Teuflisch schön und verblüffend in Glas

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Alles Glas: hier John Zinners Teufelsgruppe, in weiteren Bildern Architektur von Eunsuh Choi, Falk Bauers Käfer, Luke Jerroms Malariavirus, ein Detail aus André Gutgesells zeitkritischer Installation oder auch Ye Pengs "Growing VII". Fotos: Carolin Herrmann
Alles Glas: hier John Zinners Teufelsgruppe, in weiteren Bildern Architektur von Eunsuh Choi, Falk Bauers Käfer, Luke Jerroms Malariavirus, ein Detail aus André Gutgesells zeitkritischer Installation oder auch Ye Pengs "Growing VII".  Fotos: Carolin Herrmann
 
 
 
 
 
Cedric Ginart und Karina Guevin
Cedric Ginart und Karina Guevin
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Das Europäische Museum für Modernes Glas in der Rosenau beschäftig sich in einer lebendigen und vielseitigen Sonderschau mit dem modernen Lampenglas.

Feurige Teufel tanzen. Das Licht blitzt und funkt in ihren filigranen roten Körpern, man mag den Blick gar nicht mehr von John Zinners fantastischer Skulptur wenden. In einer Vitrine gegenüber liegen die schillernden Käfer von Falk Bauer, lebendiger wirkend als ihre Vorbilder. Zusammen kreierten die beiden diesen gruseligen Schierlingsbecher, extra für diese spannende Ausstellung; schwarze Skorpione, Gottesanbeterinnen und weitere giftige Viecher klettern an dem großen Gefäß hoch. Einige Schritte weiter wird es abstrakter und vielleicht noch fesselnder. Glas ist ein immer wieder verblüffender Werkstoff, erst recht, seit die Künstler eigenständig am Tisch ihre Ideen unmittelbar umsetzen können.
Die große Sonderausstellung des Europäischen Museums für Modernes Glas in der Rosenau widmet sich heuer dem sogenannten Lampenglas, für dessen Entwicklung unsere Region eine zentrale Rolle spielte. Das Glasmuseum wurde mit den acht hier durchgeführten Workshops zu einem Zentrum für diese Kunst, dessen Kontakt Künstler in der ganzen Welt suchen.
Die Schau will einen Überblick über aktuelle Tendenzen bieten. Zwar reicht die Herstellung von Glasfiguren und -kugeln am Ölbrenner über 200 Jahre zurück, wobei vor allem der Südthüringer Raum, Lauscha bis heute eine bedeutende Rolle spielen. Seit Mitte der 50er Jahre hat die technische Entwicklung jedoch ungeahnte künstlerische Möglichkeiten eröffnet.
Das Glasmuseum zeigt die Entwicklung des modernen Lampenglases in den letzten 50 Jahren am Beispiel von etwa 75 Objekten von 50 Künstlern aus eigenem Depot, aber auch mit extra geschaffenen Werken. Die letzten zehn Jahre, in denen etwa 25 namhafte Künstler aus aller Welt hier vor Ort arbeiteten, erwiesen sich als besonders ertragsreich. "In uns wuchs der Wunsch, Resümee zu ziehen", sagt Sven Hauschke, Leiter des Glasmuseums.
War es zunächst die Schönheit und irritierende Lebendigkeit figürlicher Darstellungen, mit denen die Künstler für Aufsehen sorgten, so wenden sie sich heute mehr und mehr auch komplexeren inhaltlichen Konzepten zu, der Darstellung philosophischer Gedanken analog der generellen Entwicklung der modernen Kunst bis hin zu sozialgesellschaftlichen Statements.
Beispiel dafür ist der in der Region gut bekannte André Gutgesell. In seinen auf unterschiedlich hohen Säulen montierten Glaskugeln agiert ein gläserner Mensch, erst dynamisch, bis er erschöpft zusammensinkt, um sich in der letzten Kugel ruhig aufgerichtet dem Irrsinn der Zeit zu erwehren. "Das Tempo ist zu groß", lautet der Titel dieser Installation.


Größere Konzepte und Ideen

"Was aktuell im Lampenglas geschieht, das kann man jetzt in Rödental sehen", ist Sven Hauschke durchaus stolz auch auf die fruchtenden Anstrengungen des Glasmuseums, das Teil der Kunstsammlungen auf der Veste Coburg ist.
So lässt Luke Jerram in einen gläsernen Malariavirus hineinblicken. Vom ästhetischen Gehalt abgesehen dienen seine Objekte ganz konkret als Modelle, als Informationsträger etwa in Naturkundemuseen. Vor Eunsuh Chois aus zarten Glasröhren streng konstruierten Gebäuden hält man den Atem an. Im Inneren rankt ein anmutiger Baum des Lebens.
Vom kleinen Objekt aus wagten sich die Künstler immer weiter an geradezu spektakuläre Formate, Formen und Gebilde. Macht man sich bewusst, oder beobachtet man live vor Ort bei den jährlichen Workshops, welch handwerkliches, nur über Jahrzehnte an Übung zu gewinnendes Geschick nötig ist, damit solch feine, vielgliedrige und tiefsinnige Skulpturen meist in einem Zug aus den Händen der Künstler hervorgehen, wächst im Betrachter die Achtung auch für die vielen wunderbaren Glasgegenstände, die unseren Alltag Luxus verleihen.

Lampenglas Farblose und farbige Glasstäbe und Glasröhren werden mit heißer Flamme am Tischbrenner zu Objekten, Gefäßen und Skulpturen verarbeitet oder im Ofen miteinander verschmolzen.

Die Schau Europäisches Museum für Modernes Glas: Lampenglas - Lampwork. Neue Blicke auf eine traditionelle Technik. Bis 12. Nov.