Wildschweine sorgen im Landkreis immer wieder für Schäden. Jäger und Bauern suchen gemeinsam nach Lösungen.
Landwirt Oliver Truckenbrodt ist sauer. Immer wieder kommen Wildschweine aus dem nahe gelegenen Waldgebiet und machen sich über seine Wiesen und Felder her. Auch andere Landwirte in der Region haben Probleme. "Im Frühjahr und im Herbst sind die Tiere besonders aktiv", erklärt Truckenbrodt. Auf seinen Wiesen suchen sie sich eine Eiweißmahlzeit, als Ergänzung zu den Bucheckern, die die Tiere im Wald fressen. Mit ihren Rüsseln graben sie in Wiesen nach Würmern - und hinterlassen Verwüstung.
Doch nicht nur Wiesen hat das Schwarzwild im Visier, auch Maisfelder haben es ihm angetan. "Wenn wir im April säen, dann gehen die Wildschweine über den Acker und lesen der Reihe nach die Körner wieder auf", sagt Truckenbrodt. Ist der Mais aufgewachsen, dann schnappen sich die Tiere gleich ganze Kolben. "Ich habe vier Hektar Mais, davon hat das Schwarzwild in diesem Jahr einen Hektar komplett platt gemacht", sagt Truckenbrodt.
Das entspreche etwa einem Schaden von 1500 Euro - plus die Arbeitszeit, die der Landwirt aufwenden muss, um das zerstörte Maisfeld wieder aufzuräumen. Würde er das nicht tun, könnte er das Feld nicht mehr bearbeiten. Der Schaden am Grünland lasse sich indes nur schwer schätzen.
Meist Jagdpächter in der Pflicht Aufkommen muss dafür der zuständige Jagdpächter. "Meistens kann man sich untereinander einigen", sagt Truckenbrodt. Sollte das einmal nicht funktionieren, dann wird der Fall der Gemeinde gemeldet, die einen unabhängigen und anerkannten Schätzer beauftragt. Wenn der Jagdpächter dann immer noch nicht einverstanden ist, dann wird ein Gericht eingeschaltet. Das sei aber nur sehr selten der Fall, sagt Truckenbrodt.
Die Jäger kennen das Problem und versuchen ihm mit revierübergreifenden Drückjagden, Schwarzwildseminaren und Arbeitskreisen für Jäger Herr zu werden, wie Paul Schefczik, Vorsitzender der Kreisgruppe Coburg im Landesjagdverband Bayern, erklärt. Von einer Wildschweinplage möchte er allerdings nicht sprechen: "Es gibt nur unterschiedliche Dichten, die von verschiedenen Faktoren abhängen." Denn die Wildschweine fühlen sich dort besonders wohl, wo sie Deckung, Ruhe und ausreichend Futter haben.
Bei der Jagd auf das sehr lernfähige Schwarzwild gibt es mehrere Schwierigkeiten. Die Tiere sind meist nachts unterwegs - und wegen ihres Fells im Dunkeln schlecht zu sehen. Man kann sie nur kurz vor oder kurz nach Vollmond erlegen, wenn es hell genug, aber nicht zu hell ist. Ist es in Vollmondnächten hell, dann bleiben die Tiere in ihren Verstecken.
Wildschweine wandern täglich längere Strecken und sind deshalb selten an der gleichen Stelle anzutreffen. Eine weitere Schwierigkeit: Wenn sich die Wildschweine in Maisfeldern aufhalten, haben die Jäger kein freies Schussfeld. Deshalb sei eine gute Zusammenarbeit mit den Landwirten sehr wichtig, sagt Schefczik. Wenn ein Bauer Wildschweine sichtet, sollte er das sofort dem zuständigen Jäger melden.
Anti-Baby-Pille für die Sau? Gedankenspiele, wie man die explosionsartig gewachsene Population eindämmen kann, habe es schon viele gegeben. Darunter waren auch Ideen, wie eine Anti-Baby-Pille für die Wildsau. "Das ist allerdings völlig unsinnig", sagt Schefczik, "denn die Mengen, die die Tiere aufnehmen würden, sind nicht steuerbar.
Zudem kann nicht gewährleistet werden, dass nur Bachen das entsprechende Futter fressen würden." Außerdem sei ein Einsatz von Medikamenten fragwürdig - schließlich werde das Fleisch der Wildschweine von Menschen gegessen und Rückstände ließen sich nicht ausschließen.
Dadurch, dass die zuständigen Jäger den Schaden an den Feldern der Landwirte bezahlen müssen, ergibt sich ein weiteres Problem, wie Schefczik erläutert: "Viele wollen ihren Pachtvertrag nicht mehr verlängern, da sie nicht mehr bereit sind das Risiko zu tragen." Das könnte bedeuten, dass sich das Schwarzwild noch unkontrollierter vermehren kann, da es weniger Jäger gibt.
Im Landkreis Coburg schossen Jäger im vergangenen Jagdjahr fast 1000 Wildschweine, bayernweit waren es über 40.000.
Schlaraffenland für Schwarzwild Weil Mais in Biogasanlagen gebraucht wird, hat der Anbau in den vergangenen Jahren stark zugenommen - zur Freude der Wildschweine. "Die Sauen leben quasi im Wohlstand", sagt Landwirt Truckenbrodt. Auf der Suche nach effizienten Lösungen ist er allerdings ratlos. Für ihn steht eins fest: "Ich glaube nicht, dass das Bejagen alleine ausreicht, um die Wildschwein-Population einzudämmen." Zwar habe es auch in den vergangenen Jahren schon Wildschweine gegeben, die sich immer wieder an den Äckern gütlich getan haben. So schlimm wie in diesem Jahr sei es aber noch nie gewesen.
Truckenbrodt ist sich im Klaren darüber, dass ein Jagdpächter allein nur sehr begrenzt etwas ausrichten kann. Der Landwirt sieht deshalb jetzt höhere Stellen in der Pflicht.