Das Unentschieden der deutschen Elf gegen Ghana wirft die Fans nicht aus der Bahn. Ein bisschen enttäuscht waren sie aber schon, dass selbst Martin Oberle mit seiner Trompete Jogis Jungs nicht zum Sieg spielen konnte.
Was macht die schönste Nebensache der Welt noch schöner? Wenn man sie im Kreise Gleichgesinnter genießt! Emotionen, Anfeuerungsrufe und auch mal einen abgedroschenen Spruch rauslassen kann. Die Kieferndorfer, eine kleine, aber eingeschworene Dorfgemeinschaft, hatte sich zum Deutschlandspiel gegen Ghana ihr ganz privates kleines Public Viewing beschert. In einer alten Scheune und mit viel Spaß am Fußball. Eine Wand aus Rigipsplatten, fein säuberlich verfugt und geschliffen, diente als Großleinwand.
Martin Oberle, als JL-Stadtrat und Karpfen-Experte prominenter Kieferndorfer, sammelte vor dem Anpfiff eifrig Wetten ein. Wohl etwas übermütig aus dem Spiel gegen Portugal hatten die meisten auf "Sieg für Deutschland" getippt. Um es gleich vorweg zu verraten: Von den 43 abgegebenen Tipps trafen am Ende drei ins Schwarze. Oberle selbst hatte sich mit 4:2 etwas zu weit vorgewagt. Seine Frau Shanti traute den Ghanaern überhaupt keinen Treffer zu und erwartete ein 4:0 für die deutsche Mannschaft. Ein Wett-Ausreißer war auch dabei: Sein Tipp lautete 8:0 für Deutschland.
Alles ruhig und sehr verhalten! Das beschreibt die Stimmung in der Scheune während der ersten Halbzeit am ehesten. Dennoch entstand schon der Eindruck, dass man sich in der Elf aus Westafrika doch etwas verschätzt hatte. War da so etwas wie Furcht zu spüren, diese leidenschaftlichen, zu allem bereiten Afrikaner könnten Deutschland einfach so überrollen?
Chancen über Chancen für die deutsche Mannschaft, schade nur, dass sie nicht umgesetzt wurden. Da schlug schon mancher Kieferndorfer die Hände vors Gesicht. "Hau doch mal ans aus der zweiten Reiha nei", war aus dem Hintergrund zu vernehmen. Erst mit dem Tor von Mario Götze machte sich echtes Fußballfieber breit. Dann aber Schmerz und Enttäuschung beim Ausgleich und - wie furchtbar - beim Führungstor für Ghana. "Schau mal, wie die zamspieln", war mehr als ein verstecktes Lob für die Afrikaner. Auf der Leinwand tanzten die Ghanaer, in Kieferndorf kehrte eher Stille ein. Dann aber brachte Kloses Ausgleich in der 71. Minute erneut Hoffnung, Jubel, Umarmungen und Martin Oberles Griff zur Trompete: "Oh, wie ist das schön" war genau das, was die Kieferndorfer fühlten.
"Hopp etz", "hau an nei" - es half alles nichts. Es blieb beim 2:2 in Fortaleza. Ein bisschen enttäuscht, aber irgendwie zufrieden, waren die Kieferndorfer Fans. "Ein anstrengendes, aufregendes, aber auch ein schönes Spiel", zog Günter Geyer Bilanz. "Die waren sehr gut, zwei gleich starke Mannschaften." Das Ergebnis sei somit durchaus gerecht. Und wie schaut's aus mit dem Spiel gegen die USA am Donnerstag? "Die pack' mer!" Hoffentlich behält er Recht, der Kieferndorfer Günter Geyer.