Das sagt auch Peter Mittag, Inhaber, Wirt und Koch im Gasthaus Reinwand am Maximiliansplatz. Zwar sei das Gasthaus an diesem Tag auch ohne Faschingstrubel gut besucht. Aber an Vor-Corona-Faschingsdienstagen "hätte keine Maus mehr rein gepasst". Die Bedienung trägt Ringel-T-Shirt, aus dem Radio kommen Stimmungs-Schlager. Die Krisen der Welt sind deshalb nicht vergessen: "Wir haben dem Landratsamt schon Unterkünfte für Flüchtlinge aus der Ukraine angeboten", berichtet Mittag. "Wir können nicht immer nur Trübsal blasen. Wir müssen auch mal nach vorne schauen." Freilich: "Unbeschwert wäre es schöner."
Markus Brehm gehört zu denen, die sonst mittendrin am Rand des Faschingstreibens stehen. Mittendrin, weil in der Bratwurstbude, am Rand, weil auf Beobachtungsposten. "2000 bis 3000 Bratwürste" seien sonst beim Faschingszug weggegangen, erst recht bei schönem Wetter, sagt er. Nach dem Umzug machte die Jugend mit ihrem Musikwagen Party vorm Rathaus bis etwa 18 Uhr, dann ging es im Sportheim weiter. "Auf den Schluss zu hat sich das Geschäft zwar nicht mehr rentiert, aber die Leute zu beobachten, zum Beispiel die gerade gefundenen Pärchen, das war lustig", erinnert sich Brehm. "Ich hoffe, dass sich das nächstes Jahr alles wieder berappelt."
Das hoffen auch Johannes Grell, Hannes Laudenbach, Johannes und Michael Ruppert. Die vier hätten in einer normalen Faschingssession zwei Wochen Sonderschicht im Wagenbau hinter sich, wären am Faschingsdienstag seit dem Morgen mit dem Feinschliff beschäftigt gewesen. Am Nachmittag wäre der Wagen mit Soundanlage und voll besetzt am Ende des Zugs gefahren. "2019/20 haben wir alles neu aufgebaut - und jetzt findet der Fasching nicht mehr statt", sagt Grell melancholisch. Sie wären bereit, nächstes Jahr wieder aufzubauen, sagen sie. Aber ziehen auch wieder jüngere mit?
"Zu alt wird man für den Fasching nie, wenn man die Damen da hinten betrachtet", sagt Grell und blickt vom Marktbrunnen zur Ecke Pfarrgasse, wo sich die DJK-Gymnastikdamen zu Krapfen und Sekt getroffen haben. Die vier schlendern mit ihren Kommunbrau-Krügen hinüber, und dann stößt auch noch Jens-Peter Scholz zu der Runde, der Vorsitzende des Faschingsvereins. "Seßlach helau!" nun auch hier, gefolgt von dem Satz "Das Wetter hätte heute für den Faschingszug gepasst! Wie oft hatten wir Regen!"
Fasching braucht Nähe
"Schade, dass zu Corona das andere kam", sagt Anni Sieblinger und meint den Krieg. Sie freut sich, dass Annegret Leiss die kleine Runde organisiert hat."Wenn man älter ist und sonst gar nichts mehr hat, ist das auch nichts." - "Das Leid vergessen wir nicht", betont Christine Kuttner. "Aber man kann sich nicht hinstellen und heulen."
Der Faschingsverein hat an seine Mitglieder 200 Tüten zum privaten Feiern verteilt, gefüllt mit Luftschlangen, Luftballons und Krapfengutscheinen. Das sei gut angekommen, erzählt Jens-Peter Scholz. "Die Leute haben gelacht, und darauf kommt es doch an." Die Sehnsucht, zu feiern, sei da. Aber: "Fasching ist Geselligkeit, zusammenrücken, schunkeln", sagt Scholz. "Mit Abstand funktioniert das nicht." Seine Sorge: "Wenn im Herbst wieder alles abgesagt wird, wird es eng." Dann wäre das dritte Jahr Faschingspause, und danach werde es schwer, wieder einen Fasching mit Büttenabenden und Umzug auf die Beine zu stellen. "Dann fehlen uns die Helfer."