Regiomed: Betriebsräte wollen mehr Transparenz

3 Min

Rund ums Klinikum Coburg gibt es derzeit viele Herausforderungen. Wie beurteilen die Arbeitnehmervertreter die Situation des kommunalen Verbunds?

"Joachim Bovelet hat sich viele Träume erfüllt", sagt Ralf Wöhner über den ehemaligen Hauptgeschäftsführer von Regiomed. "Immer größer, weiter, höher." Ralf Wöhner ist der Vorsitzende des Konzernbetriebsrats und des Betriebsrats bei der Regiomed gGmbH in Sonneberg, zu der die Rettungsdienste, die Seniorenheime und die Zentralverwaltung gehören. "Die Folgen seiner Pläne hat Bovelet nicht berücksichtigt, zum Beispiel bei der Zentralen Verteilerküche oder beim Klinikneubau in Coburg." Es seien die Betriebsräte und die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, die bei all dem nach der Wirtschaftlichkeit gefragt hätten. "Die ist uns aber nie belegt worden."

Es sei durchaus bezeichnend, dass die Arbeitnehmervertreter nach der Wirtschaftlichkeit gefragt hätten, sagt Martin Lücke, Betriebsratsvorsitzender im Klinikum Coburg und, wie Ralf Wöhner, Mitglied im Aufsichtsrat. Die beiden Betriebsratsvorsitzenden haben auch Erklärungen dafür, warum im Regiomed-Konzern in diesem Jahr 4,9 Millionen Euro für Berater und Honorarkräfte gezahlt wurden. Zumindest für einen Teil der Kosten. "Wir haben 2017 mit "Zukunft und Innovation Regiomed" ein Riesenprojekt angestoßen", sagt Lücke. Aber Bovelet habe alle Vorschläge aus diesem Projekt ausgebremst. "Nun wundert man sich, dass man die Kosten hatte, aber nicht den Nutzen."

"Wir haben viele Berater gesehen, aber keine Effekte", sagt auch Ralf Wöhner. Vorschläge aus dem eigenen Haus seien nicht angenommen worden. Viele Berater seien ebenfalls einmal beim Klinikkonzern Vivantes beschäftigt gewesen, von dem auch Bovelet kam, sagt Wöhner.

Ein Minus von 4,5 Millionen Euro sei angesichts eines Umsatzes von 300 Millionen Euro "kein Weltuntergang. Aber man muss überlegen, wofür Geld ausgegeben wird." Zum Beispiel für Honorarkräfte, 2,4 Millionen Euro im laufenden Jahr. Vermeidbar, meint Wöhner: "Wir haben Standorte, die vom Entgelt her nicht so optimal sind." Die Folge: Mitarbeiter, die woanders ein besseres Angebot erhalten, gehen. Die Lücken werden mit Honorarkräften gefüllt, die teilweise drei- oder viermal so teuer seien wie eine reguläre Arbeitskraft, sagt der Konzernbetriebsratsvorsitzende. "Wir haben schon vor zwei oder drei Jahren vorgeschlagen, für Regiomed eine Art mobile Reserve einzurichten, mit Kräften, die einspringen können. Eine solche eigene Eingreiftruppe wäre billiger als Honorarkräfte."

Auch das Thema Aus- und Weiterbildung dürfe nicht länger vernachlässigt werden, fordert Martin Lücke. "Der Verkauf des Marienhauses in Coburg war ein strategischer Fehler", denn dort hätte man den Hörsaal und Büros zur Verfügung gehabt. "Wir haben Probleme bei der Nachqualifikation von Pflegekräften; es wurde zwar eine Regiomed-Akademie installiert, aber man hat die rechtzeitige Suche nach Nachfolgern verpasst." Vor allem bei Pflegekräften hätte man schon längst in die Ausbildung einsteigen müssen, angesichts der Kapazitätsausweitungen in Coburg und Oerlsdorf, die geplant sei, sagt Wöhner.

