Schlupfwinkel Ahorn: Die Kunst, dort Kunst zu machen

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Edith Seemann öffnet Türen, nicht nur zum Kleinkunst-Haus Schlupfwinkel in Schorkendorf.Foto: Jochen Berger
Edith Seemann öffnet Türen, nicht nur zum Kleinkunst-Haus Schlupfwinkel in Schorkendorf.Foto: Jochen Berger
Schlupfwinkel in SchorkendorfFotoo: Carolin Herrmann
Schlupfwinkel in SchorkendorfFotoo: Carolin Herrmann
 
Oskar Öhrlein ist der hilfreiche Geist im Hintergrund.Foto: Carolin Herrmann
Oskar Öhrlein ist der hilfreiche Geist im Hintergrund.Foto: Carolin Herrmann
 

25 Jahre Sozialarbeit im "Schlupfwinkel" Ahorn haben fast 20 Jahre kulturelles Leben zwischen Amateurstatus und professionellem Anspruch hervorgebracht.

Da zuckten die rot gestrichenen Holzwände wieder im Takt, vor drei Wochen erst, als die Schulbands der Region den "Schlupfwinkel" in Schorkendorf okkupiert hatten. Im Februar dagegen zog sich das Häuschen fröstelnd zusammen; da verbreitete Friedrike Schmöe ganz professionell Krimigruselstimmung.

Jetzt gerade werkelt Wiltrud Geisthard am Hexenhäuschen auf der kleinen Bühne; am kommenden Wochenende gibt's nämlich ein kleines Theaterfest. Jazzig war es auch schon, zuletzt mit Projekt J und "Jazz(t) erst Recht"; die StimmBande hatte im Januar diesen KleinKunstWinter eröffnet. Dazwischen erinnerte man sich mit einer Ausstellung an 30 Jahre Punk.


So, in der Art, geht das nun schon seit Jahren, so dass dieses Holzhäuschen an der Lindenstraße zu einem kleinen, aber durchaus beachtenswerten Kulturort wurde, durchaus über die Gemeinde Ahorn hinaus wirkend. - Wie das denn, so draußen, auf dem Land?


Der Ahorner "Schlupfwinkel" ist zunächst ein Jugendhaus, getragen vom Förderkreis Ahorn. Man feiert heuer sein 25-jähriges Bestehen. Dass er zu einem Kleinzentrum kulturellen Lebens wurde, ist keineswegs selbstverständlich, in dieser Art auch einmalig in der Region; Kulturhaus nicht (nur) in dem Sinne, dass dem durchaus reichen Angebot der Region immer noch mehr hinzu gefügt wird. Edith Gellner-Seemann, Leiterin des Schlupfwinkels, fallen so viele Szenen und Situationen ein, in denen - soll man sagen alles eins wurde?

Es ist diese Nähe und Intimität in dem gemütlichen, bestuhlt 70 Plätze fassenden Raum, der zwischen den Darstellern auf der Bühne und den Zuschauern schnell Aktion, Austausch zulässt, ohne großes Animationsbrimborium. Die Distanz zwischen Profis und Laien schwindet schnell, und schon sind die Leute mitten in der Kunst und die Kunst ist mitten unter ihnen, die sie dann immer wieder auch in die Dörfer, in die Gemeinde Ahorn mitnehmen.

War und ist das nicht die große Vision vieler Kunst- und Kulturschaffenden seit dem 20. Jahrhundert, Kunst so selbstverständlich ins alltägliche Leben der Leute zu bringen, dass ihre Kraft unmittelbar zu wirken beginnt, nicht nur im gelegentlichen, feierlich überhöhten Genuss von so genannter großer Kunst?


Wie im KleinKunstWinter 2012/2013, als eine erstaunliche große Zahl von Künstlern, die in Ahorn leben, in einer Ausstellung zusammen kamen. Ihre Bilder wurden dann fotografiert, laminiert, und die Leute konnten sie in der ganzen Gemeinde wiederfinden.


Jetzt kommen viele von selbst

In den fast 20 Jahren, seit Edith Seemann diese Richtung der "sozialen Arbeit" angestoßen, zugelassen, gefördert hat, ist die kleine Bühne zum beliebten Forum für Laien, Halb- und Vollprofis diverser Sparten geworden. "Mittlerweile wenden sich alle möglichen Leute an uns, die auftreten wollen, die nach Möglichkeiten suchen", bilanziert Edith Seemann. "Und oft kommt eines zum anderen. Da sagt hier ein Ahorner Bürger, da helf' ich euch, das mach ich für euch. Dann ergibt sich dort eine Zusammenarbeit mit der Schule, den Vereinen. Die Ausstellung "Nach 45" war noch lange im Gerätemuseum zu sehen."

