Seit gut drei Wochen kommt kein Zug aus Lichtenfels pünktlich in Coburg an. Mit der Großbaustelle für den ICE hat das allerdings nichts zu tun.
Jeden Morgen gegen 9 Uhr begibt sich Stefan Zopf zum Lichtenfelser Bahnhof. Er pendelt zur Arbeit nach Coburg. Das Bahnfahren empfinde er grundsätzlich als angenehm, sagt der Tageblatt-Redakteur: Laut Fahrplan ist er schneller in Coburg, als wenn er mit dem Auto führe, und einen Parkplatz muss er auch nicht suchen.
Doch in jüngster Zeit "wird es nervig", sagt er. Denn es kommt täglich zu Verspätungen, und nicht einmal die sind verlässlich: mal sind es fünf Minuten, mal zehn. "Am Donnerstag waren es 23 Minuten." Ein Grund dafür sind drei Langsamfahrstellen auf der Strecke zwischen Lichtenfels und Ebersdorf: "250 Meter im Bahnhof Seehof, einmal 300 Meter und einmal 400 Meter zwischen Seehof und Ebersdorf", erklärt ein Bahnsprecher.
Langschienen müssen raus
Dort seien Mitte Oktober bei einer Messzugfahrt Gleisschäden festgestellt worden.
Aus Sicherheitsgründen wurden deshalb dort Langsamfahrstellen eingerichtet. Die gute Nachricht: Zwischen dem 17. und dem 23. November sollen diese Schäden behoben werden. Laut Bahnsprecher werden dort Langschienen ausgetauscht - 120 Meter lange Teile aus Stahl. Eine solche Reparatur zu planen und durchzuführen sei einigermaßen komplex, angefangen von der Materialbestellung bis hin zum Transport der Schienen an die Baustelle. Allerdings sei es möglich, die Reparaturen bei Nacht durchzuführen, wenn keine Züge fahren, so dass die Strecke nicht komplett gesperrt werden muss, erläutert der Sprecher.Wenn dann erneute Messzugfahrten ergeben, dass die Strecke wieder einwandfrei ist, kann die Langsamfahrstelle aufgehoben werden.
Problem: Nur ein Gleis
Normalerweise werden Gleiserneuerungen bei der Bahn Jahre im Voraus geplant.
Wenn plötzlich Schwachstellen gefunden werden, lassen sie sich meist nicht so einfach und auf die Schnelle beheben. Möglicherweise habe sich nicht einmal abschätzen lassen, wie lange es zu diesen Behinderungen kommen würde, sagt der Bahnsprecher.
Eigentlich dürfte eine solche Langsamfahrstelle die Fahrt nur um einige Minuten verlängern. Weil aber der Abschnitt zwischen Ebersdorf und Seehof eingleisig ist, schaukeln sich die Verspätungen manchmal hoch. Denn wenn der Zug in Lichtenfels schon nicht um 9.03 Uhr abfahren kann, weil der aus Coburg nicht um 8.57 Uhr eintrifft, sondern erst Minuten später, werden die Verspätungen immer länger. Hinzu kommt, dass die Bahn auch auf der weiterführenden Strecke zwischen Lichtenfels und Nürnberg technische Störungen meldet.
Arbeiten am Wochenende
Wer im Internet eine Zugverbindung sucht, die den Abschnitt Coburg-Lichtenfels beinhaltet, erhält den Hinweis, dass es wegen "einer technischen Störung auf der Strecke" zu Verspätungen von bis zu zehn Minuten kommen kann. Hinweise in den Bahnhöfen gibt es jedoch nicht. Dort finden sich Aushänge, die auf geplante Baustellen hinweisen: So werden von Freitag, 4. November, 21 Uhr, bis Sonntag, 6. November, 5.35 Uhr, einige Züge auf der Strecke Lichtenfels-Bamberg Verspätungen haben, weil zwischen Bad Staffelstein und Hallstadt die Gleise "durchgearbeitet" werden, wie es in auf der Baustellen-Infoseite der Bahn im Internet heißt.
Züge in Richtung Bamberg verspäten sich dann ab Bad Staffelstein um acht bis 35 Minuten, die Züge in Richtung Norden um sechs bis zehn Minuten.
"Wir bitten um Geduld"
Ende November stehen dann Oberleitungsarbeiten zwischen Bamberg und Erlangen an, die sich ebenfalls auf die Kursbuchstrecke 820 Nürnberg-Sonneberg auswirken werden. Wer zwischen Freitag, 25. November, und Dienstag, 29. November, in der Nacht zwischen Coburg und Nürnberg mit der Bahn fahren will, muss sich auf Ersatzbusse einrichten. Welche Züge genau zwischen Bamberg und Erlangen ausfallen, kann die Bahn aber noch nicht sagen.
Dass das alles für die Bahnkunden nicht sehr erfreulich ist, räumt der Bahnsprecher ein. Er hat auch Verständnis dafür, dass die tägliche Verspätung nervt. "Wir bitten um Geduld. Wir wissen, dass die Fahrgäste gerne wissen würden, woran es liegt.
Wir bitten aber um Verständnis, wenn es noch ein paar Tage dauert." Was Baustellen angeht, sind die Fahrgäste in der Region ohnehin leidgeprüft: Von Januar bis September war die Strecke zwischen Lichtenfels und Hallstadt ganz gesperrt, wegen des Ausbaus der ICE-Strecke. Trotz der teuren Großbaustelle stehe der Bahn genug Geld für die Instandhaltung des bestehenden Netzes zur Verfügung, versichert der Bahnsprecher.
Stefan Zopf indes wünscht sich eins: "Einmal Bahn fahren, ohne den Satz zu hören, ,Wir bitten, diese Verspätung zu entschuldigen‘."