Die Vestestädter beeindrucken nach der schwachen Vorstellung in Karlsruhe mit ihrer Stehauf-Mentalität gegen den Favoriten aus Würzburg.
Die Erleichterung war Derrick Taylor am "Tag danach" an der Stimme anzuhören: "Ich bin sehr stolz auf die Mannschaft, sie hat alles gegeben, mit Herz gespielt und den Gameplan genauso so umgesetzt, wie ich mir das vorgestellt habe." Mit dem 90:78-Heimsieg am Sonntagnachmittag gegen die TG s. Oliver Würzburg hat sich der BBC Coburg im Rennen um den Klassenerhalt in der dritthöchsten deutschen Spielklasse, der ProB, eindrucksvoll zurückgemeldet. "Es war vor allem schön zu sehen, dass die Mannschaft auf die Drucksituation so positiv reagiert hat, der Unterschied zum Karlsruhe-Spiel in puncto Körpersprache und Einstellung war wie Tag und Nacht", sagt Matthias Haufer, Sportlicher Leiter des BBC.
Coburger beherrschen die Bretter
In der Tat war der Druck, der auf den jungen Coburgern lastete, enorm - denn bei einer Niederlage gegen die Unterfranken wären die Chancen auf den Ligaverbleib auf ein Minimum gesunken. Nach dem siebten Saisonerfolg indes hat sich der BBC aufgrund des aktuell besseren direkten Vergleichs sogar an den Würzburgern vorbeigeschoben, und steht aktuell als Zweiter der Abstiegsrunde "Play-downs" wieder über dem "Strich" .
Über welche individuelle Qualität Würzburg verfügt, zeigt die Tatsache, dass mit Center Leon Kratzer und Aufbauspieler Miles Jackson-Cartwright am Sonntag zwei Akteure in der HUK-Arena aufliefen, die nur 20 Stunden vorher für die 1. Würzburger Mannschaft gegen Brose Bamberg in der Bundesliga im Einsatz waren. Vor allem der flinke Jackson-Cartwright machte dem deutschen Meister am Samstag mit sechs Punkten und fünf Rebounds das Leben schwer.
Am Sonntag in Coburg fehlte dem US-Amerikaner zwei Ligen tiefer diese Leichtigkeit. Bereits beim Ballvortrag wurde er von Coburgs Aufbauspieler Byron Sanford stark unter Druck gesetzt und leistete sich insgesamt fünf Ballverluste.
Und auch gegen den 2,12 Meter großen Leon Kratzer, der in der vergangenen ProA-Saison zum besten Spieler der Liga gekürt wurde, verstanden es die Coburger, mit geschicktem Doppeln dagegenzuhalten und Ballgewinne (insgesamt 14) zu produzieren. Angesichts der Größenvorteile der Würzburger überraschte vor allem, dass der BBC das Reboundduell (43:31) deutlich für sich entschied. "Wir haben die Bretter in dieser Saison noch nie so hart bearbeitet wie in diesem Spiel, wir haben einfach mit mehr Energie gespielt", so Haufer.
"Turan gibt alles für Mannschaft"
Sinnbildlich für die Coburger Energie steht Yasin Turan. Der Aufbauspieler, der sich vor vier Wochen einen Haarriss am rechten Handgelenk zuzog und dessen Saison-Aus dadurch besiegelt schien, feierte überraschend ein zweiminütiges Comeback. "Man musste ihm vor dem Spiel nur in die Augen schauen und wusste, wo es lang geht", erzählt Haufer. Trainer Derrick Taylor ergänzt: "Yasin ist ein Kämpfer und sehr taff, er gibt alles für die Mannschaft." Auch wenn der 1,78 Meter große Point Guard noch lange nicht im Vollbesitz seiner Kräfte ist, wird er Byron Sanford und Co. in den verbleibenden vier Spielen wichtige Verschnaufpausen geben. Auch Aufbaukollege Eividas Molosciakas könnte nach seiner Nasenfraktur beim nächsten Spiel in München (Samstag, 14 Uhr) in die Mannschaft zurückkehren. Die Zeit bis Samstag möchte Coach Derrick Taylor nutzen, um die Offensivsysteme feinzujustieren. "In den letzten Wochen lag unser Fokus auf Defense, Defense, Defense. Jetzt müssen wir an unserer Offense arbeiten, wir haben den Ball gegen Würzburg nicht schnell genug bewegt", so Taylor.
BBC erst mit einem Auswärtssieg
Nach dem überzeugenden Erfolg gegen Würzburg werden die Coburger jedenfalls mit viel Aufwind in die Auswärtspartie bei der 2. Mannschaft des FC Bayern Basketball gehen. Das junge Münchner Team scheint aktuell etwas verunsichert und ist nach zwei Niederlagen gegen Würzburg und Karlsruhe plötzlich wieder mittendrin im Abstiegsstrudel. Überhaupt versprechen die vier restlichen Spieltage der Play-downs Süd Hochspannung (siehe Tabelle), denn auch die zwischenzeitlich abgeschlagenen Karlsruher haben nach drei Siegen in Folge wieder realistische Chancen auf den Klassenerhalt.
Diesen wird der BBC Coburg auch nur schaffen, wenn er seine eklatante Auswärtsschwäche (nur ein Sieg in zwölf Spielen) in den Griff bekommt und mindestens noch eine Partie in der Fremde gewinnt. "Wir haben schon mal überlegt, ein großes Poster der HUK-Arena zu einem Auswärtsspiel mitzunehmen", sagt Haufer augenzwinkernd. "Gerade in den kleinen, engen Hallen tun wir uns oft schwer." Wenn es danach geht, können die Coburger am Samstag beruhigt in die Landeshauptstadt fahren: Im Münchner Audi-Dome finden immerhin 6700 Menschen Platz.