Beim Awo-Treff Bad Rodach geben Anfänger dem Computer eine Chance - und wundern sich, wenn sie plötzlich am Roten Platz stehen.
Die meisten haben ihre Brille weit nach vorne geschoben und werfen ihre Blicke in den rechteckigen Kasten vor ihnen. Diese Blicke sind recht unterschiedlich - von neugierig über konzentriert bis verständnislos. Nur wenige können den Ausführungen von Referentin Ingrid Hoffrichter auf Anhieb folgen. Aber das macht nichts. "Wenn wir etwas nicht sofort können, dann wiederholen wir es eben", sagt Gerhard Wendling, ein Teilnehmer.
Er wollte sich eigentlich nie einen Laptop anschaffen. Aber dann sollte er Kassier für einen Verein mit 300 Mitgliedern werden. "Der Vorgänger hat noch alles von Hand gemacht, aber das ist bei der Größe eigentlich zu umständlich", sagt Wendling. Also musste doch ein Computer her.
Sein Enkel, sagt Wendling, sei 13 Jahre alt und verstehe viel mehr von Computern als er. Klar, er ist mit Laptops, Smartphones und Tablet-PCs aufgewachsen.
",Opa', sagt der immer, ,das ist doch ganz einfach!'" Das alles interessiert Wendling aber nicht: "Ich möchte nur die Grundlagen wissen." Dabei hilft ihm der Kurs im Mehrgenerationenhaus der Awo in Bad Rodach - und sein Schwiegersohn. Der hat Luft- und Raumfahrttechnik studiert. Ein Fachmann.
Heute lernen die Kursteilneherm einige Funktionen des Schreibprogramms "Word". Referentin Ingrid Hoffrichter ist geduldig mit ihren Schülern und erklärt alles schrittweise, für jeden nachvollziehbar. Wenn jemand gar nicht mehr mitkommt, dann hilft der Nebenmann - oder Ingrid Hoffrichter kommt an den Platz und schaut mit über die Schulter. Sie hat eine Menge Ahnung von Computern - und das obwohl sie erst kürzlich 70 Jahre alt wurde.
Woher kommt die Begeisterung für die Technik? "Ich habe über 40 Jahre lang im Büro gearbeitet. Die Einführung der Computer habe ich von Anfang an miterlebt.
Ich bin quasi hineingewachsen", sagt Hoffrichter. Ihr Interesse sei auch danach nicht abgeklungen, vor allem wegen der digitalen Fotografie. "Es macht einfach einen Haufen Spaß, und das versuche ich an die Teilnehmer zu vermitteln." Ob denn ein jüngerer Mensch die Materie besser vermitteln könnte? "Ich glaube nicht. Jungen Menschen fehlt dazu einfach die Geduld."
Technischer Hürdenlauf Das manchmal nicht gleich alles funktioniert, liegt oft nicht an den Teilnehmern, sondern an technischen Hürden. Bei einem Teilnehmer macht der Akku des Computers schlapp, ein Ladekabel hat er nicht dabei. Ein anderer Teilnehmer hat eine andere Programmversion und findet deshalb nicht sofort die erklärten Schaltflächen und Eingabemasken. Doch immer ist jemand zur Stelle, der hilft. "Wir sind einfach eine tolle Truppe.
Ich schätze besonders die kameradschaftliche Atmossphäre im Kurs", sagt Wendling. Hier könne man ohne Druck lernen.
Unterschiedliche Interessen Die Motivation der Teilnehmer ist indes höchst verschieden. Hannelore Stauch beispielsweise möchte auf der einen Seite die Scheu vor der Technik verlieren, auf der anderen Seite den PC als Gedächtnistrainer nutzen. Roswitha Beierweck wollte sich endlich damit auskennen, worüber fast alle sprechen: "Immer wieder wird ja im Fernsehen oder Radio auch auf das Internet verwiesen. Da wollte ich einfach nicht mehr zurückstehen", sagt sie. Diese Medien würden immer wichtiger, man dürfe den Anschluss nicht verlieren.
Bei Gerhard Wendlig war die Wahl zum Kassier der entscheidende Anstoß, sich auf einen Computer einzulassen. Außerdem hat er einige Spielereien entdeckt, die ihm besondere Freude machen.
Google Earth beispielsweise. Dort könne er von zu Hause aus in Monte Carlo spazieren gehen. Oder in Moskau, am Roten Platz. Besonders hat es ihm ein Programm für Internettelefonie angetan: Skype. "Damit kann ich via Webcam mit meinen Enkeln in Koblenz nicht nur sprechen, sondern sie auch sehen."