Umgekehrt probiert der Bamberger Kabarettist Mäc Härder beispielsweise seine Programme gerne dort aus; die direkte Resonanz ist herausfordernd für ihn.


Seit 1998, als der Student Alexander Thomann, heute im Coburger Domino beschäftigt, als Studienarbeit ein Konzept entwarf, was mit solch einer kleinen Bühne in solchem Umfeld geschehen könnte, gibt es nun jeweils auf einen bestimmten zeitlichen Rahmen, ob Winter oder Sommer, konzentriert ausgewählte Kulturprogramme mit oder ohne Schwerpunktthema. Nicht ambitioniertes, ausgefeiltes Kunstkonzept ist angestrebt, sondern das Unwägbare, das sich zwischen Amateuren und Profis entwickelt. Ob mit- oder nebeneinander, die Stimmung, die Inspiration, das Beispiel ziehen immer weitere Kreise, machen immer mehr und immer weiteren Leuten Mut. Selbstverständlich schon lange nicht mehr nur auf Kinder- und Jugendliche abzielend.


2005 hat sich Edith Seemann eine zusätzliche nebenberufliche kulturpädagogische Ausbildung in Gauting am Institut für Jugendarbeit "gegönnt", mit Schwerpunkt Theaterarbeit. Dabei hat sich auch ein hilfreiches Netzwerk aufgebaut, das sie gerne nutzt. "Was machen die Kollegen in Nürnberg, Bamberg, München? Wie haben sie es geschafft, dieses und jenes Projekt umzusetzen? Dieser Austausch ist sehr hilfreich", sagt Edith Seemann.


Viele, viele machen mit

1998 kam, als weiteres Geschenk der Familie Stoschek, das größere Jugendhaus Ahorn zur breit fundierten Sozialarbeit in der Gemeinde hinzu. Man überlegte, ob man das durch die Familie Stoschek vom Radsportverein übernommene und komplett renovierte frühere Trainingshäuschen schließen solle. Mit dem Start der erweiterten Kulturarbeit entwickelte sich dann eben ab 1998 eine neue, weiter ausgreifende Nutzung.


Selbstverständlich ist es heftig strömendes Herzblut, mittlerweile aus vielen Quellen, das derlei Kulturleben speist. Edith Seemann, die Leiterin der Einrichtungen, kommt aus der Heidelberger Gegend. Sie studierte hier in Coburg Sozialpädagogik. Ihr Mann Manfred Seemann wirkte bereits als Sozialpädagoge für die Gemeinde Ahorn, als der "Schlupfwinkel" hinzukam. Als sich auf die ausgeschriebene halbe Stelle hierfür niemand bewarb, entschloss sich Edith Gellner-Seemann zur Zusammenarbeit.


Als Manfred Seemann vor acht Jahren dann zur firmeninternen Sozialarbeit bei Brose wechselte, übernahm Edith Seemann seine Stelle. Hinzu kam Mariola Kemnitzer als weitere Sozialpädagogin. Oskar Öhrlein ist für die Instandhaltung der Gebäude und für die technische Umsetzung der Projekte zuständig.


Und dann sind da die zahllosen Ehrenamtlichen, die regelmäßig oder projektbezogen mittun, helfen, werkeln, irgendwann selbst künstlerisch aktiv werden. - Wo beginnt künstlerisches Leben? Wo beginnt die Kunst?



Kulturprogramm seit fast 20 Jahren


Das Jugendhaus Schlupfwinkel im Ahorner Ortsteil Schorkendorf nahm vor 25 Jahren seine Arbeit auf. Die Familie Stoschek hatte das frühere Radlerheim gekauft und dem Förderverein Ahorn überlassen. Seit 1998 gibt es unter der Leitung der Sozialpädagogin Edith Gellner-Seemann ein an alle Altersgruppen gerichtetes Kulturprogramm mit Amateuren und Profis in den verschiedenen Kunstsparten. Der KleinKunstWinter 2017 ist eben zuende gegangen, das nächste Programm ist in Vorbereitung.

Die nächste Veranstaltung Theater im Frühling, von Kindern unter Leitung von Wiltrud Geisthard einstudiert, kommt "Hänsel und Gretel" zur Aufführung am Samstag und Sonntag jeweils um 14.30 Uhr. Es gibt Kaffee und Kuchen. Eintritt 3 Euro.