Neustadt und Sonneberg wollen zu einem gemeinsamen die Landesgrenze überschreitenden Oberzentrum werden.
Die beiden Städte Neustadt und Sonneberg sind praktisch zusammengewachsen. Sie bilden einen Siedlungsraum mit rund 40 000 Menschen. "Aber zwischen diesen 40 000 hindurch läuft die Landesgrenze", stellt Sonnebergs Bürgermeister Heiko Voigt (parteilos) fest. Weil dadurch die dringend in vielen Bereichen notwendige Zusammenarbeit der beiden Städte behindert wird, suchen die Verantwortlichen auf beiden Seiten nach einer "Klammer" (Voigt), die sie besser aneinander bindet. "Wir haben den Antrag gestellt, die beiden Städte als gemeinsames Oberzentrum auszuweisen", nennt Neustadts Oberbürgermeister Frank Rebhan (SPD) die "Klammer" beim Namen.
Schon in den 90er Jahren gab es die Idee, eine grenzübergreifende Zusammenarbeit auf ähnliche Weise zu manifestieren. Damals wurde über ein gemeinsames Mittelzentrum nachgedacht. Doch, "Die Unterschiede waren einfach noch zu groß", stellt Rebhan fest.
Das ist jetzt anders. "Wir sind heute bei der wirtschaftlichen Entwicklung und bei den Arbeitslosenzahlen auf dem Niveau der Nachbarn angekommen", erklärt Heiko Voigt.
Seit dem Fall der innerdeutschen Grenze hat sich aber noch viel mehr Gemeinsames entwickelt. Beim öffentlichen Personennahverkehr beispielsweise arbeiten die Städte zusammen. Sonneberg wird in Teilen der Kernstadt durch die Stadtwerke der fränkischen Nachbarin mit Breitband-Internet versorgt. Das Neustadter Krankenhaus gehört wie das Sonneberger zum Klinikverbund Regiomed und wird von Sonneberg aus mit verwaltet. Beide Städte gehören zur Metropolregion Nürnberg.
Dass der Antrag gerade jetzt gestellt wird, hängt mit der momentan laufenden Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms für den Freistaat Bayern zusammen. Dabei wird auch über künftige Einordnungen als Mittel- oder Oberzentrum entschieden.
Mittelzentrum ist zu wenig
Nun hätten die beiden Städte einfach erneut einen Vorstoß unternehmen können, um als gemeinsames Mittelzentrum anerkannt zu werden. Doch dazu stellt Frank Rebhan klar: "Wir wollen für beide Städte eine Verbesserung erreichen. Mittelzenrum sind wir ja schon." Heiko Voigt ergänzt: "Oberzentren sollen wichtige Funktionen für einen großen Raum übernehmen. Und wir sind in der Lage dazu, das künftig zu tun."
Vor allem aber erhoffen sich die Stadtparlamente hier wie dort, durch Verträge, über die eine Zusammenarbeit als gemeinsames Zentrum geregelt werden müsste, Hindernisse zu beseitigen. Bisher sind gemeinsame Bauleitplanung oder übergreifende Naturschutzprojekte nur schwer voran zu bringen. Gleichzeitig macht aber das Naturschutzgroßprojekt "Das Grüne Band" deutlich, wie erfolgreich über Landesgrenzen hinweg gearbeitet werden kann.
Weil in Bayern gerade die Fortschreibung des LEP läuft, wurde der Antrag zunächst hier an die Staatsregierung gestellt. Doch Heiko Voigt sprach über die Pläne einer engeren Zusammenarbeit auch schon mit Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke). "Er steht einer Zusammenarbeit positiv gegenüber", versichert Voigt.
Gebietsreform ein Ärgernis
In Thüringen werden gerade Landkreise im Zuge einer Gebietsreform neu geordnet. Dabei könnte im Süden des Landes ein Großkreis gebildet werden, zu dem die heutigen Landkreise Hildburghausen, Sonneberg und Suhl gehören. Zentrum wäre dann Suhl. Vor allem in Sonneberg stößt das auf breite Ablehnung. Bürger und Verwaltung fürchten in Erinnerung an DDR-Zeiten, abgehängt und fremdbestimmt zu werden. Dabei hat sich Sonneberg zu einem bedeutenden Wirtschaftsraum Thüringens entwickelt. Dass der Verein Henneberg Itzgrund, der auf Anerkennung einer fränkischen Identität des Raumes südlich des Rennsteigs pocht, ein Verfahren zur Angliederung Sonnebergs an Bayern auf den Weg bringen will, möchte Voigt nicht in Zusammenhang mit der jetzt beantragten Einstufung als gemeinsames Oberzentrum sehen. In den Kommunen nahe der bayerischen Grenze mehren sich aber die Stimmen, die so einen Schritt dem Weg in einen thüringischen Großlandkreis vorziehen würden.