Kostümführung mit "Hoflieferanten"

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Hoflieferanten wie die Konditorei Feyler durften sich mit dem herzoglichen Wappen schmücken. Nora Meixner führt als Hofdame Nora von Hirsch auf Gereuth zu den Coburger Hoflieferanten, Peter Feyler hält die Tradition hoch. Foto: Simone Bastian
Hoflieferanten wie die Konditorei Feyler durften sich mit dem herzoglichen Wappen schmücken. Nora Meixner führt als Hofdame Nora von Hirsch auf Gereuth zu den Coburger Hoflieferanten, Peter Feyler hält die Tradition hoch. Foto: Simone Bastian

Nora Meixner ist ausgebildete Stadtführerin und bietet ab sofort ihre eigene Kostümführung unter dem Titel "Hoflieferanten" an.

Es ist natürlich nur ein Klischee: Österreicher legen Wert auf Titel. Nora Meixner stammt unüberhörbar aus Wien. Und sie nennt sich Hofdame Nora von Hirsch auf Gereuth. Aber nicht der Titel wegen, sondern weil sie unter diesem Namen und in dieser Rolle Stadtführungen in Coburg anbietet und dabei über die Coburger Hoflieferanten informiert.

Etliche Geschäftshäuser tragen noch das Sachsen-Coburg-Gotha'sche Wappen mit dem Wahlspruch "fideliter et constanter" ("treu und fest") an der Fassade. Doch es sind nur einige wenige, im Verhältnis zu all den Hoflieferanten, die es in Coburg einmal gab. Hofmeister & Grasser zum Beispiel, die Möbelschreiner, die sogar zur ersten Weltausstellung in London eingeladen waren. Oder die Firma Hess, zuletzt Sportartikel-Geschäft. Sie stellte einst Handschuhe her und belieferte damit auch den herzoglichen Hof.

Geschichten und Geschichte hat Nora Meixner da zusammengetragen, mit der Hilfe von Walter Grasser und Gerhard Eckerlein. Walter Grasser ist ein Nachfahre jener Möbelschreiner, die im 19. Jahrhundert den englischen Königspalast belieferten, Gerhard Eckerlein engagiert sich in der Initiative Stadtmuseum und befasst sich intensiv mit der Coburger Wirtschaftsgeschichte. So entdeckte er im Staatsarchiv eine Liste der Coburger Hoflieferanten - die Basis für Nora Meixners Führungen. Weiteres Wissen steuerten die Nachfahren jener Hoflieferanten selbst bei, wie zum Beispiel Peter Feyler, der heute die Konditorei und Lebkuchenbäckerei führt. "Ich bin mir sicher, dass unsere Coburger Schmätzchen am Hof gegessen wurden - und auch am russischen Zarenhof", sagt Feyler. Außerdem weiß er, dass die Schmätzchen auch am schwedischen Königshof beliebt sind, und Papst Benedikt hat sogar ein Dankschreiben nach Coburg geschickt.

Solche Geschichten und mündliche Überlieferungen ("dieser Graubereich von Wissen") begeistern Nora Meixner. Als sie ihrem Mann zuliebe von Wien nach Coburg umsiedelte, ließ sich als Neu-Coburgerin zur Stadtführerin ausbilden, um ein Gefühl für die neue Heimat zu entwickeln. "Geschichte, das sind Erinnerungen aus zweiter Hand", sagt sie. Eigene an Coburg hat sie nicht - und inzwischen weiß sie über die Stadtgeschichte mehr als ihr Mann Michael.

Den und ihre drei Kinder hat sie längst angesteckt mit ihrer Begeisterung für die Historie. Das beginnt schon beim Namensgeber, der Familie Hirsch auf Gereuth. Jakob Hirsch, bayerischer Hofbankier, wurde als erster Jude in den bayerischen Adelsstand erhoben und kaufte Anfang des 19. Jahrhunderts Schloss und Gut Gereuth bei Untermerzbach. Ende des 19. Jahrhunderts verkaufte die Familie das Gut wieder. Seither, sagt Nora Meixner, finden sich kaum Spuren dieser Familie, obwohl Jakob von Hirsch eine große Rolle im Finanzwesen spielte und mehrere Kinder hatte.

Inwieweit tatsächlich Verbindungen zum herzoglichen Hof in Coburg bestanden, ist unklar. Gereuth lag für Coburger damals im bayerischen Ausland. Die Herzogsfamilie selbst baute im 19. Jahrhundert ihre internationalen Verflechtungen weiter aus. Ein Zweig der Familie lebte gar in Wien. "Ich habe ganz in der Nähe des Palais Coburg gearbeitet, ohne zu wissen, woher der Name kommt", erzählt sie.

Geschichte ist nicht das einzige Steckenpferd der Biologin. Als Mopsbesitzerin hatte sie die Idee, Gleichgesinnte und ihre Hunde zu gemeinsamen Spaziergängen einzuladen. "Beim letzten Mal waren wir schon 70 Menschen und 38 Hunde", berichtet sie. Den Mops können die Gäste auch mit zur Führung buchen - schließlich waren Möpse schon im 19. Jahrhundert beliebte Schoßhunde.

Ihre Führungen über und zu Hoflieferanten leitet sie im bodenlangen Kleid mit hoch angesetzter Taille. Es entspricht zwar keiner historischen Mode, ist aber warm genug auch bei kalten Tagen. Doch die Kostümführungen sind nur ein Ergebnis ihrer Recherchen in Sachen Hoflieferanten. "Wir forschen ja weiter wollen auch ein Buch daraus machen", erzählt sie und meint mit "wir" das Dreigestirn Grasser, Eckerlein und sich selbst. "Zu dritt ergänzen wir uns ideal!"

Kontakt
Nora Meixner bietet ihre Führungen in deutscher und englischer Sprache an. Sie ist zu erreichen unter Telefon 0175/6569174 oder per E-Mail unter meixner@alice.de. Über den Coburger Tourismusbetrieb sind die "Hoflieferanten" nicht zu buchen.