Seßlacher Biogasanlage sorgt für Strom und Wärme

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Landwirt Albert Sebald und sein zweiter Geschäftsführer Franz Rößner zeigen einen Motor im BHKW.
Landwirt Albert Sebald und sein zweiter Geschäftsführer Franz Rößner zeigen einen Motor im BHKW.

In Seßlach wandelt eine Biogasanlage seit etwa einem Jahr Gras, Mais und Gülle in Strom und Wärme um. Bereits jetzt liefert die Anlage im Durchschnitt jährlich Energie für rund 500 komplette Haushalte.

Wie macht man aus Gülle Gold? Das wissen vermutlich nur ein paar zweifelhafte TV-Sternchen. In Seßlach führt man die Exkremente der Tiere jetzt einem wesentlich sinnvolleren Zweck zu: In der Biogasanlage von Landwirt Albert Sebald werden sie in Strom und Wärme umgewandelt. Gestern wurde die Anlage eingeweiht.

Vor knapp einem Jahr haben die Bauarbeiten begonnen. Damals stand man unter erheblichem Zeitdruck, da zum 1. Januar 2012 das Einspeisungsgesetz geändert wurde - und Sebald sowie sein zweiter Geschäftsführer Franz Rößner wollten die Anlage unter allen Umständen noch rechtzeitig ans Netz bringen. Sonst hätten sie mit wesentlich schlechteren Vergütungs-Voraussetzungen rechnen müssen. Das Ganze war dann in der Tat denkbar knapp: Am 30. und 31. Dezember 2011 lieferte die Anlage das erste Mal Strom - Unternehmen geglückt.

Schutzpatron der Stadt Seßlach


"Mir war gleich am Anfang klar, dass ein einzelner Bauer das nicht schultern kann", so Albert Sebald gestern bei der Einweihungsfeier. Deshalb habe er sich für sein ehrgeiziges Projekt damals auf die Suche nach Partnern gemacht. Mit der SÜC Coburg wurde er fündig. Zu Beginn fühlte er sich etwas unwohl, wie er selbst sagt: "Ich kam mir in diesem Gebäude ein wenig vor, wie Crocodile Dundee in New York." Doch dann war schnell alles in trockenen Tüchern. Gemeinsam gründete man die "St. Johannes Energie GmbH und Co.
KG". Den Namen übernahm man vom Schutzpatron der Stadt Seßlach.

Die Technik ist - eigentlich - ganz einfach: Aus einem Silo kommt hauptsächlich Gras in den sogenannten Fütterer. Gleichzeitig werden Gülle und Mais hinzugegeben. Von dort aus landet das Gemisch im ersten großen Bottich. Darin zersetzen Bakterien das Material - es entsteht Gas.

Gärrest dient als Dünger


Dieser Vorgang nennt sich Fermentation, der große Bottich entsprechend Fermenter. Nach diesem ersten Schritt kommt die verbleibende Masse in den sogenannten Nachgärer und landet schließlich als Gärrest in einem Endlager. Dieser Rest dient dann wieder als Dünger für die Felder.

Das Gas, welches während des Vorganges entsteht, leitet Sebald über unterirdische Rohre zu einem Blockheizkraftwerk. Dort wird es in zwei Motoren verbrannt, ein dadurch angetriebener Generator erzeugt Strom - als Nebenprodukt entsteht Wärme. "In der Atomenergie verpufft die entstehende Wärme meistens in der Luft. Das ist, wie wenn man ein Schwein nur wegen der Lende schlachtet", sagt Sebald. Deshalb sei die Kraft-Wärme-Kopplung nicht nur umweltfreundlich, sondern auch ressourcenschonend und vor allem effizient. "Im ersten Jahr haben wir bereits 100 000 Liter Heizöl ersetzt", sagt Sebald.

Und im ersten Jahr im Vollbetrieb sollen es noch mehr werden - 250 000 Liter insgesamt. Die Zahlen für das erste Jahr können sich dennoch sehen lassen. "Obwohl noch nicht alles fertig war, haben wir im Schnitt schon ein Jahr lang Strom für 484 Haushalte geliefert", sagt Wolfgang Holland-Götz, der zuständige Planer von WHG Anlagenbau. Während der 8000 Betriebsstunden seien bislang 450 000 Kubikmeter Biogas entstanden. Das entspreche einer CO2-Einsparung von 1100 Tonnen. "Der Bürgermeister hat den Leuten klargemacht, dass Seßlach ein Standort für erneuerbare Energien ist - und dass davon jeder etwas hat", sagt Sebald. Der Stadtrat habe alle Bauanträge einstimmig angenommen, "das ist nicht selbstverständlich."

Die Familie war eine Stütze


Sebald bedankte sich besonders bei seiner Familie, vor allem bei seiner Frau, die als "heimliche Buchhalterin" fungiert. Franz Rößner betonte, dass noch nicht alles ganz fertig sei. So müsste etwa der Fütterer noch besser eingestellt werden. "Wenn es soweit ist, dann ist er aber vom Feinsten", so Rößner.