Acht Coburger Stadtratsmitglieder stimmten gegen die Rehabilitierung von Max Brose. Sie störten sich aber in erster Linie daran, dass sich der Stadtrat von 2004 nicht gründlich genug vorbereitet haben soll, wie es in der Sachdarstellung zum Beschluss heißt.
Der eigentliche Beschluss ist gerade mal fünf Zeilen lang, die zentrale Formulierung lautet "der Stadtrat bedauert". Für Streit sorgte aber in der Sitzung eher das, was in der Beschlussvorlage unter "Sachdarstellung" zusammengefasst ist: Als der Stadtrat sich im Juli 2004 mit der Frage befassen sollte, ob die Von-Schultes- in Max-Brose- oder in Brose-Straße umbenannt werden sollte, sei das nicht ausreichend vorbereitet gewesen. Gegen diese Aussagen wandten sich Wolf-Rüdiger Benzel (Grüne) und Monika Ufken (SPD). Beide waren in jener Sitzung dabei, als es galt, einen an sich rechtsgültigen Beschluss des Bau- und Umweltsenats aufzuheben. Der hatte "Brose-Straße" beschlossen, und es war einigen im Stadtrat klar, dass dies nicht den Gefallen des damaligen geschäftsführenden Brose-Gesellschafters Michael Stoschek finden würde.
Dass es hinterher hieß, einige Stadträte hätten gegen Max-Brose-Straße gestimmt, weil Broses Rolle im Dritten Reich unklar gewesen sei, empfanden Stoschek und die übrigen Familienmitglieder als Ehrabschneidung gegen den Firmengründer, Stoscheks Großvater. Die Reaktion: Brose gab keine Spenden an Coburger Vereine und Institutionen mehr. Zwar engagierten sich Michael Stoschek und seine Schwester Christine Volkmann wiederholt mit hohen Beträgen in und für Coburg, aber vom Unternehmen selbst gab es nichts.
Debatte beendet
Schon 2004 hätte vermutlich eine Stadtratsmehrheit jenen Nicht-Beschluss am liebsten ungeschehen gemacht. Doch es war zu spät - und die Bedingung, die Michael Stoschek stellte, lauteten noch im Januar "einstimmige Entschuldigung des Stadtrats". Von Entschuldigung ist in dem jetzigen Beschluss keine Rede, und dass die vier Grünen und einige SPD-Stadträte nicht zustimmen würden, war auch im Vorfeld klar. Martin Lücke und Monika Ufken waren 2004 schon im Stadtrat, Franziska Bartl und Dominik Sauerteig sind erst seit 2014 dabei.
Warum sie gegen den Beschlussvorschlag stimmen wollte, durfte Franziska Bartl nicht mehr ausführen - eine Stadtratsmehrheit beendete nach insgesamt vier Beiträgen die Debatte. Die längste Rede hielt Friedrich Herdan (CSU), als IHK-Präsident einer der Nachfolger von Max Brose. Der führte die IHK zu Coburg von 1933 bis zu ihrer angeordneten Auflösung 1943. Er halte es für schwierig, aus heutigen "heilen, bequemen und demokratischen" Verhältnissen heraus das Verhalten der Menschen im Nationalsozialismus zu verurteilen, sagte Herdan. "Wären wir damals unter den Mutigen gewesen?" Brose habe sich als IHK-Präsident schützend vor die Coburger Firmen gestellt. 1943 wurden die Industrie- und Handelskammern von den Nazis abgeschafft, und Brose nicht in die neu geschaffene Gauwirtschaftskammer berufen, gab Herdan zu bedenken. Brose habe den Erwerb des Palais Edinburgh für die IHK organisiert und großenteils finanziert, und er legte den Grundstein für das Unternehmen mit heute 3600 Arbeitsplätzen in Coburg. "Die Stadt hat der unternehmerischen Lebensleistung von Max Brose viel zu verdanken."
Straßen-Ehren-Ordnung
Eine Max-Brose-Straße stand gestern im Stadtrat nicht zur Debatte. Michael Stoschek würde sich "darüber freuen", hatte er im Tageblatt-Interview zu Protokoll gegeben. Aber noch steht das Thema nicht auf der Tagesordnung. Vorher wird sich der Stadtrat damit befassen müssen, unter welchen Kriterien überhaupt Straßennamen vergeben werden. Er könne sich vorstellen, die Ehrenordnung des Stadtrats entsprechend zu ergänzen, sagte Oberbürgermeister Norbert Tessmer (SPD). Eingebracht hatten den Antrag die Grünen.
Was doch des Geldes wegen nicht alles möglich ist!
Es bliebt zu Hoffen, daß der Wähler diese Rückgrat- und charakterlosigkeit des Stadtrates und vor allem den (neuen) OB bei der nächsten Wahl würdigen wird.