Bei Club-Fans in Adelsdorf flossen nach Abstieg keine Tränen

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Die Club-Fans verfolgten den Abstieg ihres Vereins eher schweigend. Die Luft war bei ihnen raus. Fotos: Pauline Lindner
Die Club-Fans verfolgten den Abstieg ihres Vereins eher schweigend. Die Luft war bei ihnen raus. Fotos: Pauline Lindner
Tobias schaute mit seiner Mutter Silke das Spiel an.
Tobias schaute mit seiner Mutter Silke das Spiel an.
 
 
 
 
 
 

Adelsdorfer Club-Fans ertragen die Niederlage im entscheidenden Spiel mit Fassung. Nur der zehnjährige Tobias hoffte bis zum bitteren Ende.

Samstags hieß so um 1968 für Schulkinder immer, im Garten mithelfen. Fußballbegeisterte Kinder hatten Glück, wenn sie einen Nachbarn oder einen Vater hatten, der im Kofferradio die Übertragungen der Clubspiele dabei anhörte. Wenn sie richtig Glück gehabt hatten, hatten sie auch damals so das entscheidende Spiel des 1. FCN um die deutsche Meisterschaft miterleben können.

Das entscheidende Spiel, als die Mannschaft unter Trainer Max Merkel den Titel einheimste und als Rekordmeister gefeiert wurde. Ist schon eine Weile her. Der zehnjährige Tobias Großkopf kann sich das so nicht vorstellen. Er wartet mit einer Gruppe erwachsener "Glubb"-Fans auf den Anpfiff auf Schalke. Auf einem Riesenbildschirm kann er die Live-Übertragung aus Gelsenkirchen auf dem Bezahlsender Sky verfolgen. Fast, als wäre er wirklich dabei.

Erst seit kurzem Fan

Tobias probiert aus, von welchem Stuhl er am besten mitfiebern kann. "Er ist erst seit zwei, drei Wochen ein Clubfan", erzählt seine Mutter Silke. Da muss er wohl die Unkenrufe eines Mitguckers nicht gehört haben. Er will schon vor acht Wochen gewusst haben, dass sein Verein absteigt, wie er eineinhalb Stunden später ein paar Mal verkündet.

Die zweite Halbzeit - das zweite Tor der Schalker Minuten vor dem Pfiff hat ihm wohl den seelischen Garaus gemacht - hat der Pessimist gar nicht mehr so recht mitverfolgen wollen. Die längste Zeit verbarg er sein Gesicht zwischen den Händen auf dem Tisch. Auch bei den anderen Zuschauern ist die Luft draußen. Nur Tobias hält sich wacker. Er steht sogar auf, als hoffe er bis zur 90. Minute, dass sich das Spielglück des Club noch wendet. Stefan, mit Spitznamen Kawa, sieht es ganz anders. Zu dem recht aufgeregten Buben sagt er: "Da kann man wenigstens beruhigt schlafen."

Es fallen kaum mehr Kommentare zum Spielverlauf. Das ganze Grüppchen wirkt lethargisch. Selbst der Hinweis, dass der Club nach jedem Abstieg in der Folgesaison wieder an der Tabellenspitze der niedrigeren Liga war, wird nicht geglaubt. Haben doch schon die 6000 Clubfans im Gelsenkirchner Stadion - darunter etliche Freunde und Bekannte der hier vor dem Bildschirm Sitzenden - ihrem Unmut deutlich Ausdruck verliehen. "Sie drehen ihm bildlich den Rücken zu", kommentiert denn auch Marcus Lindemann die herangezoomte Fankurve.

In der ersten Hälfte war die Stimmung noch anders. Trotz des frühen Tors der Schalker. Klar, selbst noch bei der dritten Wiederholung in Zeitlupe fällt in Adelsdorf noch mal der Satz: "Das gibt's doch nicht." Als auch der Moderator mit ruhiger Stimme wiederholt: "So das 25. Gegentor für die Nürnberger". Das weiß jeder im Raum: Fünf Niederlagen in Folge und der letzte Sieg (gegen Augsburg) ist fast ein Vierteljahr her.

Lautstarke Kommentare

"Schau no", brüllt einer in der 18. Minute auf, der sich mit seinem T-Shirt zu Frankonia Fantastica bekannt. Doch keine zwei Minuten später, haut er fest auf den Tisch: "Naa, naa!" Seim Glubb hat die Chance vor dem Schalker Tor vermasselt. Der Ball, der vom Pfosten abprallt, die fünfte Ecke für Schalke, alles wird lautstark und heftig kommentiert.

Tobias ist ganz Auge und Ohr. Doch dann lässt das Spieltempo merklich nach. "Nu langsamer, meine Herrn", dröhnt es unwirsch und theatralisch aus einer Ecke. "Kommt scho kaaner no", kommentiert ein andere gleich weiter. Irgendwie warten alle schon auf den Pausenpfiff. Ja, und dann fällt auch noch der zweite Treffer. "Der Kaschper", schreit einer. Meint er den Torschützen oder jemanden von der Abwehr?

Und so fällt auch der inoffizielle Kommentar zur Halbzeit aus: "Die brauchen jetzt drei Tore; aber die schießt kaaner von uns, außer der Torwart." - Schalke und FCN, das ist wie Sodom und Gomorrha", hängt der an, der sich jetzt bei etwas mehr Licht als Markus vorstellt.

Den Schlusssatz darf man aber nicht unterschlagen: "Zweite Liga, der Club, wir sind dabei."