Ein Satz ist Ludwig D. wichtig: "Ich habe mir in Zusammenhang mit sogenanntem Ekelfleisch nichts vorzuwerfen." Was er verkauft habe, sei immer hochwertiges Fleisch gewesen - nur in etlichen Fällen nicht ausdrücklich als solches deklariert. Seit Montag läuft in Coburg der Prozess gegen den Fleischgroßhändler Dellert und den früheren Leiter des Coburger Schlachthofs.
Denn in den Medien war am Anfang von "Ekelfleisch" die Rede gewesen: Fleisch, das der Kategorie 3 zugeschlagen werden sollte. K3 bedeutet: Nicht für den menschlichen Verzehr geeignet. D. hatte Rinderkeulen, die wegen Verletzungen der Tiere als K3 klassifiziert waren, auslösen lassen und das Fleisch an Metzgereien und Gaststätten verkauft. Die Qualität habe gepasst, betonte er mehrfach. Für die Staatsanwaltschaft ist dieses Vorgehen Betrug. Nicht nur, dass dem Fleisch der Freigabestempel fehlte - D. hatte es seinen Lieferanten auch nicht bezahlt.
Auch beim "Trimmen" hatte D. der Staatsanwaltschaft zufolge mehr wegschneiden lassen als erlaubt. Die Gesetze und Bestimmungen regeln eindeutig, was vor dem Wiegen des Schlachtkörpers weggeschnitten werden darf und muss. D. habe zusätzlich Halsfleisch wegschneiden lassen und Fett, und beides an Abnehmer verkauft, ohne es selbst bezahlt zu haben.
Wie getrimmt werde, sei all seinen Lieferanten bekannt gewesen, betonte D.: "Der Coburger Schlachthof war offen, jeder konnte zuschauen." Und: "Altgediente Viehhändler sind die letzten, die sich betrügen lassen." Die Mitarbeiter des städtischen Schlachthofs hätten im Verhältnis zu anderen Schlachthöfen sehr wenig weggeschnitten, sagte D.. Seine eigenen Mitarbeiter, die das Trimmen besorgten, hätten deshalb zusätzlich Halsfleisch entfernt. Auch seien die Rinder in Coburg vom Kopf her abgezogen worden, im Vergleich zur üblichen Praxis verkehrt herum. Dabei sei mehr Fett am Körper geblieben als üblich. Den Vorteil hätten die Fellhändler gehabt, die mit den Fellen nicht mehr viel Arbeit hatten.
Auch Michael K., der frühere Schlachthofleiter, und seine Frau, die als Amtstierärztin tätig war, räumten ein, dass die Begutachtung am Coburger Schlachthof so gehandhabt wurde, wie von der Staatsanwaltschaft vorgetragen. Schon die Schlachter am Band kennzeichneten Tierteile, die nicht zu Weiterverarbeitung geeignet waren, mit roten Zetteln. Die Veterinäre wussten, dass sie ihr Augenmerk darauf richten sollten. Weil aber an einer als K3 gekennzeichneten Keule meist noch ein verwertbares Vorderviertel ging, wurden die Rinderhälften nicht ausgesondert, sondern D. durfte die Hälfte in seinem Teil des Schlachthofs noch weiter zerlegen.
Dass dabei auch Fleisch aus den für untauglich erklärten Keulen gelöst und als Lebensmittel verkauft wurde, habe er nicht gewusst, sagte K.. "Das geschah nachts." Er und seine Frau räumten ein, dass sie sich nicht mehr darum gekümmert hätten, was genau mit den gekennzeichneten Keulen geschah. Sie hätten sich auf Zusicherung von D. verlassen, dass sie als K3-Fleisch verwertet wurden, sagte K..
Sie hätten auch gewusst, dass es beim Trimmen immer wieder Beanstandungen seitens des Fleischprüfrings gegeben habe. Doch sowohl von Seiten des Landesamts für Landwirtschaft als auch des Ordnungsamts habe es immer wieder geheißen, "das geht uns nichts an", sagte K..
Die mangelnde Kontrolle durch die Behörden hatte auch Vorsitzender Richter Gerhard Amend zum Prozessauftakt gerügt. Einmal habe das LFL ein Zwangsgeld angedroht - "das ist insgesamt lächerlich". Die Staatsanwaltschaft hat überdies erkennen lassen, dass sie angesichts der Umstände mit Bewährungsstrafen einverstanden wäre, wenn die Angeklagten ein Geständnis ablegen.