Immer 100 Tage nach Faschingssonntag beginnt in Erlangen die fünfte Jahreszeit. Die wahren Freunde der Bergkirchweih feiern diesen Termin mit selbst gebrauten Bieren, einer zünftigen Brotzeit und dezenter Blasmusik.
Wenn am Faschingssonntag Posaunenklänge vom Erlanger Bergkirchweihgelände erschallen, dann ist das noch nicht der "Berg", aber der bedeutende Hinweis, dass es nur noch 100 Tage bis dahin sind.
Und da es sich beim "Berg" in Erlangen um die fünfte Jahreszeit handelt, muss der Countdown am Faschingssonntag in Erlangen richtig angezählt werden. Auch in diesem Jahr war das Treffen hauptsächlich etwas für die einhundertprozentig Überzeugten. Die musikalische Umrahmung übernahm der Bläserchor Frauenaurach unter Ernst Moritz. Nach elf Uhr, als der Klang der Glocken der Altstädter Kirche verhallt war, stimmten die Musiker ein Stück an und es wurde das erste Bier gezapft.
Dazu zählte ein gestiftetes 30-Liter-Fässchen Storchenbier der Steinbach-Brauerei. Es fließt als die beliebteste Sorte bei Steinbach aus dem Zapfhahn, wie Braumeister Roman Gause verriet, der von Seniorchef Dieter Gewalt unterstützt wurde.
"Damit sind wir auf der sicheren Seite, auch wenn zur Zeit 'Goldblondchen" bei Steinbach ausgeschenkt wird", meint er nur.
Außerdem waren noch weitere Gebinde mit flüssigem Gold aus der Region vor Ort, aus denen meist gegen eine kleine Spende gezapft werden konnte. So von der Junkersdorfer Kommunbrauerei der "Archivator", den Kurt Adler in einem 15 Liter-Fass mitgebracht hatte. Die Anregung zu diesem bereits im Herbst eingebrauten Bier ging auf eine Anregung von Erlangens Archivchef Andreas Jakob zurück. Außerdem gab es ein Junkersdorfer Kellerbier im 30-Liter-Fass.
Ein "Weizenspunk" Mit dabei war von Jürgen "Sommi" Sommer ein "Weizenspunk", ein stark gehopftes Weizenbier, das aber im Abgang recht sanft ist, wie Sommer versicherte.
Den Namen hat er dem Bier in Anlehnung an Pippi Langstrumpf von Astrid Lindgren gegeben, die in einer Geschichte einen Spunk erfunden hatte, den allerdings niemand je zu Gesicht bekam.
Rene Ermler hatte ein "Stout" mitgebracht, ein englisches, dunkles Bier, das einem Guiness gleicht. "Das Spezialmalz, den Hopfen und die Hefe habe ich mir über das Internet direkt aus England besorgt. Die Zutaten verleihen dem Bier die einzigartige Note!"
Vertreten war der Verein zur Förderung der fränkischen Braukultur durch seinen ehemaligen Vorsitzenden Franz König. Zu seiner Zeit als Vorsitzender wurde von ihm jeder Neuankömmling zum Brauen eingeladen. An Josefi (19. März) gibt es bei ihm den nächsten Sud. "Josefi war früher wichtig als Zeitpunkt für das Sommerbier, das nicht so stark war", erklärte König. Am 30.
September war dann das so genannte Biersilvester, der Startzeitpunkt für das gehaltvollere Winterbier.
Dass sich trotz der feuchten Witterung nicht wenige Erlanger, ganze Familien mit Kind und Kegel, alte Erlanger und Neubürger auf dem Erich-Keller eingefunden hatten, spricht für die Bedeutung des Termins. Bei schönem Wetter kann schließlich jeder kommen, war die einhellige Meinung. Aber wenn die Umrahmung stimmt, passt das natürlich noch viel besser.
Brezen und Bratwürste Horst Behr von der Bäckerei Ossmann in Ermreuth hatte Salzstangen mitgebracht. Als "Unterlage" waren Gulden-Brezen sehr geeignet, die Bäckermeister Georg Gulden höchstpersönlich vorbeibrachte.
Außerdem versorgte die Familie Heinz und Rosi Müller, die alljährlich mit einem Bratwurststand und Müllers Bergstation am Weller-Keller am Berg vertreten ist, die Hungrigen mit fränkischen Bratwürsten.
Seit 1983, also heuer zum 31. Mal, werden mit einer Zeremonie die letzten 100 Tage bis zum Berg angezählt. Einer der Initiatoren, Hannes Hacker, ist auch jetzt immer noch dabei. Für ihn ist diese Auftaktveranstaltung schöner als die eigentliche Kerwa, weil sich hier alles auf das Wesentliche reduziert: gutes Bier, eine gute Brotzeit und vor allem keine laute Musik. Eigentlich der gleiche Antrieb wie bei einem Frühschoppen auf einem richtigen fränkischen Bierkeller. Und am liebsten ohne kommerzielle Seiten. "Wer von dem mitgebrachten Bier zapft, zahlt einen kleinen Obolus. Und auch das Essen wird aus eigenem Antrieb mitgebracht. Wir hätten gerne, dass es so bleibt", sagte Hacker.
Der Beginn um 11 Uhr wurde gewählt, damit sich die Interessenten danach noch auf den Weg nach Bruck zum Faschingszug machen konnten.
Nach diesem gelungenen Auftakt steht eigentlich einer guten Bergkirchweih nichts mehr im Wege. Es ist zu hoffen, dass das Wetter zur Bergkirchweih gut ist. Schließlich handelt es sich heuer, bedingt durch den frühen Ostertermin, um eine Bergkirchweih Mitte Mai. Man kann gespannt sein.