Neustadt bei Coburg
Exponat des Monats

Lustige Gesellen für jeden Anlass

Was heute die Geschenkbox ist, waren früher die Geschenkartikel. Sie wurden passend für jeden Anlass hergestellt.
Die Geschenkartikel stammen aus dem Musterzimmer des Neustadter Bossierers Franz Hutschgau.
Die Geschenkartikel stammen aus dem Musterzimmer des Neustadter Bossierers Franz Hutschgau. Foto: Cindy Dötschel

Dass sich die Geschenkartikel in der Mitte auseinandernehmen lassen, ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen. "Im Grunde sind die Geschenkartikel eine Art Verpackung für Süßigkeiten oder Geld. Sie stammen aus den 50er Jahren und wurden als Mitbringsel gekauft", sagt Udo Leidner-Haber, Leiter des Museums der Deutschen Spielzeugindustrie in Neustadt. Geschenkartikel wurden für sämtliche Anlässe des Jahres hergestellt. "Es gibt sie in Form von Osterhasen und Küken, zum Schulanfang, zum Geburtstag, zu Weihnachten und eben auch zum Fasching."

Aus dem Musterzimmer

Die Geschenkartikel bestehen aus geprägter Pappe, die mit bunter Holzspähne und Glasperlen versehen ist. "Die Köpfe sind mit einer Spiralfeder befestigt - bei der Übergabe sieht es lustig aus, wenn die Köpfe wackeln", sagt Museumspädagogin Alexandra Taschner. Mit der Mode hat sich das Material der Geschenkartikel verändert. "Der Vorgänger der geprägten Pappe war gegossenes Papiermaché, der Nachfolger Kunststoff", zeigt Udo Leidner-Haber den Wandel auf.

Die Geschenkartikel im Depot des Neustadter Spielzeugmuseums stammen aus dem Musterzimmer des Neustadters Franz Hutschgau, der von 1902 bis 1992 lebte. "Ein Musterzimmer ist ein Raum, in dem Prototypen und Musterstücke ausgestellt werden. Händler und Vertreter kommen hier her, um sich die Sachen in original anzuschauen und schließen dann Aufträge und Verträge ab", sagt Alexandra Taschner. Obwohl heute die Möglichkeit besteht, seine Artikel online zu präsentieren, hätten noch immer zahlreiche Firmen ein Musterzimmer.

Der letzte Bossierer von Neustadt

Franz Hutschgau arbeitete als Bossierer. Er war der letzte Bossierer Neustadts. "Das Berufsbild ist eines der ältesten in der Spielzeugindustrie", sagt Udo Leidner-Haber. Bossieren bedeutet im ursprünglichen Sinn, etwas frei aus der Hand zu modellieren. Das Berufsbild entwickelte sich in der ersten Hälfe des 18. Jahrhunderts. Damals begann man, roh geschnitztes Spielzeug mit einer Mischung aus Leimwasser und Mehl zu ummanteln und dann zu bemalen. Gemeinsam mit Sonneberg bildete Neustadt einst das Zentrum des Bossierer-Handwerks.

Weil sich Papiermaché in der Spielzeugindustrie etablierte, arbeiteten Bossierer ab 1820 mit den Drückern, die das Material in Formen drücken und somit eine höhere Stückzahl herstellen konnten, zusammen. Um 1918 kamen dann noch Pappepräger und Papiermaché-Gießer hinzu. Bossierer waren dann noch für die Bemalung und Garnierung der Figuren zuständig. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die bislang gängigen Materialien durch Kunststoff ersetzt. Das Berufsbild des Bossierers gab es in seiner ursprünglichen Form nicht mehr. Produkte wie etwa Füllartikel oder Stehaufmännchen wurden seitdem aus anderen Materialien hergestellt.