Plötzlich liegt Saatgut im Briefkasten – und niemand weiß, woher es kommt. Was hinter solchen Sendungen steckt und warum Wegwerfen die beste Lösung ist.
Vorsicht vor Päckchen mit Saatgut in seinem Briefkasten - ohne entsprechende Bestellung. Die zuständigen Behörden raten dringend dazu, unbestellte Samen nicht auszusäen, sondern im Hausmüll zu entsorgen – nicht im Kompost oder in der Biotonne. Solche oft aus China stammenden Lieferungen sind für die Behörden Anlass zur Warnung.
"Von solchem unbekannten Saatgut geht eine Gefahr für unsere Natur, das urbane Grün mit Gärten und Parks und sogar die Landwirtschaft aus", erklärt Bernhard Schäfer vom Julius Kühn-Institut (JKI) in Braunschweig, dem Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen. "Denn es kann sich dabei um invasive Arten handeln, die sich unkontrolliert ausbreiten und heimische Pflanzen verdrängen." Das Saatgut könne auch von Krankheiten und Schädlingen befallen sein.
Zehntausende Saatgut-Sendungen aus dem Verkehr gezogen
Aufgrund der Gefahr, invasive Arten einzuschleppen, sei es auch generell nicht ratsam, Saatgut etwa aus China zu erwerben, selbst wenn alle Dokumente korrekt sind. "Tatsächlich raten wir davon ab, Saatgut im Internet zu bestellen aus Nicht-EU-Ländern", betont das JKI.
Am Flughafen Frankfurt seien in diesem Jahr bei Kontrollen der Pflanzengesundheitsinspektion bis Anfang Juni etwa 65.000 Sendungen mit Saatgut aus China ohne notwendige Dokumente entdeckt worden. Dies sei eine Häufung, wie eine JKI-Sprecherin bestätigt. Das zuständige Regierungspräsidium Gießen zählte 2020 mehr als 126.000 solcher Sendungen – allerdings im Gesamtjahr.
Weil Pflanzengesundheitszeugnisse fehlten, seien die Sendungen zurückgeschickt worden. Überwiegend sei darin nicht bestelltes Saatgut gewesen. Oft fielen die Päckchen dadurch auf, dass fälschlicherweise etwa "Ohrschmuck" oder "Grußkarten" als Inhalt angegeben war, heißt es vom JKI und den zuständigen Landespflanzenschutzdiensten.
Motive sind unklar
Das Phänomen tritt in Frankfurt deshalb so verstärkt auf, da sich am Frankfurter Flughafen das DHL-Postzentrum befindet, von dem aus Pakete aus China in ganz Deutschland weiterverteilt werden. Andere Bundesländer seien von der "neuen Masche" kaum betroffen, so die Behörden.
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Die Absicht hinter den unbestellten Sendungen ist bisher nicht eindeutig geklärt. Möglich sei sogenannter "Brushing Scam", vermuten die Experten. So werden betrügerische Methoden bezeichnet, die das Ziel haben, Verkaufszahlen fälschlicherweise zu steigern oder Nutzerbewertungen zu generieren. Saatgut könnte für diese Methode in Frage kommen, weil es leicht und kostengünstig ist und als Briefsendung verschickt werden könne.