Vom künftigen Geschäftsführer erhoffe er "mehr Transparenz", sagt Wöhner. Betriebsräte und Beschäftigte würden überdies erwarten, dass sie Neuigkeiten über das Unternehmen nicht aus der Zeitung erfahren. Vor allem sollten die Betriebsräte früher eingebunden werden, fordert Lücke: "Wir wurden immer erst dann informiert, wenn die Geschäftsführung schon entschieden hatte."

Das sagt der Aufsichtsrat

Sechs Vertreter entsendet der Konzernbetriebsrat in den Regiomed-Aufsichtsrat. Ihnen sitzen acht Vertreter der Gesellschafter gegenüber: Je zwei aus den Landkreisen Lichtenfels, Hildburghausen und Sonneberg sowie der Landrat und der Oberbürgermeister von Coburg. Auf diese Aufteilung sechs zu acht einigte man sich beim Arbeitsgericht. Die Arbeitnehmervertreter werden vom Regiomed-Konzernbetriebsrat entsandt. Die sechs Sitze im Aufsichtsrat verteilen sich auf die vier Klinikstandorte Coburg, Lichtenfels, Hildburghausen und Sonneberg, die Servicegesellschaft und die Holding.

Noch. Lücke macht kein Hehl daraus, dass er sich eine neue Zusammensetzung des Aufsichtsrats wünscht, eine Diskussion, die das Coburger Stadtratsmitglied Hans-Heinrich Eidt (FDP) auf der Gesellschafterseite angestoßen hat. Die Gesellschafterversammlung sei ohnehin mit Landräten, Bürgermeistern und Kreisräten besetzt. Im Aufsichtsrat könnten dann Fachleute sitzen, um die Arbeit der Geschäftsführung zu überwachen, hatte Eidt gefordert. Lücke findet das richtig: "Die Gesellschafterversammlung setzt die Richtlinien für die Geschäftsführung, der Aufsichtsrat prüft, ob diese Richtlinien erfüllt wurden." Dafür würden im Aufsichtsrat Fachleute gebraucht, "keine kommunalen Bedenkenträger oder Kreisräte, die auch schon mal im Krankenhaus gelegen haben".

Lücke hegt auch den Verdacht, dass die Gesellschafterversammlung mehr Informationen erhielt als der Aufsichtsrat. Der habe oft nur pro forma getagt. "Das ist natürlich nicht zukunftsgerichtet", sagt Lücke. "Wir brauchen maximale Transparenz und nicht Aufsichtsratsmitglieder erster und zweiter Klasse."

Das sagt der Zweckverband

Das Klinikum Coburg ist das größte im Verbund, es hat die höchste Versorgungsstufene aller Kliniken bei Regiomed, die meisten Beschäftigten, die meisten Patienten und trägt am meisten zum Umsatz bei. Aber es ist in die Jahre gekommen, und die Geschäftsführung favorisiert bislang die Idee, einen neuen Klinikcampus auf dem ehemaligen BGS-Gelände zu errichten.

Die Idee "sei verführerisch, weil sie innovativ ist und wirkliches Neuland", sagt Martin Lücke als Vorsitzender des Betriebsrats im Klinikum. Zum Campus könnten auch (Fach-) Arztpraxen, Bildungseinrichtungen und Serviceangeboten "bis hin zum Bestatter" gehören. Lücke plädiert dafür, den Neubau nicht vom Unternehmen Regiomed, sondern vom Zweckverband Klinikum Coburg vorantreiben zu lassen. Dieser Zweckverband müsse die medizinische Versorgung auf dem Gebiet von Stadt und Landkreis sicherstellen. Über den Zweckverband sind Stadt und Landkreis Coburg Gesellschafter von Regiomed. "Ich hätte große Sympathien für dieses Vorgehen, denn dann müssen Kreistag und Stadtrat sich Gedanken machen."

Bleibe die Planung hingegen beim Regiomed-Konzern, würden die anderen Gesellschafter über dieses "Zukunftsthema" mitbestimmen, sagt Lücke. Da sehe er aber großes gegenseitiges Misstrauen, "und das zieht Regiomed insgesamt runter".