Der Liedermacher gab im "Schwarzen Bären" ein grandioses Konzert. Bestimmt wird er wiederkommen - aber dann ohne Musik.
Dass man ihm bis heute keinen Oscar verliehen hat, findet Franz Benton fast genauso skandalös wie die Tatsache, dass er sich niemals ins Goldene Buch der Stadt Coburg eintragen durfte. Und das Schlimmste: Sein ärgster Konkurrent um die Gunst der Coburger, Xavier Naidoo, der steht drin. Aber jetzt hat Franz etwas, was Xavier nicht hat: Ein Ortsschild von Coburg. Nicht etwa bei Nacht und Nebel abgeschraubt, sondern ganz legal besorgt.
Das Coburg-Schild hatten Veranstalter Wolfgang Friedrich und seine Frau Beate für den Liedermacher zum Abschied organisiert - mit Hilfe des Coburger Ordnungsamtes, wie Wolfgang Friedrich am Ende des Konzerts am Freitagabend schmunzelnd versichert.
Dazu überreicht Beate Friedrich dem Sänger einen kleinen schwarzen Plüschbären, schließlich ist der Saal des "Schwarzen Bären" in Beiersdorf in den vergangenen 21 Jahren so etwas wie Franz Bentons Wohnzimmer in seiner Hauptstadt Coburg geworden.
Der Wirtsfamilie Hanft dankt Benton dann auch ganz besonders, schließlich sei er dafür verantwortlich, dass sie ihren Betrieb immer weiter führen mussten - "Ihr hattet mich 21 Jahre an der Backe", scherzt Benton zum größten Vergnügen seiner geliebten "Publikümmer". Jetzt, da sein letzter Auftritt vorbei sei, könne man endlich - wie geplant - aus dem Saal eine Ayurveda-Wellness-Oase machen.
Ayurveda-Oase? Benton denkt aber schon weiter: Nur, weil er keine Konzerte mehr geben will, muss er ja auf Coburg nicht verzichten.
2017 wird der Sänger 65, "dann feiern wir gemeinsam in der Ayurveda-Oase", verspricht er seinen Fans - "aber für die Musik müsst Ihr dann selbst sorgen!"
Trotz des "traurigen" Anlasses präsentiert sich Franz Benton seinen Coburgern bestens gelaunt und rockt fast dreieinhalb Stunden, obwohl er zu Beginn des Abends noch angekündigt hatte, zu einem Vier-Stunden-Konzert werde es wegen seines Alters - er wurde im Mai 60 - keinesfalls reichen.
Überhaupt, das Alter ... Mit 60 braucht so ein Rocksänger schon seine private Krankenschwester fürs "betreute Musizieren". Die hat Benton in Gestalt von Geigerin Martina Liesenkötter dabei.
Und auch, wenn sie sich zu Bentons allergrößtem Missfallen standhaft weigert, die Krankenschwester-Uniform anzuziehen, bringt sie ihn und Bassisten Albert Frasch mit schwindelerregenden Geigen-Parts kräftig ins Schwitzen.
Ein letztes Mal dürfen sich die Benton-Fans, aus denen größtenteils längst Benton-Freunde geworden sind, bei gefühlten 50 Grad Raumtemperatur und Klassikern wie "Let's Have A Good Time", "Crazy", "All I wanna do", "One by one" oder "Wollt' Dir noch sagen" gemeinsam mit ihrem Lieblingssänger die Seele aus dem Leib singen. "Jimena de la Frontera", bei dem die Schlüsselbunde des Publikums als Kastagnetten-Ersatz herhalten müssen, steht nach längerer Pause noch einmal auf der Playlist, ebenso wie die sehnsuchtsvolle Ballade "How I wish you were here" vom allerersten Benton-Album "Talking to a wall" von 1986.
Als sich der Liedermacher gegen 23 Uhr selbst ans Klavier setzt und die ersten
Takte von "She's mine" erklingen, zücken die Fans Wunderkerzen und - ganz verstohlen - auch schonmal das eine oder andere Taschentuch. Franz Benton gönnt sich schließlich auch einen sentimentalen Moment, lässt sein Publikum singen und lauscht mit geschlossenen Augen, um sich, wie er sagt, künftig an jedem ersten Advent, wenn es eigentlich Zeit wäre, sich in Richtung "Hauptstadt" aufzumachen, an genau solche Augenblicke seiner Bären-Konzerte zu erinnern.
Zwischen Bach und Beatles Seinen Fans bleiben ebenfalls die Erinnerungen - an 21 gemeinsame Jahre, im wahrsten Sinne atemberaubende Konzerte und zahlreiche CDs. Mindestens eine weitere soll noch irgendwann zu den vielen Alben kommen, die Franz Benton in 26 Jahren produziert hat. Hier hat der Sänger dann noch eine letzte Bitte an die Fans, nämlich die, ihre CD-Regale unbedingt nach dem Alphabet zu ordnen, denn erstens ist Benton dann ein Platz zwischen Bach und Beatles sicher und zweitens steht dann der Lieblings-Konkurrent weit weg im Regal - unter N wie Naidoo.