Knappe Pappe, kostbares Papier

3 Min
Geschenkpapierdruck bei Zöwie in Neustadt. Andreas Luther (vorne) und Andreas Ender überwachen die Produktion. Maximilian Popp/Zöwie
Geschenkpapierdruck bei Zöwie in Neustadt. Andreas Luther (vorne) und Andreas Ender überwachen die Produktion. Maximilian Popp/Zöwie

Lange Lieferzeiten, hohe Preise für Papier: Das bekommen auch die verarbeitenden Firmen in der Region zu spüren - allerdings mit unterschiedlichen Folgen.

"Man muss da trennen", sagt Christoph Schnell. Er ist der Papierspezialist bei Schumacher in Ebersdorf, dem größten Hersteller von Wellpappe in der Region. Bei der Wellpappe entspanne sich die Lage inzwischen, sagt Schnell. Die Preise seien zwar nach wie vor hoch, aber die Versorgung besser. Anders sehe es beim Karton aus. Da seien die Herstellungskapazitäten lange nicht so gewachsen wie beim Wellpappe-Rohpapier.

Schumacher betreibt in Polen eigene Papierwerke. Die dienen der Grundversorgung, sagt Schnell. Ansonsten setze das Unternehmen auf seine langjährigen Lieferbeziehungen. Nur: An den stark gestiegenen Preisen ändere das nichts. Und die gehen seit 18 Monaten nach oben. Das hat mehrere Gründe: Einmal die gestiegene Nachfrage - vor einigen Jahren noch hatte Deutschland Altpapier-Überschuss. Inzwischen müsse es importiert werden. Außerdem steigen die Preise für Strom und Gas. Schnell rechnet damit, dass im laufenden Jahr die Energiepreise weiter steigen und damit die fürs Papier. "Die Einstandspreise beim Papier machen bei uns mehr als die Hälfte der Gesamtkosten aus. Da kann man sich vorstellen, was das heißt, wenn diese Einstandspreise um 50 bis 60 Prozent steigen", sagt Schnell. "Uns bleibt gar keine andere Wahl, als das weiterzugeben."

Natürlich werde nach Möglichkeiten gesucht, Kosten und damit Preise zu senken, erläutert Schnell. "Die Verpackungsentwickler suchen nach Möglichkeiten, wie man abspecken kann." Das, sagt Schnell, sei ja vom Grundsatz her nicht schädlich, auch für den Umweltschutz. "Vermeiden, reduzieren, optimieren" - das werde durch die Preisentwicklung beschleunigt. "Aber wir alle kaufen Güter und wollen sie in einwandfreiem Zustand geliefert haben."

Petra Witzgall-Kolb vom Hersteller Witzgall in Niederfüllbach hat keine Zeit für ein langes Gespräch: "Es wird immer schlimmer auf dem Markt. Wir haben Lieferzeiten von 10 bis 15 Wochen, die Preise gehen immer höher, die Kunden wollen immer mehr", sagt sie. Auch Witzgall stellt Wellpappe-Verpackungen her.

Preise unkalkulierbar

Dieser Markt sei seit Jahren kontinuierlich gewachsen. Bei Vollkarton habe er hingegen stagniert, sagt Schnell. Dort seien die Hersteller von der gestiegenen Nachfrage wegen Corona überrascht worden. Etwas, das Jürgen Eckardt, Hersteller von Verpackungen in Neustadt, bestätigen kann: "Graukarton hatte vor zwei Jahren zwei bis drei Wochen Lieferzeit. Heute bestellen wir und haben Glück, wenn die Ware im August kommt." Doch nicht nur die Lieferzeiten machen ihm zu schaffen. Eckardt erhält keine Preisgarantien mehr. "Wir bestellen zu Preis X, die Ware kommt zu Preis Y." Allein im Dezember habe es Steigerungen um 38 Prozent gegeben. Doch nicht nur bei der Pappe gebe es "nur noch Tagespreise", auch beim Versand. Kalkulationen seien da kaum mehr möglich. "Wir machen nur noch freibleibende Angebote."

Auf Kosten sitzen bleiben

Eckardts Problem dabei ist, dass er den Preiserhöhungen seiner Lieferanten ausgeliefert ist, aber seine Abnehmer beim Preis auf Vertragstreue pochen. Gerade die in der Region würden wenig Verständnis und gar kein Entgegenkommen zeigen für seine Situation", berichtet er. Bei den Kartonagen schlage der Papierpreis so sehr durch, "dass ich mir täglich Gedanken machen muss, ob ich den Bereich noch aufrechterhalten kann."

Eckardt Kartonagen wurde vor über 100 Jahren gegründet. Die Firma lieferte Verpackungen für Spielzeug und Christbaumschmuck der örtlichen Hersteller. Inzwischen ist sie Partner eines internationalen Konzerns. Das Hauptgeschäft seien inzwischen Schaumstoffverpackungen, sagt Jürgen Eckardt.

Nicht weit entfernt von Jürgen Eckardt hadert auch Maximilian Popp mit der Tatsache, dass seine Kosten zwar unkontrollierbar und unvorhersehbar steigen, er das aber nicht an seine Abnehmer weitergeben kann. "Im Prinzip ist die Lage dramatisch", sagt der Juniorchef von Zöwie Geschenkpapier. Viele Hersteller hätten auf die Produktion von Wellpappe-Papier umgestellt, sagt Popp. "Bei gleichbleibender Nachfrage sind da die Preise explodiert."

Rund 15000 Tonnen Papier bedruckt Zöwie pro Jahr. Verglichen mit großen Druckereien, die Prospekte oder Zeitschriften drucken, sei das nicht viel, sagt Popp. "Da sind wir im Prinzip ein kleines Licht." Trotzdem sei die Materialverfügbarkeit ein großes Problem, auch, weil ein großer Hersteller in Finnland nach wie vor bestreikt werde. "Uns werden im Moment für zweite Quartal fast keine Mengen zugesagt." Papier teurer und kaum zu bekommen, Etiketten haben Lieferzeiten von acht Wochen, die Kartonagen von 60 Tagen. "Überraschen kann mich jetzt nichts mehr. So herausfordernd war es noch nie", sagt Popp.

10 bis 20 Cent

Der Geschenkpapierhersteller hat nach eigenen Angaben 70 Prozent Marktanteil in Deutschland. Die Marke Zöwie tritt jedoch kaum in Erscheinung. Hauptabnehmer der Zöwie-Papiere sind die großen Handelsketten, die sich aber beim Einkauf sehr kleinlich zeigen - sie wollen Preiserhöhungen vermeiden, weil für die Verbraucher derzeit ohnehin alles teurer wird. Popp kann das nicht nachvollziehen: Würde er seine gestiegenen Kosten weitergeben, dann würde die Rolle Geschenkpapier für den Endkunden 10 bis 20 Cent teurer. Ohnehin verdiene der Handel gut am Geschenkpapier, "das ist eine Cash-Cow". Und für die Zukunft? Popp setzt auf die Marktposition ("im Premiumsegment kann uns eigentlich keiner das Wasser reichen") und auf die Zukunft: "Wir kämpfen, aber wir sind zuversichtlich. Die größte Herausforderung ist, Papier zu bekommen und den Preis weiterzugeben."