Frau erschlagen - Seßlach unter Schock

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Fotos: Martin Kreklau
Fotos: Martin Kreklau
 
 
 
 
 
 

Eine 69-Jährige wurde am Sonntag in ihrem Haus in Seßlach (Lkr. Coburg) erschlagen. Ihr Sohn wurde verhaftet. Er hatte sich angeblich bereits früher in psychiatrischer Behandlung befunden. Die Anwohner sind geschockt.

Während nur wenige Meter weiter beim bekannten Seßlacher Weihnachtsmarkt besinnlich gefeiert wurde, hat sich am Sonntagnachmittag offenbar ein schreckliches Familiendrama ereignet. Ein 46-jähriger Mann steht in dringendem Tatverdacht, seine 69 Jahre alte Mutter erschlagen zu haben.

Zum Tathergang gibt es bislang nur spärliche Informationen. Fest steht auf jeden Fall: Aus Sorge um die Frau verständigte eine Bekannte die Polizei. Die Beamten der Coburger Polizei drangen deshalb am späten Sonntagnachmittag mit Hilfe der Seßlacher Feuerwehr in das Haus in der Sudetenstraße ein.

Schon nach wenigen Metern gab es für Einsatzkräfte die schlimme Gewissheit, dass die Befürchtungen gerechtfertigt waren. Die Hausbesitzerin lag tot in ihrer Wohnung im Erdgeschoss. "Die Leiche wies massive Kopfverletzungen auf, weshalb wir von einem Gewaltverbrechen ausgehen müssen", teilte Sabine Michalke von der Pressestelle des Polizeipräsidiums Oberfranken gestern am späten Nachmittag mit. Noch am Sonntagabend hatten die Kriminalpolizei Coburg und die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen vor Ort aufgenommen.

Sohn unter Verdacht

Der Tatverdacht richtet sich gegen den 46-jährigen Sohn des Opfers. Der Mann wohnt im ersten Stock des Hauses. Er wurde am Sonntag von den Beamten in seiner Wohnung angetroffen. Auf Grund erster Ermittlungserkenntnisse nahmen Beamte der Coburger Polizei den Mann vorläufig fest.

Gegenstand reger Spekulationen war gestern im Seßlacher Stadtgebiet das Verhältnis zwischen dem Opfer und seinem dem 23 Jahre jüngeren Sohn. Der Tatverdächtige soll in den vergangenen Jahren schon mehrfach mit Familienangehörigen und Nachbarn aneinander geraten sein. Angeblich hat er sich deshalb auch schon in psychiatrischer Behandlung befunden.

Die Obduktion der Frau am gestrigen Vormittag ergab, dass stumpfe Gewalteinwirkung auf den Kopf Ursache für den Tod war. Der Sohn wird auf Antrag der Staatsanwaltschaft Coburg dem Haftrichter am Amtsgericht Kronach vorgeführt. Über die genaue Todeszeit und den Verlauf der Tat gibt es noch keine Details. Sabine Michalke bat darum, die laufenden Ermittlungen noch abzuwarten. Vielleicht könne die Kriminalpolizei im Laufe des Dienstags nähere Informationen liefen.

Opfer war stadtbekannt

In Seßlach verbreitete sich die Nachricht über den schrecklichen Tod der 69-Jährigen erst am Montagmorgen. Das Opfer war in der Stadt bekannt und geschätzt. Die Frau arbeitete jahrzehntelang in der Stadtverwaltung und engagierte sich auch im Förderverein für das Seßlacher Altenheim.

"So etwas Schreckliches hat es in Seßlach in den vergangenen Jahrzehnten nicht gegeben", sagte der Seßlacher Bürgermeister Hendrik Dressel (Freie Wähler). Er arbeitete viele Jahre mit dem Opfer zusammen und zeigte sich deshalb bestürzt über die Nachricht vom gewaltsamen Tod der 69-Jährigen. Nachdem sich die Nachricht von der Gewalttat der Frau herumgesprochen habe, seien die Bürger der kleinen Stadt "wie geschockt".

Anwohner berichten, dass ihnen die Situation schon seit längerem nicht geheuer war: "Ihr Sohn hätte schon längst in eine geschlossene Anstalt oder eine Fachklinik gehört", sagte gestern eine Nachbarin des Opfers. Der Schock über den Tod der 69-Jährigen sitzt tief.

