Mit Ulrich Maly holt die SPD einen der beliebtesten Kommunalpolitiker Deutschlands zur Unterstützung - neben dem Martin Stingl überzeugen kann.
Nicht, dass Martin Stingl Bühnenauftritte fremd wären. Aber eine Tournee wie diesen Wahlkampf als Landratskandidat hat er wohl noch nicht absolviert. Am Freitagabend stand er nun in Grub am Forst auf der Bühne - die er mit keinem geringeren teilte, als Ulrich Maly, dem Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg.
Der Kandidat spricht zuerst. Dass schon nach wenigen Minuten der Ehrengast des Abends in Richtung seines langjährigen Freundes und Amtskollegen, Neustadts OB Frank Rebhan, eine Geste hoher Anerkennung macht, wundert nicht. Martin Stingl kann seinen Zuhörerkreis an sich binden. An diesem Abend hat er Zeit. Er kann Gedanken ausführen, Worte wirken lassen, die Zuhörer fesseln.
Ein Scherz am Anfang bricht das Eis. Wenn das alles vorbei sei, sagt er, und meint den Wahlkampf, dann werde er wohl ein Bühnenstück verfassen: "Ich habe auch schon einen passenden Titel. Wahlkampf in Franken!" Der ist erst einmal harte Wirklichkeit, nimmt ihn von früh bis spät voll in Anspruch. Kurz schildert er, wie es einem so geht als Kandidat mit einem eifrigen Team an der Seite.
Doch schnell ist der Bewerber um das Amt an der Spitze des Landkreises bei den Sachthemen. Mobilität: Bevor sich die Menschen im Coburger Land über ein 365-Euro-Ticket freuen, mit dem sie das ganze Jahr den öffentlichen Personennahverkehr nutzen können, müsse es erst etwas zu nutzen geben: "Wir brauchen erst ein vernünftiges ÖPNV-Netz. Wir haben noch nicht einmal einen Verkehrsverbund in der Region!"
Digitalisierung: Sie mache den Menschen Angst. Arbeitsplätze könnten verloren gehen. "Es besteht aber auch die Chance, nicht mehr auf Schwerpunktstandorte wie München angewiesen zu sein", sagt Stingl. Daher müssten Kinder in der Schule auf diese sich verändernde Welt vorbereitet werden. Auch im Gesundheitswesen könne Digitalisierung enorme Vorteile schaffen. Es gelte aber, die Menschen auf dem Weg dorthin aufzuklären und zu begleiten.
Schließlich Regiomed: Eine "schwarze Null" reiche dort nicht. Es müssten Gewinne erwirtschaftet werden, um technisch auf dem Laufenden bleiben zu können. Nie wieder dürfe es vorkommen, dass den Gremien des Verbundes die Unwahrheit gesagt wird, wie es in der Vergangenheit offenbar mehr als einmal der Fall gewesen sei.
Maly zur Lage der Nation
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Deutschlands beliebtester Oberbürgermeister einer Großstadt - dazu wurde Ulrich Maly gewählt - erinnert zu Beginn seiner Rede: "Politiker sind im Dienst ihrer Mitmenschen unterwegs." Wohl kein Versehen, bei einem der anerkannt profiliertesten Redner seiner Partei. Maly sieht eine "Erosion" der großen Parteien. Einen Schwund an Unterstützung, der schon vor der Migrationskrise 2015 begonnen habe. Umfragen hätten gezeigt, dass ein immer größerer Teil der Deutschen die Demokratie nicht mehr für die beste Regierungsform im Land hält. Maly macht eine ungerechte Verteilung von Einkommen und Vermögen für die wachsende Angst von sozialem Abstieg verantwortlich, für Zweifel an der Zukunftsfähigkeit des Landes.