Beim "Boy's Day" ist Coburg Vorreiter. Dabei werden den Schülern Berufe vorgestellt, die als eher frauentypisch gelten.
Mädchen spielen mit Puppen, tragen rosa Kleider und helfen gern im Haushalt. Jungs hingegen spielen Fußball, machen dabei ihre blaue Kleidung schmutzig und interessieren sich für Autos. Geschlechterklischees wie diese zeigen sich auch in der Berufswahl: Während junge Frauen oftmals soziale Berufe ergreifen, tendieren Männer zu Berufen im Handwerk.
Damit sich diese Rollenvorstellungen verändern, gibt es seit nunmehr 15 Jahren für Mädchen den "Girl's Day", bei dem sie an einem Tag die Möglichkeit haben, ihr Können in eher männertypischen Berufen zu zeigen. Seit 2010 gibt es auch den "Boy's Day" - hier sehen Jungs von der fünften bis zur zehnten Jahrgangsstufe den Arbeitsalltag der Berufe, die eher von Frauen bevorzugt werden. Auch in Coburg findet der "Boy's Day" seit vielen Jahren zeitgleich zum "Girl's Day" statt. Das Angebot wurde jetzt offiziell vorgestellt.
Am 27. April geben insgesamt 44 Betriebe und Einrichtungen in Stadt und Land Coburg Einblicke in soziale Tätigkeiten - das sind insgesamt mehr als 100 Plätze. "Das Programm in Coburg ist in vielerlei Hinsicht besonders", sagt Susanne Müller, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Coburg. Einerseits wurde schon 2004 der "erste Aktionstag für Jungen" ins Leben gerufen - also sechs Jahre, bevor es auch den ersten bundesweiten "Boy"s Day" gab. "Wir in Coburg waren damals Vorreiter und haben so frühzeitig auf den Wunsch von Lehrern und Schülern reagiert", erzählt sie. Darüber hinaus gehören zum Programm in Coburg auch immer drei Workshops - das sei einzigartig.
Raus aus den Stereotypen
"Die Workshops sind speziell auf Jungs zugeschnitten und behandeln einen Aspekt des "Mann-Seins", erklärt Nils Anders, Mitarbeiter beim Jugendzentrum Domino und Mitglied der Männer-AG, die die Workshops veranstaltet. Im Workshop "Selbst ist der Mann - Kochen für erfolgreiche Kerle" stehe in diesem Jahr die Selbstständigkeit im Haushalt im Vordergrund. "Darüber hinaus gibt es einen weiteren Workshop, bei denen Jungs ihre eigenen Fähigkeiten testen und sich so besser auf die spätere Berufswahl vorbereiten können", erklärt er. Im dritten Workshop "Stark sein - Selbstbehauptung und Selbstverteidigung von Jungs",geht es um Gewaltprävention. "Jungs sind immer wieder von Gewalt betroffen - sowohl als Täter als auch als Opfer", erklärt er. Deshalb wolle man in diesem Workshop zeigen, wie sich Jungs in Konfliktsituationen verhalten können. "Ziel ist es, den Jungs alternative Handlungsmöglichkeiten zu geben, um sie aus den Zwängen ihres Rollenstereotyps zu befreien", sagt er.
Auch Thomas Nowak, Dritter Bürgermeister der Stadt Coburg, setzt sich dafür ein, dass Rollenklischees aufgebrochen werden. "Jungs und Männer sollen genau wie Frauen und Mädchen ein breites Spektrum an Berufsmöglichkeiten kennenlernen", sagt er. Eine Vielzahl an verschiedenen Berufen auszuprobieren sei wichtig für die spätere Berufswahl. "Nur dann können Jungs den für sie geeigneten Beruf ergreifen." Einen Grund dafür, dass junge Männer noch immer zu den handwerklichen Berufen tendieren, sehe er auch in der Bezahlung. "Deshalb ist es wichtig, sich auch für faire Löhne in sozialen Berufen einzusetzen." Besonders in der Pflege werde männliches Personal gebraucht. "Einerseits ist das wichtig, weil auch bei Männern das Schamgefühl hoch ist, wenn sie von Pflegerinnen betreut werden. Andererseits wirkt das einem Pflegenotstand entgegen", erklärt er.
Warum nicht in den Kindergarten?
Der Kindergarten "Flohzirkus" in Creidlitz ist auch in diesem Jahr einer der Betriebe, die am "Boy's Day" ihre Türen öffnen. Andrea Matthes, Leiterin des Kindergartens, erinnert sich noch an die Jungs, die in den letzten Jahren bei ihr am "Boy's Day" waren. "Viele von ihnen wurden schon als Kinder von uns betreut und hätten sich den Alltag in einem Kindergarten als Betreuer ganz anders vorgestellt", erzählt sie. Zuerst sei es etwas schwierig gewesen, Jungs für den Kindergarten zu begeistern, doch in diesem Jahr seien fünf Jugendliche bei ihr im Kindergarten dabei. "Ich habe mich vorher schon zu einer kleinen Besprechung mit ihnen getroffen und ihnen die Aufgabe gegeben, dass sie sich etwas überlegen, was sie mit den Kindern an dem Tag machen wollen. Das kann ihr Lieblingsbuch von früher sein, das sie den Kindern vorlesen oder auch eine Malaktion", erklärt sie.