Stimmen der Anwohner

Der Vorfall hat sich inzwischen in der ganzen Stadt herumgesprochen - auch im nahen Supermarkt ist das Verbrechen Gesprächsthema Nummer eins. Eine Passantin, die in der selben Straße wohnt, berichtet, dass sich Anwohner seit längerem von dem 46-Jährigen bedroht gefühlt haben: "Ich habe mich am Abend nicht mehr alleine hier vorbei getraut. Deswegen hat mein Mann mich immer abgeholt."

Es sei bekannt gewesen, dass der Sohn des Opfers in psychiatrischer Behandlung war. Er habe nie gewollt, dass seine Mutter Kontakt zu den Nachbarn hat - "das war ihm immer ein Dorn im Auge." Warum, dass weiß niemand so genau. Viele hätten Angst vor dem 46-Jährigen gehabt. "Manchmal hat er sogar in einem Gebüsch vor dem Haus gelauert." Auch seiner Mutter gegenüber soll der Mann schon öfter gewalttätig geworden sein.

Die Nachbarin, die die Polizei alarmiert hatte, sei oft mit dem Opfer spazieren gegangen, berichtet die Passantin weiter. Als sich die 69-Jährige am Sonntag nicht wie gewohnt gemeldet hatte, wurde die Nachbarin misstrauisch und alarmierte die Polizei. "Wenn sich mal jemand nicht meldet, dann kann man ja nicht immer gleich mit dem Schlimmsten rechnen", sagt die Passantin.

Ob der 46-jährige Sohn des Opfers tatsächlich der Täter ist, steht noch nicht fest. Die Ermittlungen der Kriminalpolizei und der Staatsanwaltschaft Coburg dauern an.


Ein schrecklicher Rückblick auf viele traurige Ereignisse in den vergangenen 20 Monaten

Linda Im April 2011 erschüttert der "Fall Linda" die Menschen in der Stadt und im Landkreis. Das 16-jährige Mädchen aus Coburg wurde vom 21-jährigen Jerry, den sie erst kurz zuvor übers Internet kennengelernt hatte, erschlagen und erstochen und dann bei Scheuerfeld im Wald verscharrt. Jerry wird später wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Familiendrama An einem Abend im Juli 2011 erwürgt in Coburg ein 66-Jähriger zunächst seinen zehn Jahre alten Sohn. Am nächsten Morgen geht er mit einem Spaten auf seine getrennt von ihm lebende, 35 Jahre alte Frau los und verletzt sie schwer. Anschließend springt der Mann vom Nordturm der Morizkirche in den Tod.

Großbrand In der Nacht zum Pfingstsonntag 2012 bricht - aus nach wie vor ungeklärter Ursache - in der Coburger Herrngasse ein Großbrand aus. Mehr als 300 Rettungskräfte sind im Einsatz. 16 Menschen werden leicht verletzt, fast 50 verlieren nicht nur ihr Dach über dem Kopf, sondern auch ihr gesamtes Hab und Gut. Der Sachschaden geht in die Millionen.
Flugzeugabsturz Bei einem Flugzeugabsturz im August 2012 sterben fünf Menschen. Die Maschine war unmittelbar nach dem Start vom Flugplatz Coburg-Steinrücken in ein Waldstück gestürzt und in Flammen aufgegangen.

Geisterfahrerin Im Oktober 2012 schockt eine Geisterfahrt die Menschen: Eine 31 Jahre alte Coburgerin gerät - aus wohl nie mehr zu klärenden Gründen - auf der Autobahn bei Bamberg auf die Gegenfahrbahn. Es kommt zum Frontalzusammenstoß mit einem entgegenkommenden Fahrzeug. Die Frau und ihre Kinder (4 und 7 Jahre alt) sterben, ebenso wie die zwei Insassen des anderen Fahrzeugs.

Schützenhaus Ebenfalls im Oktober 2012 rätselt Coburg über mysteriöse (und tödliche) Schüsse im Alten Schützenhaus im Coburger Weichengereuth: Eine 44-jährige Frau wird tot aufgefunden - auch ihr 55 Jahre alter Lebensgefährte weist eine Schussverletzung auf und wird schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht. Dort liegt er einige Wochen im Koma. Als er schließlich wieder aufwacht, wird gegen ihn Haftbefehl wegen Totschlags erlassen.