Mode, Sushi, Schokolade: Mit welchen Produkten Markthallen-Betreiber Werner Häfele und seine neuen Partner Kunden anlocken wollen.
Noch herrscht der rohe Charme von Beton. Aber Hubert Wall hat eine Käseplatte mitgebracht, Janis Franz rückt, unterstützt von Mutter Jasmin und Schwester Maxima die Kleidungsstücke auf dem Ausstellungstisch zurecht und Ngan Nguyen trägt einen großen Teller mit Sushi herein. Die künftigen Mieter der Markthalle am Albertsplatz präsentierten am Montag nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Produkte.
Bis auf zwei sind alle dafür vorgesehenen Flächen vermietet. Für eine laufen noch Verhandlungen mit einem regionalen Anbieter. "Das ist sehr weit gediehen", versichert Werner Häfele, der Betreiber der Markthalle. Mit ihm hat die Wohnbau Stadt Coburg (WSCO), die Eigentümerin der Immobilie, den Vertrag geschlossen; er soll sich darum kümmern, dass die Verkaufsfläche gefüllt und an sechs Tagen die Woche jeweils mindestens elf Stunden geöffnet ist.
Von Anfang an wollte Häfele Händler regionale Produkte und/oder Spezialitäten anbieten. Inzwischen, sagt er, sei das Konzept etwas abgewandelt: Zu Gastronomie und Lebensmitteln sei der "Life-Style" gekommen. Dafür zuständig ist Janis Franz, Tochter von Jasmin Franz, die in der Ketschenvorstadt schon ein Schuhgeschäft und eine Boutique betreibt. Janis Franz wird auf 350 Quadratmetern Mode, Accessoires und Schuhe anbieten und will Events organisieren, die zu einer Markthalle passen, wie sie sagt.
Theke der "Genussregion"
Für die (Fein-)Kost ist Hubert Wall zuständig: Der Schwabe hat in Geifertshofen (Hohenlohe) eine Käserei mit aufgebaut, ging jedoch 2011 nach Eisenach und eröffnete dort mit seiner Frau ein Käsegeschäft. In der Markthalle Reutlingen betreibt er eine Filiale. Käse, dazu Obst und Gemüse, wird Wall auch in Coburg anbieten. "Was uns reizt, ist die Genussregion Coburg", sagt Hubert Wall. Deshalb will er auch regionale Produkte ins Sortiment nehmen.
Damit wäre ein Anliegen von Stefan Hinterleitner erfüllt, dem Regionalmanager. Die "Genussregion Coburger Land" kann zwar auf die Bauern- und Wochenmärkte sowie die Dorfläden verweisen, aber so etwas wie eine "Regionaltheke" gibt es bislang nicht. Außerdem sind die Produzenten sehr unterschiedlich - vom Freizeit-Imker bis zum Bauernhof mit Direktvermarktung und zur Obstkelterei. Für kleine Produzenten wären die Anforderungen einer Markthalle nicht zu stemmen gewesen, sagt Hinterleitner. Wall hingegen könne die geforderten Öffnungszeiten gewährleisten.
Ohne die Unterstützung des Regionalmanagers und der WSCO hätte sich das Konzept nicht verwirklichen lassen, betont Häfele. Das Genuss-Konzept für den Albertsplatz wird abgerundet durch eine Filiale der Bäckerei Nahrstedt (Meiningen) und das Geschäft von Birgit Ebert, "Liaison au Chocolat", das vom Steinweg an den Albertsplatz umziehen wird. Familie Nguyen hingegen wird einen zweiten Betrieb eröffnen: Im Steinweg bleibt der Imbiss, am Albertsplatz kommt ein Restaurant mit vietnamesischer Küche und Sushi dazu. Ngan Nguyen lobt die Lage am Albertsplatz, Hubert Wall verweist auf die Tiefgarage unterm Haus: Die Parkmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe seien für ihn entscheidend gewesen.
"Belebendes Element"
Die Nguyens haben fast sofort unterschrieben, aber der erste Mieter, der eröffnet hat, war Enrico Pizzato im Juli mit seinem San Geladona Eis-Shop. Vorgesehen ist noch ein weiterer Gastronomiebetrieb an der Seite zur Kuhgasse hin, aber da ist laut Werner Häfele noch nichts entschieden: "Das haben wir absichtlich ein wenig zurückgehalten. Da wollen wir etwas ganz Besonderes bringen."
