würden, erleuchten dreimal jährlich das Schlossgewölbe.

Sohn des Komponisten

So auch am Freitagabend. "Lyrisches" werde zu hören sein, kündigte die Veranstalterin an, und so war es auch - aber nicht nur. Markus Stockhausen und Florian Weber gastierten in dem akustisch überraschend ansprechenden und wie üblich voll besetzten Raum. Stockhausen? Ja, der 61-Jährige ist ein Sohn eines der bekanntesten Komponisten des 20. Jahrhunderts, eines Protagonisten einer inzwischen schon Alt-Avantgarde. Karlheinz Stockhausen: ein legendärer Name. Doch der Sohn hat das Ghetto der Neuen Musik verlassen, brilliert in Jazz, Jazzrock, Weltmusik. Und hat mit dem Pianisten Florian Weber, knapp 41 Jahre alt, einen kongenialen Partner gefunden, mit dem er bereits mehrere CDs einspielte. Ausgezeichnet mit dem WDR-Jazzpreis für Improvisation, bewies Weber in dem absolut gleichberechtigt in Soli und Kompositionen auftretenden Duo, wie sehr er sich diese Auszeichnung verdient hat.

Denn Improvisieren wollten die beiden, wie Stockhausen (Flügelhorn und diverse Trompeten) zu Beginn des Konzerts ankündigte, was ja die Seele des Jazz ausmacht: "Das Wichtigste passiert immer im Jetzt!" Wer mit Jazz etwa vornehmlich Bebop und Hardbop assoziiert, vielleicht tagelang fast nur Dizzy Gillespie gehört hat (wie der Schreiber), der wird sich die Ohren gerieben haben. In der Tat lyrisch, melancholisch oft, klang das Duo in Stücken mit Namen wie "Zephir", "Befreiung" oder "Die weise Zauberin", wozu auch der im Vergleich zur Trompete weichere, gedämpftere Klang des Flügelhorns beitrug.

Stille als Stilmittel

Doch vor allem Weber spielte sich regelrecht in Trance, sang bei seinen ausgedehnten Improvisationen leise mit, ließ von Ragtime über Klassisches alle möglichen Einflüsse in die rhythmisch und harmonisch vertrackten Kompositionen einfließen. Da konnte es auch schon mal lauter werden, ostinat stampfend; andererseits spielten Stilmittel wie längere Pausen und Stille in einem Stück wie "Nicht umsonst" keine kleine Rolle. Düstere Landschaften evozierten diese oft elegisch schwebenden Klänge, November, Herbst. Ideal als Soundtrack, hat doch schon Miles Davis" Filmmusik zu "Fahrstuhl zum Schafott" ähnlich melancholisch geklungen.

Perfekte Virtuosen

Handwerklich perfekte Virtuosen sind die beiden obendrein. Weber beherrscht Begleit-Vignetten, die an Impressionistisches à la Debussy erinnern, ebenso wie Raum füllende Solopassagen, während Stockhausen oft in rasenden Tempi die Ventile glühen lässt. Allerdings kann er die Verwandtschaft nicht leugnen: Spirituelles wie eine Vertonung des Vaterunser, Stücktitel wie "Mondtraum" oder etwas versponnene Moderationen verraten die Nähe zu der geistigen Welt des Vaters. Jedoch kann das Duo auch rasend schnell Freejazziges wie in "Yahoo".

Im Januar geht es weiter

Ein fantastisches Konzert also, wieder einmal. Bleibt die Vorfreude auf die nächste Saison "jazz!3". Am 25. Januar geht es los mit dem Martin Fabricius Trio. Die Vorfreude können auch kleine Versehen im Veranstaltungs-Flyer nicht trüben ...