Faktencheck zu "Rettet die Bienen": Coburger Bauern regen Bürger zum Nachdenken an

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Das Volksbegehren "Rettet die Bienen" möchte die Artenvielfalt in Bayern sichern. Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa
Das Volksbegehren "Rettet die Bienen" möchte die Artenvielfalt in Bayern sichern. Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

Das Volksbegehren Artenvielfalt startet heute (31.01). Die Coburger Bauern sind besorgt, dass die Bürger vorschnell unterschreiben. In einem Faktencheck listen sie Argumente gegen das Volksbegehren auf und fühlen sich allgemein an den Pranger gestellt.

"Nein zum Volksbegehren!" - Der Bayerische Bauernverband positioniert sich gegen das Volksbegehren Artenvielfalt, bekannt unter dem Titel "Rettet die Bienen". Kreisobmann Martin Flohrschütz stellt klar: "Wir möchten betonen, dass wir nicht gegen das Anliegen an sich sind, sondern gegen die Umsetzung."

Ab heute können die Bürger in den Rathäusern für das Begehren der ÖDP unterschreiben. Er hofft darauf, dass sie vor dem Unterzeichnen nicht nur die Überschrift, sondern alle Forderungen des Begehrens gelesen haben. Die Coburger Bauern machen ihren Unmut mit einem "Faktencheck" deutlich.

Erfüllen von Umweltauflagen: Freiwilligkeit oder Verordnung?

Im Volksbegehren stehen viele Verordnungen für die Bauern. Die freiwilligen Leistungen der Landwirte würden dadurch nicht gewürdigt werden, heißt es im Faktencheck. 33 Prozent der Nutzfläche im Coburger Land werden bereits mit freiwilligen Umweltauflagen bewirtschaftet. Das sind weit mehr als das Bürgerbegehren fordert. "Mit einer gesetzlichen Vorgabe hat es noch nie funktioniert", sagt Jürgen Angermüller vom Bauernverband.

Hans Rebelein, Geschäftsführer des Bauernverbandes, stimmt zu und ist besorgt, dass es mit den Ausgleichszahlungen für freiwillige Leistungen bald vorbei sein könnte. Denn die ÖDP fordert zehn bis dreizehn Prozent Blühfläche bis 2023. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass jeder freiwillig seine Fläche hergibt. Wenn es dann mit einem Gesetz verordnet wird, dann werden bald Geldbußen anfallen. Das ist ein Vernichtungsprogramm für kleine Betriebe".

Bio-Landwirt Sebastian Protzelt aus Merkendorf bei Gleußen warnt davor, dass "ein Großteil der Nahrung in Zukunft aus Rumänien oder Ungarn kommen wird, wo man den Anbau gar nicht mehr regulieren kann." Denn jeder Hektar, der in Deutschland aus der Produktion genommen wird, muss durch einen Hektar aus dem Ausland ersetzt werden.

Kritik an Bio-Umstellung: Marktüberschwemmung und sinkende Preise

Die geforderte Umstellung auf Ökolandbau von mindestens 20 Prozent sieht er "und andere Bio-Landwirte sehr kritsich." Er befürchtet eine Marktüberschwemmung. Mehr Bio-Produkte bedeutet gleichzeitig sinkende Preise. "Das schadet der Branche mehr als es fördert." Laut dem Kreisobmann nehme die Coburger Molkerei derzeit auch keine neuen Bio-Mitglieder an, aus Angst, wie sich der Markt entwickelt.

Fakten "viel zu dünn": Bauern als Sündenbock?

Darüber hinaus fühlen sich die Bauern generell vor den Kopf gestoßen. Die Coburger Bauern hätten zum Beispiel dazu beigetragen, dass der Verkehrslandeplatz in Neida nicht kommt. Dazu war eine Zusammenarbeit mit allen Naturschutzverbänden und den Grünen sowie der ÖDP nötig. Umso enttäuschter seien sie nun, dass es im Vorfeld des Bürgerbegehrens keine Kooperation gab. Auch suggeriert, laut Flohschütz, das Volksbegehren eine völlig falsche Vorstellung." Denn die Bienen der Imker seien in ihrem Bestand alles andere als gefährdet.

Die Fakten, auf denen das Begehren beruht, seien "viel zu dünn". Wie bereits berichtet nimmt Wolfgang Weiß (Grüne) die konventionelle Landwirtschaft wegen des Einsatzes von Agrarchemie auf ihren Flächen in die Verantwortung für den Artenschwund in Bayern. Der Bauernverband würde sich zunächst eine stärkere Forschung nach den Ursachen des Insektensterbens wünschen und die Auswirkungen des Klimawandels mit einbeziehen.

Propaganda gegen Bauern über Soziale Netzwerke?

Die Bauern sehen sich ganz klar in der Rolle des Sündenbocks. So lautet auch eine Forderung: Stoppt das Bauern-Bashing. "Man will die Landwirtschaft nicht an den Pranger stellen, aber es geht einseitig auf die Schultern der Landwirte", so Flohrschütz. "Mir tut es weh, wie man bei uns in Deutschland mit den Bauern umgeht", sagt Kreisbäuerin Heidi Bauernsachs. "In keinem anderen europäischen Land gibt es so eine Propaganda gegen die Leute, die einen ernähren."

Der Kreisobmann glaubt, dass ein Großteil der Bevölkerung hinter den Bauern steht, allerdings eine laute Minderheit über Soziale Netzwerke Stimmung gegen die Landwirte macht. "Es herrscht eine massive psychische Belastung, erst durch die Trockenheit im vergangenen Sommer und jetzt das noch", sagt Angermüller.

Es soll nicht nur eine Bevölkerungsgruppe sein, die alles stemmen soll. "Wenn ich die Mähroboter in den Gärten sehe und den gepflegten englischen Rasen, auf dem kein Gänseblümchen mehr wächst, dann bringt das für die Artenvielfalt gar nichts." In privaten und öffentlichen Grünanlagen sollen genauso Blühflächen stehen.

Abgesehen davon müssen sie sich ohnehin schon nach anderen Klima- und Umweltzielen richten, die möglicherweise mit dem Volksbegehren in Konflikt stehen. Die Bauern verlieren die Lust am Job, wie Sebastian Portzelt berichtet. Er hat sich vergangene Woche mit zehn jungen Landwirten unter 30 Jahren getroffen. "Die haben alle gesagt, dass ihre Kinder mal keine Landwirte werden. Die Stimmung ist momentan richtig schlecht."

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