Kann es zu viel grüner Strom sein?

Die Stimmung in Zedersdorf ist angespannt. Sechs Jahre, nachdem in unmittelbarer Ortsnähe der Windpark Kraiberg in Betrieb ging, wird nun über den Bau eines 7,3 Hektar großen Solarparks diskutiert. Der Park, der etwa so groß wie zehn Fußballfelder wäre, soll 400 Meter nördlich von Zedersdorf auf einem Acker entstehen. Im Raum steht das seit einigen Monaten. Am Mittwochabend wurden die Anwohner bei einer Informationsveranstaltung der Firma Naturstrom, die bereits den Windpark Kraiberg betreibt, offiziell über das Vorhaben informiert. Sie befürchten, dass mit dem Bau ein Präzedenzfall geschaffen wird und zukünftig jeder Landwirt auf seinem Acker einen Solarpark errichten kann. Die Bewohner sorgen sich um die Landschaft und sie haben Bedenken, dass ihre Lebensqualität noch weiter eingeschränkt wird. Schließlich leide der Ort bereits unter der durch den Windpark verursachten Geräuschkulisse und dem Schattenschlag der Rotoren.
Kabel zur Einspeisung ist vorhanden
Den Solarpark möchte Naturstrom gemeinsam mit Ralf Trukenbrod auf dessen Acker umsetzen. Seit dem Bau der Windkraftanlage verläuft durch die Fläche bereits ein Kabel zur Einspeisung des erzeugten Stroms, das noch nicht voll ausgelastet ist. Aus diesem Grund ist Ralf Trukenbrod auch an Naturstom herangetreten. "Wenn alles gut geht, könnte im Herbst oder nächstes Jahr im Frühling mit dem Bau begonnen werden", sagt der gebürtige Zedersdorfer, der mittlerweile in Schneckenlohe lebt. "Auf öffentlichem Grund dürfen solche Kabel nicht gelegt werden, deshalb habe ich damals meine Fläche zur Verfügung gestellt." Das Kabel gehört der Firma Naturstrom, die die Planung und den Bau übernehmen und sich am Betrieb beteiligen würde. "Wenn noch jemand in das Projekt mit einsteigen möchte, sind wir offen."
Von der Ortschaft aus wird die Photovoltaikanlage Ralf Trukenbrods Einschätzung nach nicht zu sehen sein. "Viele stören sich an den spiegelnden Flächen. Auf dem Acker dürfte man die Anlage aber eigentlich kaum sehen", sagt er. Zur Befestigung der Panels werden Pfähle aus Metall in die Erde gerammt. "Wir brauchen keinen Beton und versiegeln keine Flächen. Das Wasser kann problemlos abfließen." Wenn die Panels in 20 bis 30 Jahren nicht mehr nutzbar sind, könnte die Fläche problemlos wieder in einen Acker umgewandelt werden.
Weidefläche für Hühner und Schafe
Die Fläche möchte der Landwirt nicht nur zur Stromerzeugung, sondern zum Teil auch zur Freilandhaltung von 800 bis 900 Hühnern nutzen. "Die Platten sind super Schattenspender und Hühner mögen Schatten. Sie könnten das Gras unter den Platten zum Teil fressen", sagt Ralf Trukenbrod, der innerorts bereits einen Hühnerhof betreibt. Weil die Hühner das Gras nicht komplett abfressen, soll die Fläche regelmäßig einem Schäfer zur Verfügung gestellt werden. "So wird auch der Aufwuchs genutzt." Ralf Trukenbrod hofft, dass er sich durch die Freilandhaltung und den Solarpark ein zweites Standbein aufbauen kann. "Ich möchte mit der Zeit gehen."
Unterschriften gegen den Solarpark
Was den Bau des Solarparks betrifft, ist Ortssprecherin Christiane Liewald völlig anderer Meinung als Ralf Trukenbrod. "Ich habe Bedenken, dass der erste Solarpark genehmigt wird und dann die Türen für weitere Projekte offenstehen", sagt die 41-Jährige. Wie sie findet, werde in und um Zedersdorf bereits genug Strom produziert. "Seit etlichen Jahren existiert in unserem Dorf eine Biogasanlage und viele landwirtschaftliche Gebäude erzeugen Strom durch Photovoltaikanlagen auf den Dächern." Alleine der Windpark habe eine Leistung von 13,75 Megawatt. "Durch die Installation der Windräder wurde die Lebensqualität in Zedersdorf erheblich beeinträchtigt", gibt sie zu Bedenken.
Als das Thema Solarpark im Herbst aufkam, wurde in Zedersdorf eine Unterschriftenaktion gegen dessen Bau durchgeführt. Von den 106 Einwohnern, die 18 Jahre oder älter sind, hätten 58 unterschrieben. "Die Ortsbevölkerung ist der Meinung, dass wir bereits ausreichend Strom aus erneuerbaren Energien im Ort produzieren", sagt Christiane Liewald. Weitere Anlagen, speziell Freiflächen-Photovoltaikanlagen, würden die Landschaft verunstalten und den landwirtschaftlichen Betrieben fruchtbares Ackerland entziehen. "Zedersdorf alleine kann nicht den ,Energiehunger' der gesamten Gemeinde stillen."
Die Entscheidung liegt beim Gemeinderat
Ob Ralf Trukenbrod in Kooperation mit Naturstrom einen Solarpark auf seinem Acker bei Zedersdorf bauen darf, entscheidet der Gemeinderat. Im vergangenen Herbst wurden die Pläne bereits im Bauausschuss vorgestellt. "Ralf Trukenbrod nutzt die Fläche weiterhin landwirtschaftlich und nimmt niemandem eine Fläche weg", sagt Bürgermeister Michael Keilich (SPD). Weil wegen der Windräder bereits ein Kabel zur Einspeisung des Stroms durch den Acker verlegt wurde und ein Solarpark in der Lage nicht einsehbar oder störend wäre, entschied sich der Bauausschuss dazu, dem Projekt eine Chance zu geben. Voraussetzung war, dass die Anwohner über die Pläne informiert werden.
Langwieriges Genehmigungsverfahren
In einer der nächsten Gemeinderatssitzungen soll nun darüber entschieden werden, ob es ein Bauleitplanverfahren gibt oder nicht. "Wenn der Gemeinderat dagegen stimmt, hat sich das Projekt erledigt", sagt der Bürgermeister. Im Fall, dass für das Verfahren gestimmt wird, könnte es bis zu einem Jahr dauern, bis dieses abgeschlossen ist. "Die Pläne werden öffentlich im Rathaus ausgelegt, dann müssen 60 Stellen, darunter das Landratsamt und die Nachbarkommunen, Stellung beziehen. Auch können Bedingungen gestellt werden", erklärt Michael Keilich das Vorgehen. Wenn vier Wochen vergangen sind, werden die angepassten Pläne erneut öffentlich ausgelegt. Wenn es dann keine Einwände oder Bedingungen mehr gibt, kommt es zum Satzungsbeschluss. Nach weiteren vier Wochen ohne Einsprüche könnte dann gebaut werden.
Naturstrom zufolge könnte der Solarpark bei Zedersdorf bei maximaler Leistung 10 Megawatt Strom erzeugen.Das entspricht 10 Millionen Kilowatt. 3000 Dreipersonenhaushalte könnten damit ein Jahr lang versorgt werden.