Fertigbauteile werden angeliefert
Noch sieht es aus, als tue sich nichts. "Doch im Hintergrund passiert bereits ganz viel", berichtet Müller. So werde das Haus bereits erstellt, beim Fertighaus-Hersteller Streif in Weinsheim. "89 Sattelschlepper werden die Fertigbauteile anliefern", so Müller weiter, "das wird spannend!" Der Geschäftsführer des Einkaufsmarktes sorgt sich vor allem, wie sich diese Logistik auf das Tagesgeschäft auswirken wird. "Zumal ja vorher auch noch 300 Lkw mit Füllmaterial hier gebraucht werden", fügt Geiss-Hammelmann hinzu. Der Zeitplan ist ambitioniert: Rund vier Wochen nach Beginn der Erdarbeiten (Mitte bis Ende Mai) werden die Bauteile angeliefert. Der Innenausbau soll bis Anfang September abgeschlossen sein. Dann könnten die Praxen eingerichtet werden, die zum 1. Oktober eröffnen sollen. Laut Plan werden die Wohnungen einen Monat später bezugsfertig sein.
Altstadt als Museum?
Welche Folgen wird der Auszug von Arztpraxis, Apotheke und Physiotherapie für die Seßlacher Altstadt haben? Weil sie deren Verlust an Attraktivität und weniger Zulauf befürchtet, erkundigte sich Stadträtin Gudrun Jöchner (FW) bereits in der März-Sitzung des Gremiums, welche Maßnahmen die Stadt plane, um auch weiterhin für genügend Frequenz innerhalb des Mauerrings zu sorgen. Schon seit Eröffnung des modernen und großzügigen Einkaufsmarkts am Stadtrand Richtung Hattersdorf vor vier Jahren klagen in der Altstadt ansässige Fachgeschäfte über Umsatzeinbrüche. "Ich lebe halt von Zufallskunden", sagt Petra Jahrsdörfer vom "Süß.Würzig.Duftig" in der Flenderstraße. Wer vorbei laufe oder fahre, kaufe gern bei ihr einige Artikel. "Den Passanten fällt ein, das könnte ich noch brauchen", bestätigt auch Christine Lauffs vom Weinhaus am Maximiliansplatz.
Beide machen sich keine Illusionen: Wer erst einmal draußen am Einkaufsmarkt parkt, werde dort auch gleich alles Notwendige einkaufen. "Die Leute haben halt keine Zeit", äußert Jahrsdörfer durchaus Verständnis. Auch dass die Stadt dagegen nichts tun könne, leuchtet ihr ein. "Aber müssen denn gleich alle rausgehen?" hadert sie dennoch mit der sich abzeichnenden Situation. Insbesondere die Wintermonate, in denen kaum Touristen durch Seßlach laufen, bereiten ihr Sorgen.
"Es ist ja gar nichts los in der Stadt!" Diesen Kommentar hört Thorsten Gutgesell, Mieter des Marktcafés in der Flenderstraße, öfter, "und das jetzt schon!" Zwar profitiere Seßlach von seiner florierenden Gastronomie, doch befürchtet Gutgesell, dass auch hier das Wirtshaussterben einsetzen könnte, "zumal die Auflagen immer heftiger werden", wie er aus eigener Erfahrung weiß. Ebenso gestalte sich die Suche nach gutem Personal immer schwieriger. Sabine Salb ("Mode am Tor", Flenderstraße) sorgt sich ebenfalls um die Laufkundschaft und hört von Kunden oft, dass es ruhig geworden sei in Seßlach. Aktionen wie schön geschmückte Osterbrunnen könnten wieder mehr Urlauber in den Mauerring ziehen, meint Silvia Then (Blumen Then, Luitpoldstraße). Sie berichtet von der Angst aller Geschäftsleute, dass die Kunden "ganz nach draußen ziehen könnten". Auch wenn die ansässigen Handwerksbetriebe, etwa die Metzgerei Franz und die Bäckerei Schoder, noch auf ihre Stammkundschaft zählen können. "Wir lassen das auf uns zukommen und halten durch", meint Ursula Schoder. Allerdings müssten sich alle Gedanken machen und sich ein Stück weit bewegen, um zu verhindern, dass die Altstadt zum Museum werde. Zum Beispiel, indem sie mehr Service anbieten oder mehr für sich werben. Immerhin profitierten alle Geschäftsleute gemeinsam davon, wenn mehr Läden in der Innenstadt ansässig wären.
Neeb will Gegenmaßnahmen erarbeiten
Der Rathauschef versteht die Sorgen, das Ärztehaus könnte Leben aus der Altstadt nehmen. Um eine lebendige Innenstadt zu erhalten und die leer werdenden Gebäude weiterhin zu nutzen, möchte Neeb Gegenmaßnahmen gemeinsam mit den Betroffenen und interessierten Bürgern erarbeiten. Die Chance dazu sieht der Bürgermeister in dem anstehenden Integrierten Stadtentwicklungskonzept (Isek), das Bürgerbeteiligung vorsieht. Auch die immer wieder kritisierte Parksituation in der Altstadt stehe dann erneut auf dem Prüfstand, betont er. Die Suche nach einem Parkplatz dürfte für alle zukünftig einfacher werden, für Besucher der Altstadt ebenso wie für die Kunden der Praxen und der Apotheke.
Was wird aus dem "Alten Bahnhof"?
An Bewerbern als neue Pächter der zum Edeka-Komplex gehörenden Gaststätte "Alter Bahnhof" mangelt es nicht, wie Robert Müller beim Pressegespräch verriet. Doch bisher habe es "noch nicht gepasst". Dabei wolle er, dass sein "Baby" zeitnah wieder mit Leben gefüllt werde, wie Müller versicherte. Angesichts der aktuell vorliegenden Bewerbungen zeigte sich der Geschäftsführer der Fapio Food GmbH zuversichtlich, auch die Gaststätte in Kürze wieder verpachten zu können. Falls gewünscht, könnten die neuen Betreiber kostengünstig auf Edeka-Produkte zurückgreifen, müssten dies aber nicht.