Mit sich selbst und den anderen tanzend dichten

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Ein so tänzerisch ausdrucksstarkes wie choreografisch einfallsreiches Ensemble bietet wieder mitreißende Tanzminiaturen. Fotos: Henning Rosenbusch
Ein so tänzerisch ausdrucksstarkes wie choreografisch einfallsreiches Ensemble bietet wieder mitreißende Tanzminiaturen.  Fotos: Henning Rosenbusch
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Die choreografischen "First Steps" des Coburger Balletts kommen auch in diesem Jahr schon sehr ausgefeilt, einfallsreich und verblüffend daher.

Diese Show bietet jedes Jahr Besonderes, Anderes, Verblüffendes. "The Show Must Go On" lautet der Titel auch tatsächlich heuer, und wir sind nach dieser Premiere der Jungen Choreografen des Landestheaters froh, dass das so ist. Am Sonntag zeigten die Tänzerinnen und Tänzer des beeindruckenden Coburger Balletts in der Reithalle wieder einmal, welch packendes choreografisches Potenzial zusätzlich zu ihren Tanzkünsten in ihnen steckt.
Pure Begeisterung herrschte nach den wieder ungemein reichen Miniaturen. Diese schon so weit durchdachten, ausgefeilten, bildkräftigen und emotional reichen Tanzstückchen noch als "First Steps" zu bezeichnen, ist schon gewaltiges Understatement.
Jedes der neun kleinen, manchmal durchaus auch schon größeren Werke verdiente es, detailliert beschrieben zu werden. Das geht hier nicht. Wie gut, dass die Tanzbegeisterten der Region in den nächsten Wochen selbst in die Reithalle kommen können, um solch einfallsreiche Bewegungskunst zu erleben.


Perception, Wahrnehmung

Sylvain Guillot, dieser kraftvoll expressive Tänzer, wie er sich unter anderem auch in Lucia Coloms rassigen und witzigen Tango zeigte, begann den Abend gleich mit einer ausgefeilten Bewegungsstudie zu den fünf menschlichen Sinnen, die das Tor zum Leben bedeuten. Starke Solos, bevor Chih-Lin Chan, Lucia Colom, Jaume Costa i Guierrero, Mireia Martinez Pineda und Takashi Yamamoto sich im Ensemble der fünf Sinne vereinen, zur unter die Haut gehenden Musik von Philip Glass, Henryk Górecki bis zu Hans Zimmer mit Guillots schon sehr eigenständiger, aus der Klassik ausgebrochenen Bewegungssprache.
Große Linie nochmals dann zum Abschluss in Lauren Limmers "Right Foot First", das im Zucken der Zwangsstörungen Gesten der Angst, Verstörung, Verwirrung in eigener Ästhetik bindet.


Witziges und Schmerzhaftes

Ob Jordi Arnau Rubio in seinem quirligen Kampf mit sich selbst, ob Takashi Yamamoto seine Tänzerin Chih-Lin Chan in "I Think It's Raining" im gelben Mantel in witzige Körperansichten treibt, oder ob wiederum Chih-Lin Chan in "Löwenzahn" Lauren Limmer, Mireia Martinez Pineda und Takashi Yamamoto in sich bauschenden weißen Kleidern hypnotisch davon schweben lässt - von Stück zu Stück mehr öffnen diese jungen Tanzansichten den Zuschauer für andere Sichtweisen. Schmerzhaftere Wahrheiten bieten die von Natalie Holzinger einstudierte Fantasie eines Pfarrers zwischen Realität und geistigem Leben zu Bachs Cello-Suite Nr. 5, in der Takashi Yamamoto und Chih-Lin Chan einmal mehr tänzerisch mit emotionaler Bildkraft fesseln.
Mireia Martinez Pineda setzt sich, selbst tanzend zusammen mit Lauren Limmer als ihrem Alter ego, mit dem Wissen um die Unvermeidlichkeit des Todes auseinander. Und Jaume Costa i Guierrero wiederum zusammen mit Lauren Limmer geraten in eine wunderschöne, doch ebenso schmerzhafte, weil nicht zukunftsfähige Affäre.
Die Themen, immer wieder auch neue Ausdrucksmuster und expressive Körperhaltungen und mitunter auch uns hier fremde, aufrüttelnde Musik, welche diese aus aller Welt stammenden jungen Choreografen bringen, lassen auch die "First Steps 2017" zum besonderen Theaterangebot werden.

Landestheater Coburg First Steps - The Show must go on. Choreografische Miniaturen des Coburger Balletts.

Choreografie, Bühnenbild und Kostüme: Chih-Lin Chan, Lucia Colom, Seyong Kim, Eun Kyung Chung, Lauren Limmer, Mireia Martinez Pineda, Jaume Costa i Guerrero, Jordi Arnau Rubio, Sylvain Guillot, Takashi Yamamoto

Weitere Vorstellungen 27., 28., April, 6., 7. Mai, 20 Uhr