Nun, da die Mieter feststehen, kann es mit der Feinplanung der Markthalle weitergehen. Das sei genehmigungs- und bautechnisch einigermaßen kompliziert, sagt Häfele. "Die Textilien sollen ja nicht nach Käse riechen." Zielmarke für die Eröffnung ist das nächste Sambafestival, also Mitte Juli 2017, wobei Häfele und seine Mieter nichts dagegen hätten, wenn alles vorher fertig wird. Wer welchen Anteil der Ausbaukosten übernimmt, darüber schweigen sich die Beteiligten aus. "Wir haben da ein vernünftiges Gesamtkonzept", sagt Christian Meyer, Geschäftsführer der WSCO. Er lobt die städtische Politik: Die habe mit der Unterstützung des Markthallenkonzeptes Mut gezeigt. "Ich bin guter Dinge, dass das hier zu einem belebenden Element in Coburg wird."
Mode-Chichi in einer Markthalle ... – gibt's wohl nur in Coburg. Aber das "Ding" ist ja wohl alles mögliche, nur keine Markthalle. Wie eine "Markthalle" aussieht, könnten sich die so hochwohllöblichen wie grundlos großsprecherischen Verantwortlichen in der Partnerstadt Niort täglich im Betrieb anschauen; und zwar in der Markthalle von 1869 mitten in der Stadt direkt neben dem Donjon ... – oder in französischen Städt(ch)en und Gemeinden sonder Zahl. Termine gibt's z. B. hier: http://www.jours-de-marche.fr/ – aber nur, wenn sie sich nicht an markthallentypischen olfaktorischen Empfindungen stören, die auch schon mal von lebendem Federvieh ausgehen können.
Schade, wäre auch zu schön gewesen, wenn da was Ordentliches - wie eigentlich angekündigt - entstanden wäre. Zur Erinnerung: Im Dezember 2015 wurden öffentlichkeitswirksam Pläne präsentiert, auf denen folgende Marktstände bzw. Verkaufsflächen eingezeichnet waren:
- Tee
- Obst und Gemüse
- Feinkost
- Eisdiele
- Säfte/Brände
- Direktvermarkter
- Blumen
- Sekt
- Metzger
- Vinothek
- Bäcker
Und was bekommen die Kunden nun? Einen Laden, der lediglich vom Steinweg umzieht, eine 0815-Filiale einer großen Bäckereikette, einen nicht ansatzweise regionalen Feinkostverkäufer... Die Rede war damals, also 2015, in einem lokalen Fernsehbeitrag übrigens wörtlich von "regionalen Untermietern statt großer Ketten". Selten so gelacht!
Es spricht Bände, dass man immer noch auf Mietersuche ist, obwohl man ja schon extra einen nicht geringen Teil der eigentlich für Lebensmittel vorgesehenen Fläche umgewidmet hat, um Schuhe und Accessoires da rein zu packen. Wie absurd ist das denn? Was sollen Schuhe und Accessoires mit einer regionalen Markthalle zu tun haben?
In der "Eisdiele" ("kleiner Verkaufsstand" würde es wohl besser treffen) war ich einmal, es hat mich nicht überzeugt. Da finde ich die bekannten, alteingesessenen Coburger Eisdielen deutlich besser.
Ach ja: Von einer Eröffnung zu Samba hatte man schon mal gesprochen. Das war aber 2015. Und die Rede damals war von Samba 2016...
Schade, dass man kein Kündigungsrecht mit aufgenommen hat, wenn das Konzept nicht wie eigentlich angekündigt umgesetzt wird. Dann wäre die damals im Gespräch gewesene Alternative, eine Netto-Filiale, nun im Nachhinein betrachtet deutlich besser gewesen.
Aber was wundert's einen noch? DAS ist eben Coburg.
Unter diesen Umständen bekommt vielleicht die geplante regionale Vermarktung in Esbach wieder Auftrieb und eine Chance zur Verwirklichung?
Das glaube ich eher nicht. Wenn sich nicht einmal genug Händler bzw. Produzenten finden, die in die Markthalle nach Coburg wollten, wie soll das dann in Dörfles klappen? Das ist immerhin ein in die Jahre gekommenes Gewerbegebiet mit extrem hohem Leerstand. Auf der nördlichen Straßenseite der Ziegelei steht mittlerweile fast ALLES leer, nur ein Getränkemarkt und eine kleine Bäckerei sind übrig geblieben. DM, Reno, "Cool Center", die Kleiderkläden, der Motorradladen - alle haben geschlossen bzw. sind umgezogen.
Das alte Coburg-Syndrom: Mit großen Hunden pissen gehen wollen, aber nicht über Pinscher-Niveau hinauskommen. C'est moins tragique que ridiculement gênant ...