Michael Stoschek, Vorsitzender der Brose-Gesellschafterversammlung, kämpft um die Ehre seines Großvaters: Der habe eine Straßenbenennung in Coburg verdient. Er beruft sich dabei auf den Urteilsspruch im Entnazifizierungsverfahren.
"Versachlichung": Das Wort sagt Michael Stoschek mehrmals am Mittwochvormittag. Es geht um die Frage, ob Coburg eine Max-Brose-Straße ausweisen soll, es geht darum, ob eine solche Würdigung des Unternehmensgründers gerechtfertigt ist. Stoschek, der Enkel von Max Brose und Vorsitzende der Gesellschafterversammlung von Brose Fahrzeugteile, beantwortet beide Fragen unumwunden mit "Ja".
Das machte Stoschek in einer Pressekonferenz deutlich. Anlass war, dass Coburg seit Jahresbeginn erneut über die Frage diskutiert, ob eine Straße nach Max Brose benannt wird, so wie es eine Max-Brose-Straße in Hallstadt bei Bamberg gibt.
Gegen eine Straßenbenennung nach Max Brose haben sich unter anderem der Zentralrat der Juden in Deutschland und der Gedenkstättenbeauftragte der evangelischen Landeskirche ausgesprochen. Auch in überregionalen Medien hat es Kritik gegeben - aus Sicht Stoscheks ungerechtfertigt. "Hochemotional" werde diese Diskussion geführt, anstatt eine sachlich-faire Beurteilung des Verhaltens seines Großvaters vorzunehmen, beklagt sich Stoschek."Deutlicher und klarer als 1949 durch die Spruchkammer kann man Max Brose nicht beurteilen."
"Dem Nationalsozialismus fern" Das Urteil vom 23. Juli 1949 lässt Stoschek in der Pressekonferenz verteilen. Darin wird hervorgehoben, dass Brose die Zwangsarbeiter, die für ihn tätig waren, besser behandelte als erlaubt und dass er, obwohl Parteimitglied, dem Nationalsozialismus eher fern gestanden habe. Für Stoschek ist damit klar: Sein Großvater habe sich zwar angepasst, um Unternehmen und Familie nicht zu gefährden, aber ein Nazi war er nicht. Kurz: "Ich bin überzeugt, dass Max Brose jede Form von Ehrung verdient hat. Er war ein Vorbild."
Aller Voraussicht nach wird der Coburger Stadtrat am 21. Mai entscheiden, ob die Von-Schultes- in Max-Brose-Straße umbenannt wird. So hat es Oberbürgermeister Norbert Tessmer (SPD) angekündigt. Das gleiche Vorhaben war 2004 in nichtöffentlicher Sitzung denkbar knapp gescheitert - und seither war das Verhältnis zwischen der Stadt und dem Unternehmen offiziell ein belastetes.
Stoschek, damals noch geschäftsführender Gesellschafter, verfügte, dass Brose keine Coburger Vereine und Organisationen mehr mit Spenden unterstützt. Das gilt bis heute, und in den Absagebriefen wird immer noch auf die Geschehnisse im Jahr 2004 verwiesen. Tessmer und die Mehrheit des Stadtrats wollen das Verhältnis gern wieder ins Lot bringen.
Einen ersten Schritt hat der Stadtrat im März getan, als er die Entscheidung im Stadtrat 2004 bedauerte und erklärte, dass die Erkenntnislage seinerzeit zu dürftig war, um Max Broses Rolle im Dritten Reich angemessen zu beurteilen.
Stoschek begrüßt diese Bemühungen, wie er in der Pressekonferenz sagte. Aber selbst, wenn sich eine Stadtratsmehrheit (die Stoschek erwartet) für eine Max-Brose-Straße ausspräche, würde das nicht automatisch bedeuten, dass Brose wieder Spenden gäbe. Ein solcher "Deal ,Straße gegen Spende‘" sei mit ihm nicht zu machen, sagte Stoschek - und er wolle keinen Druck auf den Stadtrat ausüben.
Ein Schlag ins Gesicht von Dietrich Bonhoeffer, Hans und Sophie Scholl und vielen anderen aktiven Widerstandskämpfern im Nationalsozialismus. In Coburg soll eine Straße nach Max Brose, einem NS-Parteimitglied und Mitläufer des „Horror-Regimes“ nachträglich benannt werden. Dass Max Brose sich, aus Angst vor Repressionen für sich, seine Familie und sein Unternehmen – wie leider viel zu viel andere auch – dem Nationalsozialismus angepasst und untergeordnet hat, ist zwar aus seiner persönlichen Sicht nachvollziehbar, kann aber keinesfalls dazu führen, dass ein Mensch mit einer solchen Einstellung dafür nun noch geehrt werden soll. Und genau aus diesem Grund ist die Aussage von Michael Stoschek, dass sein Großvater Max Brose als Vorbild zu sehen ist und jede Form von Ehrung verdient hat – von keinem klar denkenden Menschen nachzuvollziehen. Der Stadtrat von Coburg hat hier keine einfache Entscheidung zu treffen, da offensichtlich massive wirtschaftliche Interessen mit dieser Entscheidung verknüpft sind. Es wird sich zeigen, ob Opportunismus oder die moralische Überzeugung siegt. Im ersten Fall würden sich die zustimmenden Stadträte als Mitläufer outen.
Er war Mitglied der NSDAP - und? Das waren Millionen andere auch. Wer schuldlos ist, werfe den ersten Stein. Ein Graf Stauffenberg war bis in die ersten Kriegsjahre hinein ein glühenderer Anhänger des Nationalsozialismus als ein Max Brose!
Welcher andere Unternehmer hat seinen Zwangsarbeitern Geschenke gemacht? Respekt für Herrn Stoschek, der für die Ehre seines Großvaters einsteht und kämpft. Man kann nur hoffen, dass er seinen Straßennamen bekommt und diese für die Stadt Coburg mehr als peinliche Angelegenheit ihren Abschluß findet.
Wenn Sie für mich zwangsarbeiten, schenke ich Ihnen auch was.
Ich finde es stark, wie Herr Stoschek für seinen Großvater kämpft. Schon während der ganzen Diskussion frage ich mich, wer sich aus heutiger Sicht das Recht herausnehmen kann, über das Verhalten von Max Brose in diesen schrecklichen Zeiten zu urteilen. Vom warmen Sofa aus lässt sich leicht über einen Mann urteilen, der, wie wir alle, sicher auch Fehler hatte, aber darüber hinaus eine großartige Lebensleistung hinterlassen hat. Eine Lebensleistung, von der heute noch Tausende profitieren. Wenn ich alles, was bisher zu diesem Fall auf dem Tisch liegt, richtig einordne, müssen sich viele Leute posthum bei Herrn Brose entschuldigen.
... selten einen Artikel mit einer maßloseren Übertreibung gelesen!!!!