Mit einem drastisch gestalteten neuen Plakat polarisiert der Frauennotruf Coburg. Zu sehen ist das blutig geschlagene Gesicht einer jungen Frau mit einem Mund-Nasen-Schutz. Was steckt hinter der Aktion?
"Masken schützen nicht jede", dazu das blutig geschlagene Gesicht einer jungen Frau hinter transparentem Mund- und Nasen-Schutz - so sieht ein neues Plakat des Frauennotrufs Coburg aus. "Wir wollen mit diesem drastischen Bild darauf aufmerksam machen, dass Gewalt gegen Frauen ein ständiges Thema, die Herausforderung seit dem Ausbruch von Corona aber besonders groß ist", sagt Karin Burkardt-Zesewitz, Ansprechpartnerin im Büro des Frauennotrufs in der Mohrenstraße 15.
Die Reaktionen auf die Gestaltung des Plakats seien unterschiedlich, aber mehrheitlich positiv, ergänzt sie. "Anfangs waren wir hin- und hergeworfen, denn es meldete sich niemand bei uns." Dann aber sei eine große Welle von Anfragen gekommen, die Zahl der hilfesuchenden Frauen tatsächlich gestiegen. "Da sind zum einen diejenigen, die sich regelmäßig an uns wenden, aber es sind auch neue Frauen dazugekommen", erläutert Karin Burkardt-Zesewitz.
Gewalt an Frauen in Corona-Krise hat zugenommen
Die Aufforderung, das Haus möglichst wenig zu verlassen, die Angst vor dem Virus, die Maskenpflicht - all das habe die Situation in Familien, in denen sowieso schon Gewalt herrscht, noch verschärft. "Wo es schon immer schwierig war, wurde es noch komplizierter." In der Tat hat die häusliche Gewalt in der Corona-Krise zugenommen. Besonders zwei Faktoren führten zu einem Anstieg der Fälle. Um möglichst viele Menschen auf dieses Problem aufmerksam und das Hilfsangebot deutlich zu machen, wurde ein krasses Bild gewählt, das Beachtung findet. "Wir müssen nun Informationen fachlicher Art zuliefern", sagt Burkardt-Zesewitz.
Wie das geht bei einem kleinen Personalbestand, hat einen eher unerfreulichen Hintergrund: "Wegen Corona fallen die Präventionsveranstaltungen in Schulen und anderen Einrichtungen weg." Dafür könne intensiver beraten werden. Prinzipiell suchten Frauen aus allen sozialen Schichten und jedes Alters Hilfe bei der Notrufstelle. "Es wenden sich sehr junge Frauen an uns, die Stalking und Mobbing am Arbeitsplatz, in Behörden erleben. Aber es kommen auch ältere Frauen, die viele Jahre mit einem Partner zusammenleben - oft im traditionellen Rollenmuster - und dort Gewalt durch den Partner erfahren."
Die Plakate wurden an Ämter, Arztpraxen und Läden in Coburg, Kronach und Lichtenfels weitergegeben. Postkartengroße Aufkleber finden sich unter anderem auch in Gaststätten. "Die waren sehr offen dafür", sagt Karin Burkardt-Zesewitz und hofft zusammen mit den weiteren Ansprechpartnerinnen der Notrufstelle, Julia Ziegler und Janne Bartlau, dass von Gewalt betroffene Frauen sich nicht in ihr Schicksal fügen, sondern Hilfe suchen.