Es bleiben See und Mauern

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Wo einst der Lehm für die Ziegelei abgebaut wurde, erstreckt sich heute der Esbacher See.
Wo einst der Lehm für die Ziegelei abgebaut wurde, erstreckt sich heute der Esbacher See.
Rainer Lutz
Eines der Gebäude aus Esbacher Ziegelsteinen, die bis heute stehen, ist ziemlich sicher das Rathaus von Dörfles-Esbach.
Eines der Gebäude aus Esbacher Ziegelsteinen, die bis heute stehen, ist ziemlich sicher das Rathaus von Dörfles-Esbach.
 

Die Ziegelei in Dörfles-Esbach ist verschwunden. Doch es gibt noch Zeitzeugen, die daran erinnern.

Nach dem Bericht über die Beseitigung der letzten Reste des einstigen "Dampfziegelwerkes" Esbach, erreichten uns mehrere Zuschriften zum Thema und zur Geschichte des verschwundenen Betriebes.

So fand der Rödentaler Heimathistoriker Dietrich Schulz einen Beitrag im Heimatkundlichen Lesebogen für das Coburger Land von 1959, erschienen im Verlag Karl Ihl. Autor ist der frühere Mönchrödener Lehrer Andreas Stubenrauch. Er erklärt, warum gerade an diesem Ort eine Ziegelei entstehen konnte. "Vor vielen Millionen Jahren lagerten sich in unserer Heimat die bunten Schichten des Keupers ab. (...) Zuweilen bildeten sich in flachen Gewässern Gipsablagerungen, zuweilen standen in moorigen Sümpfen undurchdringliche Wälder, die zusammenstürzend schwache Kohlenflöze entstehen ließen, zuweilen lebten in größeren Binnenseen Muscheln und Schnecken wie im Muschelkalkmeer, (...) meist aber lagerte sich Ton in allerlei Farben ab, bald bunt abwechselnd in schmalen Schichten, bald mächtige Lager bildend. Die bunten Tonschichten in der Esbacher Tongrube stammen aus den ersten Abschnitten der mittleren Keuperzeit."

Einst ein leichter Bergrücken

Der Tonabbau stand damals in voller Blüte, wie Stubenrauch schreibt: "Auf der höchsten Stelle des Rückens haben drei Bagger ein 16 Meter tiefes und 200 Meter langes Loch ausgehoben und sind täglich dabei, die Grube zu erweitern. Rastlos schürfen sie die Erde ab und füllen die untergestellten Loren, die dann von einer Zugmaschine auf Schmalspurgleisen zur Ziegelei gezogen werden."

Stubenrauch beschreibt ausführlich die Aufbereitung und Verarbeitung des Tons. Und er gibt einen Überblick, wie das Werk aussah, als er 1959 seinen Beitrag für den Heimatkundlichen Lesebogen verfasste. "Zum Brennen der Steine und Ziegel stehen in Esbach zwei Ofen zur Verfügung. Ein Ringofen mit 20 Kammern ist schon alt. Er wurde im Jahre 1896 gebaut und dient zum Brennen der Hohlwaren: Wabensteine, Hohlsteine, Gittersteine und Trainageröhren. Im Jahre 1954 kam ein Zickzackofen dazu in dem die Dachziegel gebrannt werden. Während der Ringofen bei 50 Meter Länge einen Brennkanal von 95 Meter hat, beträgt bei dem Zickzackofen von nur 35 Meter Länge der Brennkanal 145 Meter."

Dass die Ziegelei in diesen Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg viel Beachtung fand, lag am gigantischen Bedarf an Baumaterial für den Wiederaufbau. Stubenrauch: In unserer Ziegelei muss tüchtig gearbeitet werden. Es wird jetzt viel gebaut. Die Wohnungsnot ist noch recht groß, auch brauchen wir noch Fabriken, Schulen und Kaufhäuser. Da werden viele Ziegelsteine benötigt. Die Dampfziegelei Esbach fertigt mit 150 Arbeitern und Angestellten im Jahre zehn Millionen Ziegelsteine, vier Millionen Dachziegel und eine Million Röhren. Immerfort fahren Lastzüge auf den Hof und schaffen die Steine zu den Baustellen. Die sind nicht nur in unserer engeren Heimat, sie sind oft weit entfernt. Das Werk liefert bis an den Rhein, bis nach Hessen und bis zur Donau."

Erinnerungen der Nachfahren

Zur Geschichte des Unternehmens schrieb uns Annemie Gemmer, die zu den Nachfahren der letzten Eigentümer gehört: "Aus der Insolvenz kaufte mein Großvater Wilhelm Hoffmeister mit Hilfe einer Leipziger Gesellschaft das Ziegelwerk und setzte meinen Vater, Hans Hoffmeister als alleinigen Geschäftsführer ein. 1958 wurde die Firma in eine KG mit meinem Vater als Komplementär ( Eigentümer) umfirmiert. Mit viel Engagement hat er in der schwierigen Kriegs- und Nachkriegszeit das Werk zu einem florierenden Unternehmen trotz eines zerstörerischen Großbrandes gemacht und vor allem vielen dankbaren Arbeitern, Männern wie Frauen, zu Brot und Lohn verholfen.

1970 ging die Geschäftsführung an die Söhne Peter und Ulrich über, die schon in der Firma arbeiteten, und die das Werk dann weitere 16 Jahre leiteten. Zunehmender Konkurrenzkampf und die Abnahme der Lehmqualität und Lehmmenge führten dann schließlich zu der Entscheidung, die Gesellschaft 1986 aufzulösen."

Das Werk ist inzwischen restlos beseitigt. Steine und Ziegel aus der Fertigung der Esbacher Ziegelei haben haben aber in vielen Gebäuden der Region überdauert. Wohl auch im Rathaus von Dörfles-Esbach. "Wir wissen es nicht hundertprozentig, aber wir gehen sehr davon aus", sagt Bürgermeister Udo Döhler. Das Gebäude ist Baujahr 1901. Was hätte näher gelegen, als die Steine vor Ort zu kaufen?