NSA-Affäre - ein Franke wehrt sich

1 Min
Marcus Dinglreiter.
Marcus Dinglreiter.

Die Spionage-Affäre ist nicht nur in Berlin und Washington ein Thema. Ein Lichtenfelser bringt jetzt juristisch einen Stein ins Rollen - über Coburg und Bamberg vielleicht nach Karlsruhe.

Anton Lohneis, von Beruf Leitender Oberstaatsanwalt, hat in den vergangenen Wochen sehr viele ungewöhnliche Fälle auf den Schreibtisch bekommen: Es ging etwa um minderwertiges Fleisch aus dem Coburger Schlachthof, um einen Schulleiter, der Abiturnoten nach oben korrigiert hat, oder auch um einen Gastwirt, der seine Frau erschossen hat - versehentlich, wie der Mann auch vor Gericht beteuerte, nachdem er über seinen Hund gestolpert sein will. Und jetzt hat es Lohneis im kleinen Coburg auch noch mit der großen NSA-Spionageaffäre zu tun.

Auslöser ist das Aufbegehren von Marcus Dinglreiter aus Burgkunstadt im Landkreis Lichtenfels. Ende Juli bereits hatte der 47-Jährige bei der Staatsanwaltschaft Coburg Strafanzeige erstattet -"gegen unbekannt" und "wegen des Anfangsverdachts der Verletzung des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs". Seit Bekanntwerden der NSA-Spionageaffäre fühlte er sich nicht nur bespitzelt, sondern auch von Politik und Justiz alleine gelassen: "Diese Affäre lebt bislang nur von der Berichterstattung in den Medien", sagte Dinglreiter unserer Zeitung, "es muss jetzt auch zu einer staatlichen Überprüfung kommen." Deshalb die Anzeige, die auch schon einiges in Bewegung gesetzt hat.

Der Jubel der Piratenpartei, bei der sich Dinglreiter seit gut einem Jahr engagiert, mag allerdings etwas verfrüht und auch übertrieben sein. So hieß es in einer am Freitag veröffentlichten Erklärung: "Die Staatsanwaltschaft Coburg ist jetzt die erste Staatsanwaltschaft in Deutschland, die im Zuge des NSA-Skandals wegen der Verletzung des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs ermittelt."

Tatsache ist jedoch, dass die Coburger Staatsanwaltschaft den "Fall" bereits an den Generalstaatsanwalt in Bamberg weitergegeben hat. "Denn wir halten uns in dieser Angelegenheit für nicht zuständig", erklärt Anton Lohneis. "Da geht es um Polit-Straftaten in größeren Maßen." Er will es deshalb auch nicht ausschließen, dass die Anzeige noch einen weiteren Weg von Bamberg nach Karlsruhe nimmt und vom Generalbundesanwalt bearbeitet wird.

Marcus Dinglreiter ist es letztlich egal, welche Instanz sich damit beschäftigt. Ihm ist vor allem wichtig, dass die in Deutschland wohl erfolgten Bespitzelungen der amerikanischen und britischen Geheimdienste grundlegend untersucht werden. Außerdem will er die breite Öffentlichkeit wachrütteln: "Viele Leute wissen noch zu wenig." Auch würden die meisten glauben, dass sie selbst gar nicht betroffen sind. Dingleiter ist sich da allerdings nicht so sicher: "Wir Bürger haben Bürgerrechte, und die sind möglicherweise verletzt worden." In seinem Beruf als Rechtsanwalt führe er etwa regelmäßig vertrauliche Telefonate, und da wolle er es sich nicht gefallen lassen, dass vielleicht Dritte mithören. "Das akzeptiere ich nicht!"

Ebenso hatte es Dinglreiter nicht akzeptiert, als die Staatsanwaltschaft Coburg seine Anzeige zunächst gar nicht weiterverfolgte. Auch die von Dinglreiter daraufhin erhobene Beschwerde beim Generalstaatsanwalt in Bamberg brachte keinen Erfolg. Erst mit einer sogenanten Ermittlungserzwingungsklage an das Oberlandesgericht Bamberg brachte er den Stein letztlich ins Rollen.