Die Probleme, die bei den Einsätzen auf Brücken und Tunnelbauwerken der Neubaustrecke zutage getreten sind, überraschen die Verantwortlichen nicht.
Das für alle Beteiligten schon vorab bekannte Fehlen einer Löschwasserleitung hoch auf die ICE-Brücke hinweg über den Froschgrundsee im Landkreis Coburg war nicht das einzige Problem, das bei der Großübung Mitte Oktober zutage getreten ist. Das hat Landrat Michael Busch (SPD) bei einer Sitzung des Zweckverbandes für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung (ZRF) im Coburger Landratsamt durchblicken lassen. Daraus ein handfestes Problem oder gar ein Risiko für die Bevölkerung zu konstruieren - das ist Busch dann aber ein bisschen zu viel des Guten.
Es steht außer Frage: Sollte es mit einem voll besetzten ICE mal einen schlimmen Unglücksfall auf einer Brücke oder einem Tunnel auf der Neubaustrecke geben, werden die alarmierten Hilfs- und Rettungsdienste vor einer nahezu unlösbaren Aufgabe stehen. Trotz etlicher Besichtigungen, Schulungen und Übungen, auf die Busch verwies, könne ein Einsatz auf der Neubaustrecke "niemals zur Routine werden". Und am besten wäre es sowieso, dass der Ernstfall nie eintrete.
Dennoch habe sich die Übung mit dem Szenario eines brennenden ICE auf der Brücke über den Froschgrundsee als sehr wichtige Angelegenheit erwiesen, bestätigte Busch. Der Großeinsatz mit fast 400 Helfern habe zweifellos Probleme aufdeckt, die man bis zum Betrieb des regulären Fahrbetrieb aufarbeiten wolle - und aufarbeiten werde. Genau dafür sei die Übung ja dagewesen, wunderte sich der Landrat über kritische Stimmen, die auch vor ein paar Wochen im Coburger Kreistag laut wurden. "Bei einer solchen Übung treten immer Probleme zutage. Wer das nicht weiß, begreift die Bedeutung dieser Übungen nicht", stellte Busch als Vorsitzender des ZRF fest.
Krankenhäuser mit dabei
Auch Hans-Joachim Goller, der Ärztliche Leiter des Rettungsdienstes im Zweckverbandsbereich (der die Landkreise Coburg, Kronach und Lichtenfels umfasst), war froh um die Erkenntnisse, die sich bei der Übung am Froschgrundsee ergeben haben. Eine Sache fehlte ihm dabei: Dass die Krankenhäuser in der Region mit in den Großeinsatz eingebunden wurden. Dies werde sich aber ändern, kündigte Goller mit Blick auf die laut Vorschrift alle zwei Jahre stattfinden Einsatzübungen auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke an. Beim nächsten Mal werde man auch die Kliniken mit einbinden. Eine Sache musste Goller aber auch noch loswerden: Den Dank an alle Ehrenamtlichen, die sich - nicht nur bei der Oktober-Großübung - im Rettungsdienst engagieren. Am Froschgrundsee habe es sich gezeigt, dass die Freiwilligen bei Feuerwehren und Rettungsdiensten "bereitwilligst" ihre Arbeit leisten. Da lag der Ärztliche Leiter auf einer Wellenlänge mit Michael Busch: Es sei schon verwunderlich, mit welcher Selbstverständlichkeit von der Öffentlichkeit die 100-prozentige Arbeit der Rettungsdienste erwartet werde - dabei komme in den meisten Fällen ausschließlich ehrenamtliches Personal zum Einsatz.
Einmal warnend den Finger heben musste der ZRF-Vorsitzende, als der Ablauf einiger Großveranstaltungen in der Region zur Sprache kam - exemplarisch am "Traumspiel" des Coburger Bayern-Fanclubs und am "Dorffest" des Radiosenders Bayern 3 in Teuschnitz (Landkreis Kronach) festgemacht. Beide Events, durchaus offensiv auf wirtschaftlichen Erfolg angelegt, seien sehr kurzfristig über die örtlichen Rettungsdienste hereingebrochen. Wolfgang Simon, der Geschäftsführer des ZRF, hatte für das "Dorffest" noch einmal die wichtigsten Zahlen zusammengefasst: nur zwei Wochen Vorbereitungszeit, zwischen 60 000 und 90 000 erwartete Besucher. Zwei Rettungswagen des BRK waren am Festwochenende dauerhaft in Teuschnitz stationiert, bei "nur" sieben Einsätzen verlief die Veranstaltung zum Glück nahezu problemlos.
Eine große Verantwortung
Hans-Joachim Goller bestätigte, dass vor Ort alles gut organisiert gewesen sei. Dennoch: "Ein bisserl früher", sagte Michael Busch mit einem Seufzen, "wären Informationen für uns schon besser gewesen." Spaß und Freude, schön und gut, ergänzte der ZRF-Vorsitzende - aber jeder erwarte bei solchen Großveranstaltungen auch wie selbstverständlich Recht und Ordnung. Da erhoffe er sich deutlich mehr Weitblick bei den Veranstaltern, deutete Michael Busch an: "Wer mit Sicherheit und Ordnung zu tun hat, weiß, dass solche Veranstaltungen eine riesige Verantwortung darstellen."
Zweckverband hat zu viel Geld
Bei der Integrierten Leitstelle für nichtpolizeiliche Notfälle in Ebersdorf hat das Bayerische Rote Kreuz (BRK) als Betreiber deutlich wirtschaftlicher gearbeitet als geplant. Wolfgang Simon berichtete als Geschäftsführer des Zweckverbandes für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung, dass das BRK für 2016 rund 156 000 Euro aus der Betriebskostenumlage (insgesamt 561 000 Euro) wieder an den ZRF zurück bezahlt hat. Klingt schön, ist aber nicht problemlos, wie Simon verriet. Schließlich werfe so eine hohe Rückerstattung den Haushalt des gesamten ZRF (der für die Landkreise Coburg, Kronach und Lichtenfels zuständig ist) über den Haufen. "Auch wenn man zu viel Geld hat, kann dies zu einem Problem werden", sagte Simon, der sich für das kommende Jahr eine realitätsnähere Kalkulation des BRK erhofft. 444 000 Euro als Betriebskostenumlage für die ILS derzeit vorgesehen.